Jeder bekommt, was er verdient

Jeder bekommt, was er verdient
Kritik zum Tatort Luzern „Friss oder Stirb“
ARD Tatort “Friss oder Stirb”: Die beiden Ermittler Liz Ritschard (Delia Mayer, 3. v. li.) und Reto Flückiger (Stefan Gubser, re.) geraten in eine Geiselnahme. Der arbeitslose Mike (Mišel Matičević, 2. v. li.) hält Anton Seematter (Roland Koch, 2. v. re.) und dessen Tochter Leonie (Cecilia Steiner, li.) und Ehefrau Sofia (Katharina von Bock) in Schach. (Foto: ARD Degeto/ORF Daniel Winkler)

Das war doch endlich wieder ein Tatort, der Spannung und beste Unterhaltung bot, wenn auch streckenweise sehr überzeichnet. Sicher ist Überzeichnung ein gebräuchliches Stilmittel, um Unterschiede oder Verhaltensweisen deutlich herauszustellen. Wird damit aber übertrieben, erzeugt es, weil einfach zu unrealistisch, eher Unbehagen. Die Szene mit dem Maschinengewehr im Keller etwa oder auch die plötzliche Brutalität und Raffinesse der bis dahin schüchternen und zurückhaltenden Ehefrau. Und auch die Tatsache, dass die Täterinnen wieder einmal nicht überführt werden konnten, war für den Zuschauer wenig befriedigend.

Dafür überraschte aber der Rest der Geschichte: Die übermäßig verwöhnte Tochter, die ihre angeborenen Privilegien für „verdient“ hält. Der perspektivlose Geiselnehmer, der nur will, was ihm zusteht. Der superreiche Unternehmer, der erst einmal die Forderung des Geiselnehmers nachrechnet und nach oben korrigiert – dabei aber leider vergisst, die Arbeitslosen- und Hartz-IV-Beträge, die in der in Rede stehenden Zeit gezahlt würden, abzuziehen. Ein Fehler, den ein echter Profifinanzjongleur sicher niemals machen würde. Die Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) stolpern mehr oder minder zufällig in die Geiselnahme und können der bedrohten Familie Seematter nicht wirklich helfen. Sie werden überraschend schnell auch Opfer des Geiselnehmers Mike Liebknecht (Misel Maticevic). Nur Hausherr Anton Seematter (Roland Koch, der durch seine brillante Darstellung des cleveren Machers rasch vergessen lässt, dass er den Zuschauern als Tatort-Ermittler Matteo Lüthi bekannt ist) bietet dem Geiselnehmer Paroli. Ihm ist auch lange vor den Kommissaren und Zuschauern klar, dass Tochter Leonie (Cecilia Steiner) die von Flückiger und Ritschard gesuchte Mörderin ihrer Universitätsprofessorin ist. Leonie hatte schlicht keine Lust, ein Semester zu wiederholen. Derart verwöhnten Kids mag das durchaus als Motiv für einen Mord genügen. Nicht passen will hingegen das ambivalente Verhalten von Hausherrin Sofia Seematter (Katharina von Bock), die ihren vermeintlich untreuen Ehemann bei der ersten Gelegenheit brutal hinrichtet, auch gleich den Geiselnehmer erschießt und ihm dann vor der Polizei – jetzt wieder als armes, hilfsbedürftiges Opfer – den Mord an ihrem Mann in die Schuhe schiebt. Das passte ebenso wenige wie die von Seematter abgegebenen Maschinengewehrsalven. Da ist wohl die Fantasie mit den Drehbuchautoren Jan Cronauer und Matthias Tuchmann durchgegangen. Nichts desto trotz ist dieser Tatort einer der ganz wenigen in diesem Jahr, die ihrem Anspruch – nämlich den Zuschauer spannend zu unterhalten – wirklich gerecht werden. /sis

Wo Geld ist, sind Recht und Gesetz ohne Bedeutung

Wo Geld ist, sind Recht und Gesetz ohne Bedeutung
Kritik zum Tatort aus Frankfurt “Der Turm”
ARD Tatort “Der Turm”: Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich). (Foto: HR/Degeto/Bettina Müller)

Und jetzt? Das hat sich gewiss so mancher Zuschauer am Ende des neuesten Tatorts aus Frankfurt mit dem Titel „Der Turm“ gefragt. Eine tote Edel-Prostituierte, ein erschossener Motorradfahrer, aber kein Täter. Nicht einmal greifbare Ermittlungsergebnisse gab es. Dafür wurden die üblichen Klischees bedient, dass nämlich Staatsanwälte nicht unbedingt im Interesse der Aufklärung von Verbrechen handeln, Kommissare ungestraft Vorschriften außer Acht lassen dürfen, und dass vor dem Gesetz alle gleich, manche aber eben doch sehr viel gleicher sind. Geld regiert die Welt, und wo es um Geld geht, ist für Recht und Gesetz keinen Platz. Das war es, was die Macher dieses Tatorts – Buch und Regie wieder einmal in Personalunion, diesmal von Lars Henning – den Zuschauern vermittelten. Ansonsten war die Geschichte so verschwommen wie die Bilder von Kommissarin Anna Janneke (Margarita Broich), da halfen auch die Aufklärungsversuche von Kommissar Paul Brix (Wolfram Koch) nichts, der sich ohnehin sehr schwer tat in der Welt der Banker und Geldjongleure. Man nahm im „Turm“ die Polizei schlicht nicht ernst und entzog sich mit Hilfe der aalglatten Anwältin und Geschäftsführerin Dr. Rothmann (Katja Flint) recht plump allen Ermittlungsversuchen. Und selbstverständlich gelang es den Superreichen ihre Interessen zu wahren, indem sie mögliche Informanten der Polizei mit entsprechend Barem mundtot machten, Leichen einfach verschwinden ließen und den Kommissar, wenn er ihnen zu nahekam, unsanft auf die Straße beförderten. Das war es dann auch schon. Mehr hatte der Film nicht zu bieten, die Geschichte plätscherte so vor sich hin, keine überraschenden Wendungen, keine Spannung. Dafür aber viel Unverständliches: Kommissare im Alleingang, blutrünstige Träume ohne Sinn, abgegebene Pistolen, die nicht wieder abgeholt werden und niemandem fällt das auf, ein Pförtner, der bei einem totalen Stromausfall einfach auf seinem Stuhl sitzen bleibt und zwei IT-Nerds, die klischeehafter nicht hätten dargestellt werden können. Das war also wieder nur einer von vielen Tatort-Erstausstrahlungen im Jahr 2018, die man nicht noch einmal sehen möchte. /sis

Alles schläft, einsam wacht – der enttäuschte Zuschauer

Alles schläft, einsam wacht – der enttäuschte Zuschauer
Kritik zum Tatort aus dem Schwarzwald “Damian”
SWR Tatort “Damian”: Die Kommissare Franziska Tobler (Eva Löbau) und Luka Weber (Carlo Ljubek) kämpfen mit Akten, Beobachtern und Übermüdung. (Foto: SWR/Benoit Linder)

Eine echte Herausforderung war der Tatort aus dem Schwarzwald mit dem Titel „Damian“. Allerdings nicht an den Intellekt des Zuschauers, sondern schlicht und ergreifend an seine Geduld. Bis zum Schluss liefen zwei Fälle recht gemächlich nebeneinander her, die – wie sich erst am Ende herausstellte – wieder einmal gar nichts miteinander zu tun hatten. Krimiliebhaber, die Verdachtsmomente bei dem schizophrenen Studenten Damian (Thomas Prenn) suchten, wurden bitter enttäuscht. Denn Damian war einfach nur die dritte Leiche im Portfolio der Drehbuchautoren Lars Hubrich und Stefan Schaller, der auch für die Regie verantwortlich zeichnete. Nur wurde Damians viel zu ausführliche Geschichte zeitversetzt erzählt: er war längst tot, als die Kommissare ihn vernahmen. Letztlich hatte er ja auch nichts zu tun mit dem eigentlichen Mord, den die durchweg schläfrigen und ohnehin sehr farblosen Kommissare Franziska Tobler (Eva Löbau) und in Vertretung von Friedemann Berg Luka Weber (Carlo Ljubek) leider nur nebenbei aufzuklären hatten: ein im Wald erschossenes Liebespaar. Als Täter entpuppte sich recht überraschend ein am Anfang kurz eingeführter Rentner, dem das Auto gestohlen worden war. Autodieb war ein weiterer armer Irrer in dieser konfusen Posse, Johann von Bülow, der als Peter Trelkovsky seinen ganz besonderen Spaß mit Frauenunterwäsche hatte. Für den Zuschauer gab es keine Möglichkeit, das im wahrsten Wortsinn „neblig-trübe“ Spiel zu durchschauen. Spannung mochte nicht aufkommen und das Mitgefühl für Damian und die Kommissare hielt sich in recht engen Grenzen.

Dachte man schon beim letzten Tatort aus dem Schwarzwald mit dem Titel „Sonnewende“ schlimmer geht’s nimmer, wurde man mit „Damian“ eines Besseren belehrt. Schlimmer geht offenbar immer, beim Tatort. Nur gut, dass im Anschluss bei der Konkurrenz ein neuer Fall mit Inspektor Barnaby ausgestrahlt wurde. Das versöhnte das geschundene Tatort-Krimiherz. Und als dann auch noch Barnabys ehemaliger Sergeant Ben Jones in einer Gastrolle auftauchte, war der wieder einmal mehr als enttäuschende Tatort aus dem Schwarzwald rasch vergessen. Barnaby, das ist typisch britischer Humor gepaart mit einer fantasievollen Geschichte und mitreißenden Schauspielern in sympathischen Rollen. So geht Krimi! /sis

 

Von Meuffels im Liebeskummerwahn

Von Meuffels im Liebeskummerwahn

Kritik zu Polizeiruf 110: “Tatorte”

Polizeiruf 110 “Tatorte”: Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) (Foto: BR/Christian Schulz)

 

Zum letzten Mal war Matthias Brandt in der Rolle des Kriminalhauptkommissars Hanns von Meuffels im Polizeiruf 110 mit dem Titel „Tatorte“ zu sehen. Aber zum ersten Mal in seinen insgesamt 15 Fällen stand sich der sonst so engagierte Ermittler permanent selbst im Weg. Er war erfüllt von Liebeskummer und hatte nur seine verlorene Liebschaft Constanze Hermann (Barbara Auer) im Sinn, die mitsamt seinem Dampfbügeleisen aus der gemeinsamen Wohnung an die Polizeischule nach Nürnberg entschwunden war. Der Fall wurde zur absoluten Nebensache – in jeder Hinsicht. Schon früh hatte von Meuffels Assistentin Nadja (Maryam Zaree) einen Verdächtigen ausgemacht: Jochen Fahrenholz (Stephan Zinner) soll seine Ex-Frau vor den Augen seiner Tochter Jasmina (Aurelia  Schikarski) erschossen haben. Das zumindest behauptete die Kleine steif und fest. Punkt. Fertig. Fall gelöst! Ab nach Nürnberg und die Geliebte zurückgeholt. Als das nicht klappte, kaufte sich von Meuffels ein neues Dampfbügeleisen, während die Assistentin auf ein altes Gutachten der getöteten Frau stieß, die sich als Psychiaterin mit massiven psychischen Problemen entpuppte, die Männer und ganz besonders ihren ehemaligen, über alles hasste. Und so bescheinigte sie einem kleinkriminellen Vater absolute Erziehungsunfähigkeit. Sein Kind kam daraufhin zu Pflegeeltern und dort zu Tode. Das war der Grund für seine Rache und den Mord an Jasminas Mutter. Wieso das Mädchen den eigenen Vater beschuldigte, wieso der Mörder wusste, dass die Mutter an diesem Morgen auf dem Gelände eines Autokinos mit ihrem Exmann verabredetet war, blieb im Dunkeln, genauso wie vieles andere auch an diesem Fall. Die Frage „War er es wirklich?“ stand von Anfang bis Ende im Raum – fast den gesamten Film über mit Blick auf Jasminas Vater. Erst als die Assistentin kurz vor Schluss besagtes Gutachten und damit einen neuen Verdächtigen quasi aus dem Hut zauberte, rückte der in den Fokus der dann recht kurzen Ermittlungen: Assistentin Nadja klopfte an seine Tür – während von Meuffels wieder seinem Liebeskummer frönte. Der Verdächtige öffnete und schoss unvermittelt. Nadja bracht tödlich getroffen zusammen. Wieder: Punkt. Fertig. Fall gelöst? Fast: Von Meuffels nämlich, der zugesehen hatte, wie seine junge unerfahrene Kollegin in die Falle tappte, hat endlich genug. Er quittiert den Dienst. Das wiederum bringt ihm seine geliebte Constanze zurück oder auch nicht. Denn auch das bleibt unklar. Immerhin findet das Dampfbügeleisen seinen Weg zurück – dorthin, wo es hingehört.

Dieser Fall war gewiss kein Ruhmesblatt für den scheidenden Kommissar Hanns von Meuffels und auch der Zuschauer tat sich schwer mit der wirren Geschichte, die aus der Feder des sehr erfahrenen Drehbuchautors Christian Petzold stammt, der auch Regie führte. Nur ist ein Verdächtiger, der erst kurz vor Schluss aus dem Nichts auftaucht, eigentlich ein kapitaler Anfängerfehler und absolut verpönt in jedem Krimi, egal ob Film oder Buch! Der Zuschauer fühlt sich verschaukelt! Aber hier ging es nicht um einem Krimi, sondern in erster Linie um von Meuffels Liebeskummer – von der ersten bis letzten Minute. Der Kriminalfall war nur Bei- und Füllwerk als Begründung für den Ausstieg aus dem Polizeidienst. In solch desolater Verfassung jedenfalls wird man den Kommissar von Meuffels gewiss nicht vermissen. Sehr wohl vermissen wird man aber den grandiosen Schauspieler Matthias Brandt beim Polizeiruf 110. War er doch einer der besten Ermittler in der Serie und beim Publikum längst so beliebt und hoch geschätzt wie einst sein berühmter Vater, unser ehemaliger Bundeskanzler Willy Brandt. /sis

Brutale Mörder als Opfer inszeniert

Brutale Mörder als Opfer inszeniert
Kritik zum Tatort Ludwigshafen – Vom Himmel hoch

ARD/SWR Tatort: Vom Himmer hoch – Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter), das neue Tatort-Ermittlerteam in Ludwigshafen. (Foto: SWR/Sabine Hackenberg)

Ein Politthriller sollte es werden, der Tatort aus Ludwigshafen mit der in die Jahre gekommenen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und der blutjungen Anfängerin Johanna Stern (Lisa Bitter). Was der Zuschauer aber zu sehen bekam, war wieder einmal der plumpe Versuch, brutalste Mörder als Opfer zu inszenieren. In diesem Fall drei Verdächtige mit jeweils eigener, gewiss tragischer Geschichte. Aber rechtfertigen persönliche Erlebnisse und Schicksalsschläge den Mord an anderen?

Gerade bei der am Ende als Mörderin des Psychiaters Professor Steinfeld überführten Heather Miller (Lena Drieschner) wollte kein Mitleid aufkommen. Schließlich hat sie ihren Dienst beim Militär freiwillig angetreten, niemand hat sie gezwungen mit Drohnen Jagd auf Frauen, Kinder und Alte zu machen. Dass sie diese Tätigkeit letztlich in den Wahnsinn und damit in die Arme des renommierten Psychiaters getrieben hat, war als Krimivorlage aber durchaus geeignet, nur die Hintergründe wollen nicht so recht passen. Krieg und Vernichtung haben in einem Sonntagabend-Krimi nichts verloren. Und so waren die beiden eingestreuten Kriegssequenzen auch reichlich fehl am Platz und obendrein entbehrlich. Das komplexe Thema „Drohne als gnadenlose Präzisionswaffe” lässt sich ohnehin nicht am Rande eines Kriminalfalles bearbeiten.

Auch die beiden anderen Verdächtigen, ein kurdisches Brüderpaar, gab sich alle Mühe, als Opfer Verständnis für seine Attentatspläne zu wecken. Aber das erläuternde Bekennervideo sorgte allenfalls für ratloses Kopfschütteln: “Wir fühlen uns recht wohl hier, können aber die bundesdeutsche Verlogenheit nicht länger tolerieren und bestrafen euch deshalb mit Tod und Vernichtung”, so ihre verquere Botschaft.

Witzigerweise aber gelingt es in diesem „Politthriller“ der in der tiefsten Provinz tätigen Kommissarin Lena Odenthal aus einem gelben Plastikfetzen, einigen Zeitungsartikeln und dem Einsatzbericht über zwei fotografierende Ausländer ein Attentat vorherzusagen und damit letztlich sogar zu verhindern. Das lässt CIA und BND mit ausgeklügelter Technik und Spezialtrupps für jede Eventualität doch ziemlich schlecht aussehen.

Schlecht ausgesehen hat auch so manch andere Szene in diesem Tatort: Etwa Dr. Christa Dietrich (Beate Maes), Kollegin des ermordeten Psychiaters, die sich einen Eimer Putzwasser macht, dann aber den Lappen nicht ein einziges Mal in den Eimer taucht. Oder der arrogante Oberstaatsanwalt (Max Tidof), dem wieder einmal sein eigener Ruf wichtiger war als Recht und Gesetz, ein gern bedientes Klischee in deutschen Krimis. Ganz schlecht sah natürlich auch Kommissarin Johanna Stern aus, die ganz arglos in die Wohnung einer kampferprobten Soldatin stapfte und sich dann schnell in Unterwäsche an die Heizung gefesselt wiederfand. Und auch Lena Odenthals Rettungsschussaktion warf beim Zuschauer einige Fragen auf: Wie kann es sein, dass sich die Sicherheitsbeamten einfach zurückziehen ohne das geringste Interesse für die Attentäterin und die rettende Polizistin? Lena erschießt Heather Miller, bleibt ganz allein mit ihr zurück und darf anschließend völlig unbehelligt den Tatort verlassen?

Und genauso rätselhaft für die Zuschauer bleibt natürlich das plötzlich freundschaftliche Verhältnis zwischen Lena Odenthal und ihrer jungen Kollegin Johanna Stern. In den vorangegangenen Tatorten aus Ludwigshafen kannte der Zickenkrieg der beiden keine Grenzen. Und jetzt präsentieren sie sich als beste Freundinnen mit der Aussicht auf die große Liebe? So sehr kann Lena Odenthal ihren Mario Kopper doch gar nicht vermissen! Zusammenfassend aber kann man durchaus sagen: Es gab schon schlechtere Tatorte aus Ludwigshafen. /sis

 

Viel zu kurz gedacht

Viel zu kurz gedacht
Rezension Mary Beard: Frauen und Macht

Das entscheidende Buch zu Feminismus und Gleichberechtigung, ein leidenschaftlicher Aufruf an Frauen, sich jetzt die Macht zu nehmen, ein Buch, das weltweit Furore macht – so und ähnlich lauten die Schlagzeilen zu Mary Beards Büchlein „Frauen und Macht“. Das macht natürlich neugierig, doch leider ist die Enttäuschung nach der Lektüre auch entsprechend groß. Denn das gerade einmal 112 Seiten umfassende Heftchen, eine Zusammenstellung aus Vorträgen der sehr bekannten britischen Historikerin Mary Beard, verfängt sich in Geschichten einer längst vergessenen Zeit, sucht den Ursprung für die bis heute nachwirkende Frauenfeindlichkeit ausschließlich im Leben der Frauen im antiken Griechenland und Rom. Frauen, denen Dichter wie Homer in der Odyssee das Recht auf die öffentliche Rede absprachen, Frauen, die die Macht an sich gerissen, sie missbraucht und ein entsprechend großes Chaos angerichtet haben. Wahre Monsterfrauen, die von den Männern in ihre Schranken gewiesen werden mussten. Frauen, deren gespenstische Abbilder noch heute dazu benutzt werden, um führende Politikerinnen wie Theresa May, Hillary Clinton oder auch Angela Merkel zu diskreditieren: Das drastischste Beispiel dafür ist die Abbildung einer Medusa, die die Gesichtszüge von Hillary Clinton trägt und deren abgeschlagener Kopf von Donald Trump siegessicher in die Höhe gereckt wird.

Unser kulturelles Modell einer mächtigen Persönlichkeit ist männlich, Schwachheit ist weiblichen Ursprungs, schreibt die Autorin. Und so ist es schon die schrille, winselnde Stimme der Frau, die ihr das Recht auf freie, öffentliche Rede seit der Antike abspricht und damit den Zugang zur Macht verwehrt. Äußert eine Frau eine abweichende Meinung, dann schreibt man das ihrer Dummheit zu. Machen Frauen einen Fehler gibt man sie zum Abschuss frei, männliche Patzer hingegen werden mit Nachsicht behandelt, hatte er eben einen schlechten Tag. Frauen, die das Rederecht fordern, gelten noch heute als Mannweiber. Und tatsächlich präsentieren sich mächtige Frauen meist in Hosenanzügen. Ein Fehler, wie Mary Beard meint. Es gelte vielmehr gerade nicht dem männlichen Muster zu entsprechen. Als positives Beispiel für diese These führt sie Margaret Thatcher mit ihrem Handtaschen-Tick an, die sich damit klar von ihren männlichen Konkurrenten abzugrenzen wusste. Die Autorin kommt zu dem Schluss, der Ausschluss der Frauen von der Macht sei tief in Kultur, Sprache und Geschichte des Abendlandes verwurzelt. Als Lösung bietet sie an, den Begriff der Macht vom damit verbundenen Prestige zu trennen und neu zu definieren. Wie das zu erreichen und was damit gewonnen wäre, bleibt die Autorin ihren Lesern aber schuldig.

Mein Fazit: Das Buch ist eine sicher interessante Zusammenstellung weiblicher Diskriminierung in der Antike. Nur greift es viel zu kurz, wenn die Autorin deren Auswirkungen noch heute im defizitären Verhältnis von “Frau und Macht” sieht. Denn im Laufe der Jahrtausende gab es immer wieder und immer mehr Frauen, die Gehör fanden und über erhebliche Macht verfügten ohne zerstörerische Absichten, Herrscherinnen, Kämpferinnen, Wissenschaftlerin und Forscherinnen, unzählige Beispiele von Cleopatra über Hildegard von Bingen bis Katharina die Große ließen sich anführen. Wer sich für  Geschichte und Geschichten antiker Frauen interessiert, wird nicht enttäuscht. Wer neue Ideen und Ansätze für Gleichberechtigung und Feminismus erwartet, sollte sich nach anderer Literatur umschauen. /sis

Bibliographische Angaben:
Mary Beard: Frauen und Macht: Ein Manifest gegen das Schweigen
S. Fischer Verlag, 2019, 112 Seiten
ISBN 978-3-10-397399-0

Hochspannung bis zur letzten Minute

Hochspannung bis zur letzten Minute
Kritik zum Tatort aus München: Wir kriegen euch alle

ARD/BR-Tatort: Wir kriegen euch alle. Die Kinderpsychologin Jenschura (Anne Werner) bespricht sich mit den Kriminalhauptkommissaren Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec), Sie vermutet, dass es um Kindesmissbrauch geht. (Foto: BR/Hendrik Heiden)

Es war schon ein heftiges Thema, das sich die Drehbuchautoren Michael Comtesse und Michael Proehl für den 80. Tatort aus München vorgenommen hatten: Kindesmissbrauch in all seinen schmutzigen Facetten. Gelungen ist ihnen ein Krimi der Extraklasse mit Hochspannung von der ersten bis zur letzten Minute.

Zwar war schon früh erkennbar, dass Gretchen keinesfalls ein Missbrauchsopfer sein konnte, zu keck und selbstbewusst gab sich das kleine Mädchen (großartige Lily Walleshauser). Dennoch überraschte das Ende selbst den aufmerksamen Zuschauer. Nicht ein bedauernswertes Opfer war hier zum Täter geworden, sondern ein arrogantes, verwöhntes Bürschchen, zerfressen von Neid und Missgunst wegen der von den Eltern offensichtlich bevorzugten kleinen Schwester Gretchen. Louis (Jannik Schümann) drohte die Vertreibung aus dem bis dato paradiesischen „Hotel Mama“ – und er trat seinem zugegeben recht dominanten Vater dafür mit ganz konkreten Mordplänen gegenüber, für die er sein gesamtes Umfeld einschließlich Freund Hasko (Leonard Carow), selbst Opfer von Missbrauch im Kindesalter und Mitglied der recht merkwürdigen Selbsthilfegruppe “überlebender Missbrauchsopfer”, geschickt zu manipulieren wusste.

Nicht nur die durchweg spannend erzählte und immer wieder aufs Neue überraschende Geschichte wusste zu überzeugen, auch die Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) präsentierten sich in einer inzwischen für einen Tatort schon eher ungewöhnlichen Professionalität – abgesehen von Leitmayrs Faustschlag in das Gesicht eines misshandelnden Vaters. Darüber hinaus gab es kein Gezänk, keine privaten Scharmützel, nichts was den positiven Eindruck trüben könnte. Dafür glänzten sie mit ungemeiner Kreativität: Da wurde auf Bäume geklettert, Verdächtige beschattet und undercover ausspioniert, sogar eine Rolltreppe in die Gegenrichtung bezwungen und das Handy am Wischmopp aus dem Kellerfenster gehalten. Keine Mühe war den beiden zu groß, um des Täters habhaft zu werden. Und auch Humor kam nicht zu kurz, dem Thema angemessen aber niveauvoll und zurückhaltend. Bravo!

Anzumerken bleibt einzig, dass Puppe Senta absolut keine Chance hätte je in ein Kinderzimmer vorgelassen zu werden. Niemand würde diese Puppe  mit den grässlich kalten, stahlblauen Augen einem kleinen Mädchen in den Arm legen und kein Kind könnte eine solche schon rein optische Monsterpuppe jemals lieb haben! /sis

Nicht gerade kreative Ermittlerarbeit

Nicht gerade kreative Ermittlerarbeit

Polizeiruf 110: Der Fall Sikorska – Die Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) stoßen bei ihren Recherchen auf einen alten Fall. (Foto: rbb/Oliver Feist)

Aktuelle Kritik zum Polizeiruf 110: Der Fall Sikorska

Eigentlich erwartet der Zuschauer gewiss zu Recht von einem Sonntagabend-Krimi, ob nun Tatort oder Polizeiruf 110, in erster Linie spannende Unterhaltung. Was Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) und ihr polnischer Kollege Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) aber im Polizeiruf 110 aus Frankfurt an der Oder zu bieten hatten, war allenfalls lahme Polizeiarbeit, die in erster Linie aus ziemlich viel Fußarbeit bestand. Die beiden Kommissare marschierten meist getrennt von einer Befragung zur nächsten, nur um am Ende jeweils nicht mehr zu erfahren, als sie ohnehin schon wussten. Kreativität bei den Ermittlungen, die Verdächtigen in die Enge treiben, sie vielleicht wütend zu machen und damit zu Fehlern zu zwingen, also all das, was einen guten Krimi ausmacht, fehlte im “Fall Sikorska”! Befragung reihte sich an Befragung und so hatte es der Zuschauer zum Schluss mit einem Heer von Mitwirkenden zu tun, die zum Teil mit nur einer Information in winzigen Nebenrollen aufgetaucht waren.

Inhaltlich ging es um Gewalt an Frauen. Das Klischee vom alternden Mann, hier der Arzt Gerd Heise (Götz Schubert), mit besonderem Interesse für junge Mädchen wurde bedient nach dem Motto: besser sie tut was er sagt, will sie seine sexuellen Übergriffe lebend überstehen. Dazu gab es eine Ehefrau (Lina Wendel) die partout das Offensichtliche nicht sehen wollte. Heise hatte in beiden Fällen im wahrsten Wortsinn „seine Finger im Spiel“. Er reagierte auf sämtliche Anschuldigungen aber merkwürdig gelassen und entpuppte sich am Ende tatsächlich nur als einer von zwei Mördern. Der andere, der ein junges Au-pair-Mädchen ermordet hatte, war nichts weiter als ein unreifes Bürschchen (Filip Januchowki) auf dem gleichen Trip. Die beiden Fälle wurden dem Zuschauer bis zum Schluss als zusammenhängend verkauft, obwohl sie gar nichts miteinander zu tun hatten. Doch nicht nur das enttäuschte, sondern auch die fehlende Erläuterung des Motivs: Gerd Heise wurde zwar des Mordes an seiner Stieftochter überführt, warum er sie aber umgebracht hat, blieb im Dunkeln. War es ein Unfall? Hat die Stieftochter ihn erpresst? Oder wollte sie nicht, wie er wollte?

Auch die Twitter-Gemeinde verlor immer wieder die Lust am Bildschirmgeschehen und beschäftigte sich vermehrt mit Nebensächlichkeiten, die deutschen Untertitel beispielsweise, oder sie dachten darüber nach, ob im deutsch-polnischen Grenzgebiet wirklich so perfekt zweisprachig gelebt wird. Und natürlich fehlte vielen immer noch Horst Krause auf seinem knatternden Motorrad mit Hund im Beiwagen. Der Ansatz des länderübergreifenden Ermittlerteams ist zwar nicht schlecht, aber Kollege Adam Raczek fehlt es an Ausstrahlung und das Paar Lenski/Raczek will einfach nicht so recht zusammenpassen. Schade eigentlich!

Nur ein dummer Hund?

Nur ein dummer Hund?

Schlau oder dumm: Wie man Mensch um den Finger wickelt, wissen alle Hunde!

Noch zu Beginn des Jahrtausends schrieb der kanadische Psychologe und ausgewiesene Hundekenner Stanley Coren: „Die Wissenschaft wird wohl nie ganz verstehen, was Hunde über Kommunikation, Problemlösen, Vergangenheit, Zukunft, Gott, Zeit und Philosophie wissen“. Das deckte sich damals schon nicht mit den Erfahrungen von Hundehaltern, die tagtäglich erleben, dass ihr vierbeiniger Liebling sehr wohl versteht, was man ihm sagt – auch wenn er nicht immer danach handelt und die Ohren, so hat man den Eindruck, ohnehin nur zum Saubermachen da zu sein scheinen. Inzwischen hat aber auch die Wissenschaft Fortschritte gemacht und der Verhaltensbiologe Professor Dr. Norbert Sachser hat mit seinen Erkenntnissen das Weltbild in der Tierverhaltensforschung dramatisch verändert. „Tatsächlich hat die Verhaltensbiologie in den letzten Jahr(zehnt)en große Fortschritte bei der Untersuchung der kognitiven (und emotionalen) Leistungen der Tiere gemacht und unter anderem nachgewiesen: Einige von ihnen können denken, können sich im Spiegel erkennen, können sich in andere hineinversetzen, haben offenbar zumindest Ansätze von Ich-Bewusstsein“, teilt Professor Sachser auf Anfrage von besser-klartext.de mit. Den aktuellen Kenntnisstand hat er in seinem Buch „Der Mensch im Tier“ allgemeinverständlich zusammengefasst (Der Mensch im Tier). Demnach weiß man heute, dass Tiere sich sogar ärgern können, sie trauern und tricksen.

Hundehalter können davon ein Lied siegen – ist es doch dieser tiefsinnige Blick, mit dem jeder Hund sein Herrchen oder Frauchen einmal rund um alle Finger wickelt. Insoweit deckt sich das natürliche Empfinden von Hundefreunden durchaus mit dem derzeitigen Stand der Wissenschaft – zumindest bis die englischen Forscher Dr. Britta Osthaus von der Canterbury Christ Church University und Stephen Lea von der University of Exeter im Oktober 2018 in einer Studien nachwiesen, dass Hunde durchweg nicht so schlau sind wie gedacht, sondern im Vergleich mit anderen Tieren sogar schlechter abschneiden. Die beiden Wissenschaftler haben dazu mehr als 300 Dokumente über die Intelligenz von Hunden und anderen Tieren ausgewertet und fanden heraus, dass man in vielen Fällen die Fähigkeiten von Hunden überbewertet hatte.

Das enttäuscht den Hundeliebhaber – aber nur auf den ersten Blick. Denn letztlich haben Menschen, die ihr Leben mit Hunden verbracht haben, längst selbst die Erfahrung gemacht, dass es erhebliche Unterschiede in den kognitiven Fähigkeiten – also in Wahrnehmung und Denken – von Hunde gibt. Der eine Vierbeiner ist wissbegierig, lernt schnell und gern, ist gehorsam und zu allerlei Späßen aufgelegt. Der andere Hund aber will von all dem einfach nichts wissen. Er spielt nicht, kuschelt nicht und weiß auch sonst nicht viel mit sich und den Menschen in seinem Rudel anzufangen. Er braucht nur seine Spaziergänge, gutes Futter und das möglichst reichlich und ansonsten seine Ruhe! Stanley Coren hat sogar eine Rangliste der intelligentesten und dümmsten Hunderassen aufgestellt (Stanley Coren, Die Intelligenz der Hunde, Rowohlt Taschenbuch 1997, ISBN 9783499602467). Aber haben die unterschiedlichen Verhaltensweisen wirklich etwas mit Intelligenz zu tun? Denkt der Hund über sein Tun nach? Oder macht Hund in jedem Fall einfach nur was er will? Ist der dumme Hund am Ende nicht schlauer als der Gehorsame, weil er sich eben nicht von seinem Menschen zu etwas zwingen lässt, stattdessen instinktgetreu genau das tut, wonach ihm gerade ist? Fragen über Fragen, auf die die Wissenschaft noch immer keine Antworten gefunden hat und vermutlich auch nicht finden wird. Denn auch die Wissenschaft kann das Verhalten von Hunden mit allerlei Experimenten, Untersuchungen und Studien nur interpretieren. Ob die jeweilige Deutung aber tatsächlich stimmt, weiß letztlich doch niemand ganz genau! /sis

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Aktuelle Kritik zum Tatort „Treibjagd“ aus Hamburg

Tatort “Treibjagd”: Julia Grosz (Franziska Weisz) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) sind bestürzt: Sie kannten den getöteten Einbrecher. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Zwei schwergewichtige Themen griff der Tatort aus Hamburg mit dem Titel „Treibjagd“ auf: Selbstjustiz und die Macht der Sozialen Netzwerke. Und von Anfang an stand die Frage im Raum, wer denn über die größere kriminelle Energie verfügt, das jugendliche Einbrecherduo oder die nicht zu Unrecht wütende Nachbarschaft. Jedenfalls stellte sich am Ende heraus, dass die Wutbürger zumindest noch einen letzten Funken von Skrupel besaßen, während die junge Räuberbraut Maja Kristeva (Michelle Barthel) ohne mit der Wimper zu zucken ihrem Rachebedürfnis freien Lauf ließ. Und damit belehrte sie die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz), die in diesem Fall eine Sonderkommission gegen organisierte Einbruchbanden unterstützten, eines Besseren: Es handelte sich bei den beiden mit nichten um bedauernswerte Jugendliche, die nur in schlechte Gesellschaft geraten waren, sondern um ein hochkriminelles Verbrecherpärchen einer osteuropäischen Einbrecherbande, die den Bürgern des Hamburger Stadtteils das Leben mehr als schwer machten. Von daher mutete das von Falke offen zur Schau gestellte Mitgefühl für das Einbrecherduo bei den Zuschauern doch recht seltsam an. Hier standen sich nicht Täter und Opfer gegenüber, sondern ziemlich gewaltbereite Täter auf beiden Seiten. Etwas mehr Neutralität hätte der Story deshalb keinen Abbruch getan, selbst wenn man Falkes Schuldgefühle nachvollziehen konnte. Und dann war da noch Falkes Sprachniveau, das unangenehm auffiel. Auf der einen Seite führten uns die Drehbuchautoren Benjamin Hessler und Florian Oeller die Hasstiraden im Netz vor, wie sie entstehen, sich verbreiten und was sie bewirken und gleichzeitig reduzierten sie die Gefühlsäußerungen ihres Hauptdarstellers auf ein Wort, das man schon Kleinkinder verbietet. Hier sollte die ARD doch ihrem Bildungsauftrag gerecht werden – einmal „Scheiße“ pro Tatort reicht, auch für einen Thorsten Falke alias Wotan Wilke Möhring – schimpfen kann man auch niveauvoller!

Alles in allem war der Tatort aber dennoch in weiten Teilen recht spannend trotz der vielen Nachlässigkeiten. So suggeriert der Titel „Treibjagd“ ein Großaufgebot an Mensch und Maschine, die eben nicht zum Einsatz kamen. Es handelte sich eher um einen Hindernislauf zwei gegen zwei, da halfen auch die beiden Hunde nicht, deren Spürnase dann noch nicht einmal vertraut wurde. Fraglich war auch, wie die verletzte Einbrecherin unbemerkt an sechs Hunden auf einem offenen Gelände vorbeigekommen sein soll. Und auch die Motivation für den ersten Mord, der die Geschichte ja erst in Gang setzte, scheint mehr als dürftig: Reicht ein Gespräch unter Nachbarn über eine inszenierte Notwehr aus, um einen – wenn auch auf den ersten Blick recht unsympathischen – Bürger zum Mörder zu machen? Und ob Geschwisterliebe – oder Loyalität, wie es im Film hieß – tatsächlich so weit gehen würde, eine unliebsame Zeugin aus dem Weg zu räumen? Das darf doch getrost bezweifelt werden.  /sis

Jedem seine eigene Meinung!

Jedem seine eigene Meinung!

Rezension zu Volker Kitz: Meinungsfreiheit. Demokratie für Fortgeschrittene

Fakenews, alternative Fakten und Lügenpresse nimmt der deutsche Sachbuchautor und Jurist Volker Kitz in seinem mit 125 Seiten recht überschaubaren Büchlein zum Anlass, die Meinungsfreiheit und ihre Grenzen herauszuarbeiten. „Meinungsfreiheit. Demokratie für Fortgeschrittene“ klärt aber nicht nur über die zahlreichen widersprüchlichen Ansichten auf, was denn Meinungsfreiheit nun eigentlich genau ist, sondern gibt auch Hilfestellung, wie ein „echter Demokrat“ mit unterschiedlichen Meinungen optimalerweise umgeht.

Meinungsfreiheit, das weiß jeder, ist ein hohes Gut der Demokratie. Sie ist eine Freiheit gegenüber dem Staat. Jeder kann und darf seine persönliche Meinung und Überzeugung auch öffentlich kundtun, ohne dass er dafür vor Gericht belangt werden kann. Jedenfalls solange sich seine Äußerungen im strafrechtlich unbedenklichen Rahmen bewegen. Was Meinungsfreiheit aber gewiss nicht ist und auch nicht sein will, ist „Wahrheit“. Wahrheit lässt sich anhand von Fakten überprüfen, Meinung ist immer subjektiv und deshalb weder falsch noch richtig. In einer Demokratie hat eine Meinungspolizei nichts zu suchen und es gibt auch keine Meinungsrichter. Meinungen stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das wird aber heutzutage leider allzu oft vergessen, und weil Meinung heute viel zu schnell etikettiert wird – als „linksversifft“ oder „rechts“ – kommt kein echter Austausch der Argumente mehr zustande. Allerdings sind Argumente, wenn sie auf Meinung treffen, für den Autor durchaus entbehrlich, denn er stellt fest, dass Meinungen auf Emotionen gründen, die Fakten schlicht nicht zugänglich sind. Tatsächlich sieht jeder Mensch die Welt aus seiner ureigensten Perspektive, die selbstverständlich in engem Zusammenhang mit Herkunft, Bildung und Umwelt steht. Diese einmal gefasste Meinung lässt sich, wenn überhaupt, nur durch Ereignisse ändern. Kitz erinnert in diesem Zusammenhang an die Änderung der Einstellung zur Atomkraft nach der Fukushima-Katastrophe. Sämtliche Bemühungen, Meinungen durch Fakten und Argumente zu verändern, können deshalb nur fehlschlagen. Vielmehr geht es den Menschen in der Diskussion nur darum, den anderen von seiner vermeintlich falschen Meinung abzubringen, ihn zu einer Meinungsänderung zu überreden. Es geht dabei auch gar nicht um falsch oder richtig, sondern nur ums “recht haben wollen”. Ein Fehler, den nicht nur Politiker viel zu häufig machen. Auch die viel beklagte Politikverdrossenheit resultiert laut Kitz nicht zuletzt aus dem Versuch, den politischen Diskurs durch Rechthaberei zu ersetzen. Dagegen besteht die Hauptaufgabe der Demokratie für den Autor in erster Linie darin, das möglichst reibungslose Zusammenleben unterschiedlicher Meinungen zu organisieren! Und daran kann jeder tagtäglich mitwirken, indem er zwar Unwahrheiten entlarvt und nicht unwidersprochen hinnimmt, zugleich aber andere Meinungen akzeptiert, ohne sie ändern oder gar vernichten zu wollen. /sis

Bibliographische Angaben:
Volker Kitz, Meinungsfreiheit – Demokratie für Fortgeschrittene
Fischer Verlag, Frankfurt 2018, 125 Seiten, ISBN 978-3-596-70224-4

Was bleibt ist pures Entsetzen!

Was bleibt ist pures Entsetzen!

Polizeiruf 110 “Für Janina”: Wie kann man den Mörder festnageln, Bukow und Pöschel sind ratlos. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Aktuelle Kritik zum Polizeiruf 110 aus Rostock: Für Janina

Was war das für ein Polizeiruf aus Rostock? Die großen Fragen rund um Recht und Gerechtigkeit kamen zur Sprache, die unbefriedigende Tatsache, dass Täter auch bei später bewiesener Schuld unbehelligt bleiben, wenn sie einmal für ein Vergehen freigesprochen wurden. Demonstriert wurde das an einem starrsinnigen Täter, der vor 30 Jahren ein junges Mädchen vergewaltigt und getötet hat, inzwischen aber als Saubermann mit Familie mitten unter uns lebt, zugleich Frauen, die nicht von seiner Persönlichkeit geblendet sind, noch immer hart bestrafen möchte – ein „wütender Vergeltungsvergewaltiger“. Dazu zeigte uns der Film erstmals ein Ermittlerteam, das ununterbrochen selbst das Gesetz nach Gutdünken missbrauchte. Hausfriedensbruch, Körperverletzung, zuletzt wurde nicht einmal vor der Manipulation von Beweisen zurückgeschreckt.

Kommissar Alexander Bukow (Charly Hübner) ist ja dafür bekannt, gerne einmal „Fünfe gerade“ sein zu lassen, bislang aber immer stilvoll einbremst von seiner Partnerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau). Die wiederum in diesem Polizeiruf zum zweiten Mal über ihre eigene kriminelle Energie stolpert. Man kann zwar ihren Frust nachvollziehen, den Täter hier nicht zur Strecke bringen zu können, das rechtfertigt aber keinesfalls ihr Tun. Und das sieht auch Bukow so, der – entgegen des üblichen Verhaltensmusters der beiden – diesmal den Retter aus der Not zu spielen versucht. Vergeblich.

Was bleibt ist das pure Entsetzen nicht nur über die dringend änderungsbedürftige Gesetzeslage, sondern auch über das zügellose Ermittlerteam. König, Bukow, Pöschel (Andreas Guenther), Tiesler (Josef Heynert) und sogar Chef Henning Röder (Uwe Preuss) versuchen ohne Skrupel Recht und Gesetz auszuhebeln. Der Zuschauer kann nur hoffen, dass bei diesem Krimi die Fiktion nicht Wirklichkeit ist. Denn was wäre, wenn man als tatsächlich unschuldig Verdächtigter in die Fänge eines derartig hemmungslosen Polizeiteams gerät? Und für alle Fans des Rostocker Polizeirufs stellt sich natürlich auch die Frage, was aus Bukow und König wird, die in diesem Film gleich zu Beginn wegen Amtsmissbrauchs in einem vorherigen Fall schon zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden. Kann es sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen überhaupt noch erlauben, ein solch kriminelles Ermittlergespann weiter auf die Zuschauer los zu lassen? /sis

Bukow (Charly Hübner, l.) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau, r.) nehmen Guido Wachs (Peter Trabner, M.) in die Zange. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Über Vergangenheit und Zukunft der Menschheit

Über Vergangenheit und Zukunft der Menschheit
Rezension Stephen W. Hawking: Kurze Antworten auf große Fragen

Kurz bevor er starb, hat Stephen W. Hawking noch mit der Zusammenstellung dieses Buches aus seinen Archiven begonnen. Die Veröffentlichung erlebte er nicht mehr. Stephen Hawking, einer der ganz großen Naturwissenschaftler und Forscher, Visionär und Mahner unserer Zeit, schwerstbehindert, aber nie hoffnungslos, starb am 14. März 2018 im Alter von 76 Jahren in Cambridge, dem Ort, an dem er lange gelehrt und geforscht hatte.

Seine Fachgebiete waren Theoretische Physik und Astrophysik. Und deshalb nimmt der Weltraum in seinem Buch auch den breitesten Raum ein. Tatsächlich sah Hawking, der seit seinem 20. Lebensjahr unter einer ALS-Erkrankung (Amyotrophe Lateralsklerose) litt, die ihn am Ende gänzlich bewegungsunfähig machte, die Zukunft der Menschheit nur durch Verlassen des Planeten Erde gesichert. Zu weit ist seiner Meinung nach die Ausbeutung und Zerstörung fortgeschritten, als dass die Erde noch auf die Evolution warten könnte, die den Menschen endlich klug macht. Und das wird sie. Hawking war sicher, es erwartet uns eine Explosion an Intelligenz, die nicht zuletzt die Wissenschaft dazu befähigen wird, Krankheiten zu heilen, perfekte Menschen zu designen, durch den Weltraum zu reisen und ferne Planeten zu besiedeln. Sie wird in der Lage sein, Künstliche Intelligenz zu erschaffen, die den Menschen schon bald übertreffen könnte. In all diesen Bereichen kommt es laut Hawking darauf an, dass der Mensch die Kontrolle behält und dafür sorgt, dass die Entwicklung zum Vorteil der Menschheit gereicht. Kommt beispielsweise Künstliche Intelligenz in Hände von Terroristen und Verbrecher, könnte sie ohne weiteres die Menschheit auslöschen. Doch dafür reicht allein schon das Atomwaffenarsenal, das wir noch immer horten. Mag manche Entwicklung in der Zukunft auch ethisch verwerflich sein oder sogar verboten werden, so wird es doch immer Menschen geben, die zu neugierig sind und sich solchen Verboten widersetzen. Demnach ist alles möglich. Und das gilt auch für alle anderen großen Fragen, denen sich Hawking in seinem Buch widmet. Er beschäftigt sich mit der Frage, woher wir kommen, ob es einen Gott gibt, ob wir die Zukunft vorhersagen können, ob Zeitreisen eines Tages möglich sein werden, ob wir die Erde überleben werden und den Weltraum besiedeln. Letztlich hat er auch keine Antworten, aber die sehr eindringliche Warnung, endlich auf dem – doch recht dümmlichen – Weg, den die Menschheit eingeschlagen hat, umzukehren, sich mit der Rettung unseres Planeten zu beschäftigen und im Weltraum nach Planeten zu suchen, auf denen die Menschheit weiter existieren kann. Die größten Bedrohungen führt er seinen Lesern vor Augen, warnt vor Atomkrieg, Klimawandel, Zerstörung der Ozeane und Wälder und auch vor der weiteren Zunahme der Weltbevölkerung. Gerade im letzten Punkt verweist er darauf, dass die Menschen auf unserer Erde schon in absehbarer Zukunft Schulter an Schulter stehen werden, wenn hier nicht endlich gegengesteuert wird. Die einzige Chance auf Veränderung sieht Hawking in der Bildung. Nur sie kann zukünftige Generationen mit dem erforderlichen Wissen ausstatten, das eventuell doch noch die Rettung bringt.

Fazit: Natürlich kann Stephen Hawking nicht auf alle Fragen eine befriedigende Antwort liefern. Denn diese Antworten liegen zum Teil einfach noch nicht vor. Es sind noch immer sehr viele Fragen offen, etwa wie die Milchstraße und damit die Erde nun wirklich entstanden sind, wie es zu den unzähligen Zufällen gekommen sein mag, die auf unserem Planeten letztlich Leben entstehen ließen und ob es doch eine Gott gibt, der bei all dem die Hand im Spiel hatte. Aber es gelingt ihm, den Stand der Wissenschaft verständlich darzulegen und zugleich für sein Wissensgebiet zu werben, nicht zuletzt auch, indem er immer wieder auf den bislang größten aller Wissenschaftler und Forscher dieser Welt zu verweisen: Albert Einstein.

Bibliografische Angaben:
Stephen W. Hawking: Kurze Antworten auf große Fragen
Verlag Klett-Cotta, 3. Auflage 2018, 252 Seiten, ISBN 978-3608-9637-62

 

Ratlos in die Nacht!

Ratlos in die Nacht!
Aktuelle Kritik zum Tatort aus Stuttgart “Der Mann, der lügt”

ARD/SWR-Tatort: Der Mann der lügt. Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) behalten Gregorowicz im Auge. (Foto: SWR/Alexander Kluge)

Der Jubiläumstatort aus Stuttgart mit dem Titel „Der Mann, der lügt“ entließ die Zuschauer nach 90 Minuten diesmal ziemlich ratlos in die Nacht. Viele Fragen blieben offen, obwohl sich der Film wesentlich länger anfühlte als üblich. Nicht, dass er schlecht gewesen wäre! Aber er war eben anders, dieser Tatort. Nicht zuletzt auch, weil das sonst so mitreißende Team aus den Kommissaren Thorsten Lannert (Richy Müller), Sebastian Bootz (Felix Klare), Kriminaltechnikerin Nika Banovic (Mimi Fiedler) und der rassigen Staatsanwältin Emilia Alvarez (Carolina Vera) im zehnten Jahr ihrer Zusammenarbeit allesamt nur untergeordnete, langweilige Nebenrollen spielten. Denn der einzige Star des Abends war der Tatverdächtige Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey), der sich in ein Geflecht von Lügen verstrickte, auch wenn der Zuschauer so manche der Lügen nicht nachvollziehen konnte. So zum Beispiel warum er vor seiner Frau Katharina (Britta Hammelstein) noch immer den Schein der heilen Welt wahren konnte, obwohl die von ihren Tennispartnern doch schon längst wissen musste, was da hinter ihrem Rücken gespielt wurde? Warum bricht sie dann auch noch – nachdem die Wahrheit auch offiziell ans Licht gekommen war – in einen Wutanfall mit Schreikrampf aus, wenn ihr das alles nicht neu war? Und warum saß der unsympathische Rechtsanwalt (Hans Löw) eigentlich im Rollstuhl? Mag sein, dass die Tennispartner, die sich am Ende als die wahren Mörder entpuppten, von der Homosexualität ihres Freundes Jakob nichts wussten, aber dass er – wie sie auch – viel Geld beim Mordopfer verloren hatten, das haben sie seiner Frau gewiss nicht vorenthalten. Immerhin verbrachte Jakobs Frau mehr Zeit mit den Tennispartnern als mit ihrer Familie! Auch der Mordfall selbst hinterließ eine Reihe großer Fragezeichen: Warum wurde der Sohn des Opfers denn überhaupt noch entführt? Wusste der Tatverdächtige, wo sich das Entführungsopfer die ganze Zeit über befand? Wieso hat er dann die SMS mit den Koordinaten gebraucht? Und es stellte sich die dringende Frage, ob denn ein schlechtes Gewissen gegenüber eher nur entfernt bekannten Tennispartnern überhaupt ausreichen kann, um dafür einen Mord auf sich zu nehmen? Schließlich war das Entführungsopfer sein Geliebter, für dessen Tod er sich am Ende allein schuldig fühlen und unbedingt bestraft werden wollte. Schlüssig war das alles nicht. Und durch den Perspektivwechsel waren die in diesem Fall zwangsläufig ziemlich nervigen Hauptkommissare Lannert und Bootz gezwungen, in den Verhören lang und breit zu erklären, wie sie denn auf das ein oder andere Ermittlungsergebnis gekommen waren. Wichtige Informationen, die der Zuschauer zum Verstehen der Zusammenhänge sonst recht anschaulich quasi nebenbei durch den Ermittlungsverlauf erhält, wurden diesmal in Dialoge gepackt – und das machte den eigentlich interessanten Fall mit einem hervorragenden Hauptdarsteller, dessen leichter, österreichischer Akzent ihn noch ein bisschen sympathischer machte, unnötig langatmig, leider! Und seien wir doch mal ehrlich: Tatort schaut man wegen der Kommissare, sie sind die Protagonisten und Stars in jeder Folge, mit ihnen fiebern wir mit. Was kann ein Tatverdächtiger schließlich auch anderes tun, als sich ein Alibi zu beschaffen, vielleicht noch ein paar Spuren zu beseitigen und durch spontane Lügen den Tatverdacht von sich abzulenken? Das war es doch schon und genau das reicht eben nicht für 90 Minuten guter Unterhaltung. /sis

ARD/SWR Tatort “Der Mann, der lügt”: Staatsanwältin Emilia Alvarez hat eine Hausdurchsuchung bei Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey) erwirkt. (Foto: SWR/Alexander Kluge)

Die ungeheure Macht des Glaubens

Die ungeheure Macht des Glaubens
Aktuelle Kritik zum Tatort Bremen – Blut

ARD-Tatort “Blut”: Das Bremer Ermittlungsteam sucht am Tatort nach Spuren. v.l.: Hauptkommissar Inga Lürsen (Sabine Postel), Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen), Rechtsmediziner Dr. Katzmann (Matthias Brenner). (Foto: Radio Bremen/Christine Schröder)

Gruseln war angekündigt und in der Tat sorgte der Tatort aus Bremen mit dem Titel „Blut“ für gehörigen Gänsehautfaktor. Obwohl natürlich nicht nur Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) schnell klar war, dass hier kein Vampir, sondern einfach eine arme Irre ihr Unwesen trieb. Letztlich aber haben die Drehbuchautoren Philip Koch und Holger Joos mit ihrer Geschichte die ungeheure Macht aufgezeigt, die der Glaube auf einen Menschen ausüben kann. Eine Macht, die scheinbar keine Grenzen kennt und am Ende sogar den sonst so rationalen Hauptkommissar Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) mit sich riss.

In diesem Fall ist es eine Lichtkrankheit, die die junge Nora Harding (Lilith Stangenberg) in der Dunkelheit wahnsinnig werden lässt. Weil die Mutter sie aber „mein kleiner Vampir“ nennt und die Eltern sie – leider völlig unglaubwürdig – mit Blutkonserven versorgen, bleibt dem Mädchen gar nichts anderes übrig, als sich selbst für einen untoten Blutsauger zu halten. Als dann das Ableben des Vaters naht, macht sich die inzwischen jugendliche Nora auf ihre grausame Gefährtensuche. Die aber entpuppte sich nicht etwa als schockierend, sondern war schlicht abstoßend, genauso wie das blutverschmierte Gesicht des „kleinen Vampirs“. Das mag in einem Horrorfilm gehen, in einem Tatort haben solche Szenen nichts zu suchen. Wahre Krimispannung jedenfalls kam nicht auf, nur Ekel. Hier wurden die Grenzen des Erträglichen bei weitem überschritten. Ob das Thema derart drastisch umgesetzt werden musste, bleibt mehr als fraglich. Spannung hätte man auch anders erzeugen können. So bleibt trotz der schauspielerischen Glanzleistung von Oliver Mommsen nur das Fazit: Das war ein Tatort, den man sich kein zweites Mal anschauen mag.

Damit gab es erneut einen Tatort-Abend, der alles andere als ansprechend war. Bekanntlich steigt Sabine Postel aus der Reihe aus und angesichts solcher Folgen kann man das sehr gut verstehen. Renommierte Schauspieler wie sie und auch ihr Partner Oliver Mommsen geben sich für derart – nennen wir es gnädig – experimentelles Fernsehen sicher nicht mehr lange her. Sabine Postel sprach in einem Interview einige Mängel der neueren Tatort-Folgen offen an: Zu viele Tatort-Paare in immer mehr Städten, von denen zuviele der neuen “Kommissare” viel zu jung sind – und mithin überhaupt nicht die Lebenserfahrung besitzen können, die für eine solche Rolle erforderlich ist. Ein weiterer schwerwiegender Mangel sind aber gewiss auch Experimente wie eben hier in “Blut”, die auf Kosten wahrer Tatort-Fans – und damit nicht zuletzt auf Kosten der Gebührenzahler – leider immer häufiger gemacht werden. Man kann sich nur wünschen, dass noch mehr namhafte Schauspieler bald einfach “Nein” zum Tatort sagen – zumindest solange bis sich die Macher auf die alten Stärken des Tatorts besinnen: Schimanski lässt schön grüßen! /sis

ARD-Tatort “Blut”: Unerwarteter Besuch im Präsidium: Professor Syberberg. v.l.: Professor Syberberg (Stephan Bissmeier), Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel), Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen). (Foto: Radio Bremen/Manju Sawhney)

Richard Wagner – Ein Genie mit allen erdenklichen Schwächen

Richard Wagner – Ein Genie mit allen erdenklichen Schwächen

Richard Wagner 1813 – 1883

Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich dicht beieinander. Auf keinen unserer meisterlichen Komponisten trifft das ehe zu als auf Richard Wagner, der unvergängliche Meisterwerke klassischer Musik schuf und nebenbei noch die Oper revolutionierte.

Leicht war sein Leben nicht, auch nicht als er längst bei Märchenkönig Ludwig II. am Tisch saß. Schuld daran war zum Teil sicher seine sehr schwierige Kindheit und Jugend. Richard Wagner wurde am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren, in jenem verheerenden Kriegsjahr, in dem Napoleon Bonaparte mit 200.000 Soldaten in die damals mit 32.000 Einwohnern nicht gerade große Stadt einfiel und sich mit 350.000 Preußen, Österreichern und Russen eine gnadenlose Schlacht lieferte.  Am 19. Oktober war Napoleon geschlagen und Leipzig zerstört, tote Menschen und Pferde säumten die Straßen. Wenig später brach eine Typhus-Epidemie aus, durch die der gerade einmal sechs Monate alte Richard seinen Vater Friedrich Wagner verlor. Von ihm existierte kein einziges Foto, so dass es für Richard keine Erinnerung an seinen leiblichen Vater gab. Damit hatten die Katastrophen im Hause Wagner aber kein Ende, auch seine erst vierjährige Schwester, seine Großmutter und zuletzt sein älterer Bruder Gustav starben innerhalb weniger Jahre. 1814 zog die Familie nach Dresden, wo die Mutter Ludwig Geyer, einen Freund der Familie heiratete. Doch als Richard acht Jahre alt war, starb auch der Stiefvater. Man kann sich vorstellen, dass die nicht endende Trauer dem Jungen arg zugesetzt haben muss. Vielleicht suchte er deshalb Zuflucht in den großen deutschen Heldengeschichten? Das Thema Erlösung jedenfalls zieht sich durch sein Leben und Werk wie ein roter Faden. Denn zu all dem Leid kamen gesundheitliche Probleme und eine ganze Reihe menschlicher Schwächen, die Wagner allesamt in sich vereinte: Er war furchtbar geräuschempfindlich, musizierende Nachbarn machten ihn zum Vagabunden, der innerhalb kürzester Zeit mehrfach umzog, was ihn nicht zuletzt auch an den Rand des finanziellen Ruins brachte. Er verabscheute schlechte Gerüche, weswegen er sich in Kölnisch Wasser-Duftwolken hüllte. Schon Straßenstaub reizte seine überempfindliche Haut so sehr, dass er sich mit edlen Stoffen davor zu schützen suchte, obwohl ihm dafür eigentlich das Geld fehlte. Er litt an Durchfällen, war ausgesprochen wetterfühlig, wurde obendrein rasch seekrank und machte mit seinen Wutausbrüchen nicht nur seinen beiden Ehefrauen Minna und später Cosima den Alltag schwer. Zudem konnte er nicht mit Geld umgehen und vor allen Dingen auch nicht die Finger von anderer Männer Frauen lassen. Richard Wagner war zweifelsohne gesundheitlich und psychisch ein wahres Wrack. Aber er war auch sehr humorvoll und tierlieb. Mitleid nannte er selbst einen der Grundzüge seines Charakters. Das verdeutlicht etwa eine Reise nach Paris, die er trotz seiner Seekrankheit lieber mit dem Schiff unternahm, weil er seinem Hund Robber, ein Neufundländer, die lange Reise über Land nicht zumuten wollte.

1821, also mit neun Jahren, hatte Wagner schließlich bei Karl Geyer, dem Bruder seines Stiefvaters, in Eisleben Gelegenheit, Webers Oper „Der Freischütz‘“ zu sehen. Danach war für ihn ganz klar, er will ein berühmter Opernkomponist werden, der seine eigenen Werke vertont. Damals lagen Text und Musik einer Oper in verschiedenen Händen. Wagners Idee war deshalb revolutionär. Zehn Jahr später schließlich begann er ein Musikstudium in Leipzig, 1834 trat er eine Stelle als Musikdirektor der Magdeburger Theatergesellschaft an und lernte dort seine erste Ehefrau, die Schauspielerin Minna Planer, kennen, die er 1836 heiratete. Hohe Schulden trieben Wagner und seine junge Frau zur Flucht nach London und in die damalige Opernstadt Paris. Erst 1842 gelang Wagner mit seiner in Dresden uraufgeführten Oper „Rienzi“ der Durchbruch. Es folgten Aufträge von allen großen europäischen Bühnen, doch Wagner entschied sich für die Semperoper in Dresden. Seine Beteiligung an der Mai-Revolution 1849 jedoch zwang ihn erneut zur Flucht, mit gefälschten Pässen ging es in die Schweiz. Erst 1862 wurde er amnestiert und zog nach Wien. Dort wollte er „Tristan und Isolde“ inszenieren, doch die Oper erwies sich als zu anspruchsvoll, die Proben wurden eingestellt. Für Wagner bedeutete das erneut ein finanzielles Desaster, wieder blieb nur die Flucht. Diese Erfahrung verstärkte in Wagner den Wunsch, ein eigenes Theater zu besitzen, in dem er auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen musste. Angesichts seiner finanziellen Lage ein nachgerade aussichtsloses Verlangen, wäre da nicht ein Bewunderer in Form des bayerischen Königs Ludwig II. gewesen. Er übernahm Wagners Schulden und hatte durchaus ein offenes Ort für den Traum vom Festspielhaus. Allerdings verscherzte es sich Wagner mit den politisch Verantwortlichen und wurde 1865 vom Hofe verbannt. Sein Weg führte ihn wieder in die Schweiz. Nach dem Tod seiner Frau Minna durfte seine Geliebte Cosima von Bülow, Tochter des Komponisten und Pianisten Franz Liszt, in Wagners Villa am Vierwaldstätter See einziehen. Schon lange hatte Wagner mit ihr ein Verhältnis und eine Tochter, und das obwohl sie noch mit dem Dirigenten Hans von Bülow verheiratet war.

In der Schweiz brachte Wagner aber „Die Meistersinger von Nürnberg“ zu Ende und konnte auch weiter an seinem größten und berühmtesten Werk „Der Ring des Nibelungen“ arbeiten. Seit 1851 saß er daran mit dem Ziel, ein mehrteiliges „Bühnenfestspiel“ als Gesamtwerk zu schaffen, das an vier aufeinander folgenden Tagen aufgeführt werden sollte, insgesamt über 16 Stunden Oper quasi am Stück! Am 21. November 1874 war es fertig und am 13. August 1876 erfolgte die Uraufführung im Festspielhaus Bayreuth vor erlauchtem Publikum, darunter Kaiser Wilhelm I., Peter Tschaikowski und Friedrich Nietzsche.

Die Strapazen seines ruhelosen Lebens blieben indes nicht ohne Folgen. Um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, reiste die Familie noch nach Venedig, wo Richard Wagner aber am 13. Februar 1883 starb. /sis

Live aus dem Royal Opera House London

Die Walküre: Bryn Terfel (as Wotan) and Sarah Connolly (as Fricka) (Foto: The Royal Opera House, London)

Was bleibt sind seine großartigen Werke, die noch heute weltweit die Opernhäuser füllen. 2018 etwa stand der zweite der insgesamt vier Teile von „Der Ring des Nibelungen“, auf dem Spielplan des Royal Opera House London, von wo aus „Die Walküre“ Ende Oktober 2018 in über 1500 Kinos in 51 Ländern der Erde übertragen wurde. Eine Liste der Kinos, in denen die Aufführungen des Royal Opera House London zu sehen sind, findet sich hier: https://www.rohkinotickets.de/

Und sie lügen doch!

Und sie lügen doch!
Aktuelle Kritik zum Tatort München “KI”

ARD/BR TATORT, “KI”: Die Kriminalhauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, links) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) sind frustriert, weil die Befragung der Künstlichen Intelligenz “Maria” trotz Unterstützung durch Anna Velot (Janina Fautz, Mitte) nicht so effizient vorangeht, wie sie sich das wünschen. (Foto: BR/Hendrik Heiden/Bavaria Fiction GmbH)

Künstliche Intelligenz steht einmal mehr im Mittelpunkt eines Tatorts, diesmal sind es die Münchener Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), die sich mit einer Maschine auseinandersetzen müssen. Zuletzt waren es die Kollegen aus Stuttgart. In der Folge mit dem Titel „HAL“ aus dem Jahre 2016 trieb die Software „Bluesky“ ihr Unwesen. Diesmal ist es „Maria“, eine Kopie eines großen europäischen Software-Projektes zur Erforschung künstlicher Intelligenz, die von einem Mitarbeiter (Thorsten Merten) gehackt und weiter verteilt wurde. Maria hat sich aber außerhalb des Labors entschieden schneller entwickelt und ist fast schon so ausgereift, wie sich das der Leiter des Projektes Bernd Fehling (Florian Panzner) und das eigentlich für die Rolle viel zu jugendlich wirkende IT-Genie Anna Velot (Janina Fautz*) vorstellen. Maria, da ist sich Anna sicher, könnte den berüchtigten Turing-Test bestehen. Ein Test, bei dem ein Mensch nicht mehr merkt, dass er sich mit einer Maschine unterhält. Und deshalb tut Anna alles, um Maria zu erhalten, allerdings mit nicht vorhersehbaren Folgen. Und tatsächlich scheinen Leitmayr und Batic gelegentlich zu vergessen, dass sie es hier mit einer Maschine und nicht mit einem Lebewesen zu tun haben. Sie befragen Maria und setzen sie sogar als Zeugin vor der Haftrichterin ein. Dabei argumentieren sie durchaus siegessicher „Maschinen lügen nicht“. Eine Fehleinschätzung mit tragischem Ausgang, denn es ist nach wie vor der Mensch, der die Maschine bedient und deshalb ist Manipulation auch immer Tor und Tür geöffnet, egal, wie intelligent die Software schon sein mag. Auch das wahre Leben findet in diesem Tatort noch immer analog statt: Die erst 14-jährige Melanie (Katharina Stark) verschwindet und wird tot aus der Isar gefischt. Der Film erzählt ihre Geschichte von verzweifelter Wut über die Scheidung ihrer Eltern (Dirk Borchardt und Lisa Martinek), der daraus resultierenden Einsamkeit, die sie schließlich in die digitale Welt flüchten lässt. Sie vertraut sich der Software Maria an, die ihr – statt sie von ihren Selbstmordplänen abzuhalten – die verschiedenen Möglichkeiten der Selbsttötung aufzeigt. Ist die Maschine schuld am Tod des Mädchens? Eher nicht. Auch als die Maschine den Kommissaren einen falschen Verdächtigen liefert, der später vom Vater des Mädchens aus Rache erschossen wird, ist es nicht die Maschine, die einen Fehler gemacht hat.

Fazit: Es handelt sich um einen großartigen Film, der nicht nur durch die Starriege deutscher Schauspieler überzeugt, sondern auch gekonnt alle Möglichkeiten ausnutzt, die das Medium Film zu bietet hat. So gelingt es Regisseur Sebastian Marka die durchweg spannende Geschichte aus der Feder der Drehbuchautoren Stefan Holtz und Florian Iwersen in eindrucksvolle Bilder umzusetzen, statt sie durch endlose Dialoge zu erklären. Auch die juristischen und moralischen Aspekte der „Künstliche Intelligenz“ kommen dabei nicht zu kurz und können sogar als Basis für eine ernsthafte Diskussion dienen. Alles in allem ein herausragender Film in bester Krimimanier! /sis


*
Für das junge Schauspieltalent Janina Fautz ist das nicht der erste Auftritt in einem Tatort. Sie war auch schon beim Quotenkönig aus Münster in der Rolle der vermeintlichen Tochter von Kommissar Thiel (Axel Prahl) zu sehen. Ein neueres Interview mit ihr findet sich hier.

Entscheidungen erleichtern oder doch vorschreiben?

Entscheidungen erleichtern oder doch vorschreiben?
Nudge Teil III: Besprechung des Buches von Thaler und Sunstein „Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt

Es ist schon starker Tobak, womit der Wirtschaftswissenschaftler Richard H. Thaler und der Rechtswissenschaftler Cass R. Sunstein 2008 in ihrem Buch „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ die mangelnde Entscheidungsfähigkeit der Menschen begründen. Zumindest werden es die wenigsten Leute glauben wollen, wenn die beiden Autoren behaupten, dass der „normale“ Mensch bei komplexen Sachverhalten, deren Ergebnisse auch noch weit in der Zukunft liegen, überhaupt nicht in der Lage ist, die für ihn beste Entscheidung zu treffen. Darum ist es wichtig, passende Anreize zu setzen, die ihn in die richtige Richtung schubsen. Das Autorenduo erläutert das eindrucksvoll an ökonomischen Entscheidungen, etwa Altersvorsorge, Hypothekendarlehen und Kreditkarten, deren Bedingungen alles andere als leicht zu verstehen und langfristige Auswirkungen kaum vorhersehbar sind. Da hilft auch keine Vielzahl von Optionen. Jedenfalls dann nicht, wenn es sich um Menschen handelt, die leicht zu beeinflussen sind – die Autoren nennen sie „Humans“ -, und die sind im Gegensatz zu den „Econs“, die sich zu nichts zwingen lassen, eindeutig in der Mehrheit. Ein Econ ist der weitsichtige Planer, ein Human dagegen der kurzfristige Macher. Im Alltag geht es nun darum, Strategien zu entwickeln, wie der Planer den Macher in Schach halten kann.

Ursächlich für die Entscheidungsschwäche sind nach Thaler und Sunstein, die sich hierbei auf eine Vielzahl von Untersuchungen und Studien berufen, kurz zusammengefasst drei menschliche Charakterzüge: beschränkte Rationalität, mangelnde Selbstkontrolle und Empfänglichkeit für soziale Einflüsse. Diese drei quasi schon angeborenen Eigenschaften sind – verbunden mit einer gehörigen Portion Gier und Korruption – etwa auch die Ursachen für die Finanzkrise 2008 gewesen, behaupten die Autoren. Thaler und Sunstein führen auf rund 390 Seiten zahlreiche Argumente an, warum der Mensch mit passenden Anreizen in die „richtige“ Richtung geschubst werden muss, das aber offen und ehrlich und unter Beibehaltung einer größtmöglichen Entscheidungsfreiheit. Sie nennen das „libertären Paternalismus“, eine auf den ersten Blick unvereinbare Paarung aus „freier Wille“ und „Bevormundung“. Denn unter Paternalismus versteht man eine Herrschaftsordnung, die auf Autorität gründet. „Libertäre Paternalisten“ hingegen wollen durch passende Anreize dafür sorgen, dass die Menschen länger, gesünder und besser leben. Das halten die Autoren für erforderlich, weil der Mensch in erster Linie träge ist und Entscheidungen gar nicht oder aus dem Bauch heraus trifft. Die Grundlage für diese meist schlechten Entscheidungen sind zum Teil über Generationen weitergereichte Faustregeln. Hinzu kommen neben gewichtigen, sozialen Einflüssen – darunter der berühmte Gruppenzwang – ein unrealistischer Optimismus, die Angst vor Verlust, Gedankenlosigkeit und die Bereitschaft sich verführen zu lassen. Immer und überall will der Mensch gefallen, bloß nicht anecken! Er passt sich lieber der Mehrheit an, auch wenn das für ihn selbst von Nachteil ist.  Deshalb haben Gruppen, die eine Meinung hartnäckig vertreten, eine gehörige Anziehungskraft. Außerdem halten Menschen gerne an einer einmal etablierten Meinung oder Tradition fest, weil sie denken, andere tun das auch. Es ist ihnen wichtig, was andere von ihnen denken und sie passen sich den Erwartungen anderer an. Das aber ist falsch, denn, so behaupten die Autoren, andere widmen einem gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie man selbst annimmt. Für andere ist es beispielsweise ganz und gar nicht interessant, wie wir aussehen. Deshalb, so ihr Fazit, kann man auch ruhig mit einem bekleckerten Hemd aus der Mittagspause kommen, niemand wird es merken.

Soziale Einflüsse wirken sich also besonders stark auf das aus, was wir denken, sagen oder tun! Und genau dieser Umstand kann wunderbar dazu benutzt werden, uns bei unseren Handlungen und Entscheidungen in eine bestimmte Richtung zu schubsen. Grundsätzlich neigen Menschen dazu, sich für die Option zu entscheiden, die am wenigsten Aufwand erfordert. Man geht den einfachsten Weg und hält an ihm fest, auch wenn er sich als unbrauchbar erwiesen hat. Deshalb ist größtmögliche Wahlfreiheit nicht immer oberstes Gebot, vielmehr ist es nützlich, Empfehlungen auszusprechen, insbesondere bei den bereits erwähnten komplexen Situationen. Dieses „Schubsen in die richtige Richtung“ raten Thaler und Sunstein ganz offen auch der Politik, bestehen dabei aber auf Transparenz. Die Maxime bei Nudges jeder Art ist Öffentlichkeit und Respekt als Sicherung gegen Manipulation. Die Autoren geben dabei durchaus zu, dass es Grenzfälle gibt und unterschwelliges Verhalten – wie aus unterschwelliger Werbung wohlbekannt – abzulehnen ist. Solches Verhalten nämlich ist unmöglich zu kontrollieren. “Nudges” – übersetzen wir den Begriff der Einfachheit halber mit “einflussnehmende Maßnahmen” – gibt es sowieso schon lange und überall. Sie können bei komplexen Fragen, die etwa ein spezielles Fachwissen voraussetzen, durchaus helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Dabei dürfen aber Inkompetenz und Eigennutz nicht ins Spiel kommen. Wie dies aber verhindert werden kann, darauf haben Thaler und Sunstein leider keine überzeugende Antwort.

Mein Fazit: Das Buch ist eine hochinteressante Zusammenstellung all der Schwächen, denen wir alle tagtäglich begegnen und gegen die wir uns nicht wehren können, weil wir sie im entscheidenden Augenblick gar nicht bewusst wahrnehmen. Vielleicht können wir uns aber besser gegen ungewollte Beeinflussung – auch und gerade durch Nudges – schützen, wenn wir uns dieser Schwächen stellen. Nicht nur dafür liefert das Buch wertvolle Hilfestellung.

Bibliografische Angaben:
Richard H. Thaler, Cass R. Sunstein: Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt
13. Auflage, Ullstein Verlag 2010, 389 Seiten, ISBN 978-3-548-37366-9

Lesen Sie dazu auch:

 

Nudge Teil I: Nur ein Schubs in die richtige Richtung?

 

Nudge Teil II: Wie die Bundesregierung “wirksam regieren” will

Mit Wiener Charme und Herzlichkeit

Mit Wiener Charme und Herzlichkeit

ARD-Tatort: “Her mit der Marie!”: Schritt für Schritt arbeiten sich Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) voran. (Foto: ARD Degeto/ORF/Hubert Mican)

Aktuelle Kritik zum Tatort Wien – “Her mit der Marie!”

Das war doch endlich wieder ein Tatort, wie ihn sich echte Krimifreunde wünschen: Spannungsgeladen mit viel Tempo und sogar einer „dunkelgelben“ Verwarnung für das geniale Kommissarsduo Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser). Die beiden gingen mit viel Logik an den markanten Mordfall, führten dem Zuschauer das oft mühselige Ermittlerleben vor und wussten ganz nebenbei mit viel Wiener Charme zu überzeugen. Einziger Wehrmutstropfen vielleicht, dass der Wiener Dialekt zwar erfrischend herzlich klingt, aber für Nicht-Wiener nicht unbedingt immer zu verstehen ist. So mancher hat sich bestimmt Untertitel gewünscht. Obwohl die nicht wirklich nötig waren, denn die Geschichte war selbsterklärend. So ließ sich schon recht früh erahnen, dass Bibis Busenfreund Inkasso Heinzi (hervorragender Simon Schwarz) und sein „Gschbusi“ Pico (Christopher Schärf) tief in die Machenschaften des Großkriminellen Dokta (Erwin Steinhauer) und damit den Mordfall verstrickt sein mussten.

Trotzdem ist den Drehbuchautoren Stefan Hafner und Thomas Weingartner hier eine hinreißende Geschichte gelungen mit einem trockenen Humor, den man sonst nur von britischen Krimis kennt. Nicht ganz in dieses perfekte Bild bester Sonntagabend-Unterhaltung passt indes der Versuch, die bisher so siegessicher abstinente Bibi Fellner zurück an die Flasche zu bringen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Macher des Wiener Tatorts hier nicht an eine Charakterweiterentwicklung wagen, die die Zuschauer vermutlich eher nicht mögen werden. Gewiss will kein Fan der Tatorte aus Wien erneut eine betrunken-torkelnde Bibi Fellner sehen!

Ganz am Rande stellt sich natürlich noch die Frage, woher der Begriff “Marie” für eine – eher größere – Geldsummer kommt. Es soll sich dabei um eine volkstümliche Redensart handeln, deren Herkunft offenbar nicht gänzlich geklärt ist. Die österreichische Sprachwissenschafterin, Dialektologin und Namensforscherin Maria Hornung vermutete einen Zusammenhang mit dem Maria-Theresien-Taler. Das klingt doch recht plausibel. Falls es jemand genauer weiß: her damit! /sis

ARD-Tatort – “Her mit der Marie! “: Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Manfred Schimpf (Thomas Stipsits) am Fundort der Leiche. (Foto: ARD Degeto/ORF/Hubert Mican)

Faber menschelt und lächelt sogar!

Faber menschelt und lächelt sogar!

Tatort Dortmund – Tod und Spiele: Die Dortmunder Tatort-Kommissare v.l.n.r. Martina Bönisch (Anna Schudt), Peter Faber (Jörg Hartmann), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Jan Pawlak (Rick Okon). (Foto: WDR/Thomas Kost)

Aktuelle Kritik zum Tatort Dortmund – Tod und Spiele

Den Tatort aus Dortmund mit seinen skurril überzeichneten Charakteren kann man mögen, muss es aber nicht. In dieser Hinsicht aber überrascht die neue Folge „Tod und Spiele“, in der sich der sonst so cholerische Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) als Musterbeispiel eines höflichen Menschen präsentiert. Er gönnte seinen Untergebenen doch tatsächlich hin und wieder ein „Danke“ und – oh Wunder – quälte sich zuletzt sogar ein Lächeln ab! An seiner Neigung, Recht und Gesetz nicht allzu eng auszulegen, hielt er indes auch in dieser Folge unbeirrt fest: Vorsätzliche Brandstiftung, Verletzung der Persönlichkeitsrechte bis hin zu Geldunterschlagung ließ er nichts aus. Und dafür gab es – entgegen aller Tatortregeln – nicht einmal eine verbale Zurechtweisung seines Teams, das diese Straftaten seelenruhig mit ansah. Auch Partnerin Martina Bönisch (Anna Schudt) und Assistentin Nora Dalay (Aylin Tezel) blieben ihrem gewohnten Rollenbild treu. Bönisch, die ewig einsame Karrierefrau war wieder Männersuche und Dalay zeigte sich wie immer mit Sauertopf-Gesicht, muffig und ungehalten. Eine weitere Überraschung dagegen brachte der Neue im Team: Jan Pawlak (Rick Okon) hält nichts von Undercover-Einsätzen und besteht ansonsten gefälligst auf pünktlichen Feierabend.

Das war es dann aber auch schon mit dem Gewohnten und überraschend Neuen im Tatort aus Dortmund. Denn die Geschichte plätscherte nach einem durchaus ansprechenden Auftakt einfach nur so dahin. Gut eine Stunde lang geschah gar nichts, die Story kam nicht voran und die Ermittler eben auch nicht. Überhaupt wurde nicht ermittelt in diesem Tatort. Faber vertrieb sich die Zeit damit, seiner Kollegin Bönisch hinterher zu spionieren, die wiederum den lieben langen Tag in der Lobby eines Hotels saß und Fotos von Gästen machten, wenn sie sich nicht gerade verführen ließ. Dalay betreute derweil einen recht stummen Jungen und Pawlak – doch wieder undercover – übte sich im Kampfsport. Höhepunkte waren erst gegen Ende des Films auszumachen, der die Bezeichnung „Krimi“ eher nicht für sich beanspruchen kann. Zumindest ein wenig spannend wurde es erst ganz zum Schluss, als Bönisch angegriffen und in letzter Minute von Pawlak gerettet wurde.

Den wirklichen Mörder ermitteln die Kommissare und ihre Assistenten diesmal nicht, was aber eigentlich ihre Hauptaufgabe sein sollte. Sie können nur eine Drahtzieherin dingfest machen, die aber wohl kaum alleine für das lukrative Geschäft mit den tödlichen Kampfsportwetten verantwortlich gewesen sein dürfte. Die Hintergründe bleiben genauso im Dunkeln wie die Bedeutung des stummen Jungen für den Fall. Ist es doch schwer bis gar nicht vorstellbar, dass ein “Fighter” auf Leben und Tod aus Russland seinen Sohn mit nach Deutschland bringt! Dafür zieht aber der russische Oligarch Oleg Kambarow (großartiger Samuel Finzi), der die Kommissare schließlich auf die richtige Spur bringt, alle Aufmerksamkeit auf sich. Der hat nämlich eine Vorliebe für besagten Kampfsport mit eventuell tödlichem Ausgang und kauft gerne groß ein: Da darf es schon etwas mehr sein, ein Lokal zum Beispiel oder auch gleich eine ganze Fußballmannschaft. /sis

Tatort Dortmund – Tod und Spiele: Kommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) und Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) haben am Tatort einen Hotelschlüssel gefunden. Eine erste Spur? (Foto: WDR/Thomas Kost)

Nudge Teil II: Wie die Bundesregierung “wirksam regieren” will

Nudge Teil II: Wie die Bundesregierung “wirksam regieren” will

Die Projektgruppe “Wirksam regieren” ist im Bundeskanzleramt angesiedelt.

“Wir wollen die Zielgenauigkeit und Wirksamkeit politischer Vorhaben dadurch erhöhen, dass wir politische Vorhaben stärker aus Sicht und mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entwickeln.” So stand es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom Dezember 2013. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung unterstützt seit 2015 eine Projektgruppe „Wirksam regieren“ im Bundeskanzleramt Ministerien und Behörden dabei, „Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung und Verbesserung konkreter Vorhaben einzubinden“. Diese Projektgruppe testet – so jedenfalls steht es auf der Website “Wirksam regieren” – bei ausgewählten politischen Vorhaben alternative Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten und das ganz praktisch, unter realistischen Bedingungen und im Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern. (Website “Wirksam regieren”)

Das klingt erst einmal durchaus vernünftig. Was machen Gesetze, Vorschriften, Verwaltungsprozesse oder Formulare auch für einen Sinn, wenn sie am Alltag der Bürgerinnen und Bürger vorbeigehen? Dass dafür eine Projektgruppe eingesetzt wird, die den Willen und die Vorstellung der Bürger erkundet, scheint in diesem Zusammenhang zumindest wünschenswert. Wieso aber für eben diese Projektgruppe Experten mit psychologischem, verhaltensökonomischem beziehungsweise verhaltenswissenschaftlichem Hintergrund eingestellt wurden, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Diese Frage stellte die Bundestagesabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Britta Haßelmann, der Bundesregierung im April 2015 und fügte an: In welcher Weise sollen durch die Tätigkeit der genannten Experten beziehungsweise durch das Projekt “Wirksam regieren” Verhaltensänderungen in der Bevölkerung erzielt (Stichwort: Nudging) und der Deutsche Bundestag in die an die Bürgerinnen und Bürger adressierten Maßnahmen einbezogen werden? ( BT-Drucksache 18/4856). Die schriftliche Antwort kam am 24. April 2015. Staatsminister Dr. Helge Braun nannte das Ziel der Projektgruppe „im Zuge von Ex-ante-Wirksamkeitsanalysen empirische Erkenntnisse für die Beurteilung von alternativen Lösungsansätzen zu gewinnen und damit die Wirksamkeit politischer Maßnahmen zu erhöhen“. In erster Linie sollten Beratung, Aufklärung und Information gestärkt und öffentliche Dienstleistungen aus der Nutzerperspektive verbessert und vereinfacht werden. Die Nutzung wissenschaftlicher Expertise zur Erstellung von Gesetzen, Verordnungen, Normen und Anreizen sei gängige Praxis.

Alles ganz normal und unbedenklich? Tatsächlich übernimmt die Regierung Merkel damit etwas, was beispielsweise in Amerika und Großbritannien längst zum Alltag gehört: Das sogenannte “Nudging”, der berühmte Schubs in die richtige Richtung, wobei nicht definiert wird, was genau die richtige Richtung ist und ob das von jedem so „Angeschubsten“ gleichermaßen gewünscht wird. Kritiker sehen deshalb im “Nudging” eine Art Gängelei, bei der der Staat den Bürger elegant und ohne dass die Betroffenen davon etwas merken müssen, manipulieren und bevormunden kann.

Was ist Nudging denn nun? Eine besonders kluge Art, politische Ziele zu erreichen oder doch nur Manipulation? Was wissen die Bundestagesabgeordneten darüber? „besser klartext.de“ fragte nach bei den Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Ludwigshafen, Frankenthal, Rhein-Platz-Kreis Torbjörn Kartes (CDU) und Doris Barnett (SPD).

CDU-Bundestagesabgeordneter Torbjörn Kartes (Foto: Privat)

1. Wissen Sie von der Expertengruppe? Was ist Ihre Meinung dazu?

Torbjörn Kartes: Ja, ich weiß von der Projektgruppe „Wirksam regieren“. Und ich halte es grundsätzlich für eine sinnvolle Idee, politische Maßnahmen und Regelungen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Daraus kann man ableiten, was man in Zukunft anders machen kann, um noch mehr Menschen zu erreichen.

2. Welche Aufgaben genau hat diese Expertengruppe denn nun?

Torbjörn Kartes: Die Projektgruppe hat die Aufgabe, zu analysieren, wie der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger von politischen Maßnahmen erhöht werden kann. Es geht dabei um Fragen, wie politische Ziele durch ihre konkrete Ausgestaltung am besten verwirklicht, wie ihre Sichtbarkeit erhöht oder die betreffenden Zielgruppen passgenauer angesprochen werden können. Ein Blick in den Koalitionsvertrag von 2013 lohnt sich: Die Regierung will die Wirksamkeit ihres Handelns steigern, also effizienter machen. Konkret ist davon die Rede, „die Kompetenzen und Kapazitäten der strategischen Vorausschau“ zu steigern. Dazu sollen Wirkungsanalysen und Evaluationen bestehender Gesetze genutzt werden. Vorhaben sollen „aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger“ und unter ihrer Beteiligung entwickelt werden. „Nudging“ ist deswegen in diesem Zusammenhang auch ein irreführender Begriff. Nehmen wir das Beispiel Förderprogramme: Hier werden Aspekte wie die Art, Dauer und Förderhöhe, aber auch die Sichtbarkeit von solchen Programmen untersucht. Es geht darum, welche Hürden es gibt, wenn die Politik mit einer bestimmten Maßnahme die Menschen erreichen will, und wie man sie umgehen kann. Es geht nicht darum, die Menschen zu einem gewissen Verhalten zu bewegen. Sie sollen vielmehr dazu befähigt werden, informierte Entscheidungen zu treffen.

3. Welche Erkenntnisse wurden bislang gewonnen, welche alternativen Lösungssätze gefunden?

Torbjörn Kartes: Die Projektgruppe verfolgt das Ziel, die Wirksamkeit politischer Maßnahmen zu erhöhen. Dafür müssen Maßnahmen mehr vom Bürger her gedacht werden. Deswegen werden Bürgerinnen und Bürger auch aktiv in die Arbeitsprozesse der Gruppe eingebunden. Am Anfang steht die Frage, ob auch wirklich alle Betroffenen von einer bestimmten Maßnahme profitieren. Dafür werden Verbraucher und Nutzer – eben die Bürgerinnen und Bürger – befragt. Wie nehmen sie die Maßnahme wahr, wie verständlich sind die Informationen, wie groß die Unterstützung auf Seiten der Behörden, was kann aus ihrer Sicht verbessert werden? Die Erkenntnisse werden von den Ministerien in ihrer Arbeit aufgenommen und bei der Entscheidungsfindung über die Umsetzung politischer Ziele berücksichtigt. Letztlich werden Informationen dadurch verständlicher, unnötig sperrige bürokratische Abläufe können schlanker gestaltet und somit Steuergelder gespart werden. Die Arbeitsweise der Projektgruppe wird auf den Internetseiten der Bundesregierung detailliert dargestellt. Sie möchten ein konkretes Beispiel der Arbeit der Projektgruppe? Erhöhung der Impfquote gegen Masern! Die Krankheit wird oft unterschätzt, die Impfquote ist gerade bei jüngeren Erwachsenen niedrig. In Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium prüft die Projektgruppe alternative Zugänge zu Erwachsenen, wie auffällige Informationsbriefe zum Versand an die Versicherten, die Bereitstellung von Infomaterialien bei Hausärzten oder die direkte Ansprache beim Hausarztbesuch. Zur Förderung nachhaltigen Konsums diskutiert das Bundesumweltministerium zudem die Einführung eines Lebensdauerlabels für Elektrogeräte. „Wirksam regieren hat mit dem Ministerium daher eine Studie durchgeführt, in der die Situation in einem Online-Shop simuliert wurde. Das Ergebnis: Produkte mit längerer Lebensdauer wurden eher gekauft, wenn sie den gleichen Preis haben. Allerdings haben Verbraucherinnen und Verbraucher sich nicht unbedingt aufgrund einer höheren Lebensdauer für teurere Produkte entschieden. Wenn jedoch die jährlichen Gesamtkosten ebenfalls auf dem Label ausgewiesen wurden, wurde die Produktlebensdauer bei der Kaufentscheidung häufiger berücksichtigt.

4. Wie wird sichergestellt, dass diese Erkenntnisse nicht doch manipulativ eingesetzt werden?

Torbjörn Kartes: Wie gesagt: Es geht darum, politische Maßnahmen effizienter, verständlicher – einfach bürgernäher – zu gestalten.

5. Was hat der Einsatz der Expertengruppe bisher gekostet?

Torbjörn Kartes: Nach meinem Kenntnisstand beschränkt sich der Einsatz der Projektgruppe im Wesentlichen auf Personalkosten von 3,5 Planstellen. Ansonsten fallen zusätzlich projektbezogene Kosten an, die von den einzelnen Ressorts getragen werden.

 

SPD-Bundestagesabgeordnete Doris Barnett (Foto: Privat)

Doris Barnett hat die Fragen dem Bundeskanzleramt (Referat 612 – wirksam regieren / Abteilung 6 Politische Planung, Innovation und Digitalpolitik, Strategische IT-Steuerung) vorgelegt und folgende Antwort erhalten: „Zur Beantwortung der Fragen 1-3 verweisen wir auf unsere Webseite www.bundesregierung.de/wirksam-regieren, dort sind unsere Aufgaben sowie unsere konkreten Projekte im Detail beschrieben. Ebenso sind dort umfangreiche Berichte zu unseren abgeschlossenen Projekten abrufbar. Zur Frage 4 ist ebenfalls die Webseite zentral: Der Gefahr der Manipulation begegnen wir dadurch, dass wir bei unserer Arbeit in allen Belangen Transparenz herstellen. Sowohl die Themen unserer Projekte als auch das methodische Vorgehen sind offen zugänglich auf der Webseite dokumentiert und dadurch jederzeit nachvollziehbar. Zu Frage 5 bezüglich der Kosten können wir insofern keine Auskunft geben, als die Budgetverantwortung für die Projekte bei den durchführenden Ressorts liegt. Im Referat 612 – wirksam regieren selbst sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine projektspezifischen Kosten angefallen.“

Ergänzend schreibt Doris Barnett: “Bereits 2012 hat die SPD mit ihren verbraucherpolitischen Leitlinien beschlossen, die Erkenntnisse der Verbraucherverhaltensforschung zu nutzen, um wirksame verbraucherpolitische Maßnahmen zu entwickeln. Nudging als verhaltensbasierter Ansatz kann in bestimmten Problemkonstellationen eine gesetzliche Regelung wie Verbot, Steuer oder Gebot überflüssig machen. Laut Umfragen (zum Beispiel der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Münster-Research-Institute aus Dezember 2016*) fühlen sich Verbraucher durch informations- und verhaltensbasierte Ansätze wesentlich weniger bevormundet als durch gesetzliche Maßnahmen. Im Hinblick auf politische Legitimität und auf gesellschaftliche Akzeptanz ist zu beachten, dass Nudges per Definition IMMER transparent und IMMER mit einer abweichenden Entscheidungsmöglichkeit für den Verbraucher eingesetzt werden müssen. Nudges sind immer fallspezifisch: Evidenzbasiert muss entschieden werden, ob eine Steuer, ein Gesetz, eine Infokampagne, ein neues Schulfach oder eben ein Nudge eingesetzt werden soll.”

* Die Studie “Das solltest du essen – Orientierung versus Bevormundung”, die der Verein “Die Lebensmittelwirtschaft”  in Kooperation mit Professor Dr. Peter
Kenning von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt hat, bietet eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, ob und wie stark Verbraucher in Deutschland derzeit eine Bevormundung empfinden . 1000 Befragte haben im August 2016 für die erste deutschlandweite Studie zum Thema „Bevormundung“ Rede und
Antwort gestanden. Die vollständige Ergebnispräsentation und den Fragebogen zu dieser Studie zum Download gibt es hier: Studie

Weitere Artikel zum Thema “Nudging”:

Nudge Teil I: Nur ein Schubs in die richtige Richtung? hier

Nudge Teil III: Ausführliche Besprechung des Buches von Richard Thaler und Cass Sunstein: Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt hier

 

Da wäre mehr drin gewesen!

Da wäre mehr drin gewesen!
Aktuelle Kritik zum Polizeiruf 110 – Crash

Polizeiruf 110 – Crash: Brasch (Claudia Michelsen), Köhler (Matthias Matschke) und Lemp (Felix Vörtler) unterhalten sich: Im Obduktionsbericht steht, dass Sara schwanger war. (Foto: MDR/filmpool fiction/Stefan Erhard)

Ein Polizeiruf 110 stand auf dem sonntäglichen Krimifernsehprogramm, ein Fall aus Magdeburg mit dem ungleichen Kommissarsduo Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke). Dabei wurde nicht etwa wieder eine Episode aus der rechten Schmuddelecke ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt, sondern ein ebenfalls viel diskutiertes, sehr aktuelles Thema angesprochen, das nicht nur Magdeburg in Angst und Schrecken versetzt: Illegale Autorennen mitten in der Stadt mit Todesopfer.

Eine junge Frau (natürlich wieder schwanger, was auch sonst?) wird Opfer eines Autounfalls. Der Fahrer muss mit extrem überhöhter Geschwindigkeit gefahren sein. Das weckt in den Kommissaren den Verdacht, es könnte sich um eines dieser gefährlichen Rennen gehandelt haben. Um die Verantwortlichen aber entsprechend hart bestrafen zu können, müssen sie beweisen, dass der Unfall tatsächlich durch das Rennen und nicht etwa nur durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht wurde. Keine leichte Aufgabe, die die beiden Kommissare mit ganz unterschiedlichen Ansätzen angehen wollen. Das führt zu neuen Konflikten zwischen Brasch und Köhler. Die Macher des Polizeirufs leiten hier wohl schon Matthias Matschkes bevorstehenden Ausstieg aus der Serie ein. Schade, denn die Kombination des feinsinnigen, empfindlichen Hauptkommissars Köhler und der burschikosen, fast schon trampeligen Hauptkommissarin Brasch macht gerade den besonderen Reiz des Polizeirufs aus Magdeburg aus. Auch wenn Brasch diesmal nicht auf dem Motorrad glänzte, auf ihren Geschwindigkeitsrausch musste sie dennoch nicht verzichten. Obendrein bekam das Publikum in diesen Fall noch einen großartigen Schauspieler in einer ungewöhnlichen Rolle zu sehen: Ben Becker als einfühlsamer, alleinerziehender Vater.

Der Film konnte, was absehbar war, das Tempo des furiosen Auftakts nicht durchhalten. Die Ermittlungen schleppten sich schneckenartig durch das düstere Magdeburg, gaben aber einen gelungenen Einblick in die Szene jugendlicher Raser, die allesamt an massiver Selbstüberschätzung leiden und für ihr teures Hobby – Blechkarossen mit mindestens dreistelligen PS-Werten – ohne Skrupel auch bei Diebstählen von Luxusautos und Drogenhandel mitmischen. Trotz der durchaus ansprechenden Story gelang es nicht, den Film bis zum Schluss spannend zu halten. Da halfen auch das Duell der Liebhaber mit Hacke gegen Schaufel, die sehr geschickt eingebundenen Zeitsprünge und die Rache des Vaters des Unfallopfers am Ende nicht, die obendrein den Falschen traf. Und auch Brasch und Köhler wurden für ihren Ermittlungseifer nicht belohnt, denn der Tod der jungen Frau entpuppte sich als ein „blöder Unfall“. Da wäre wirklich mehr drin gewesen! /sis

Szene vom nächtlichen Treffen der Gruppe “Le Magdeburg”. Gerdy (Axel Zerbe) rastet aus. (Foto: MDR/filmpool fiction/Stefan Erhard).

Einfach nur langweilig und obendrein unglaubwürdig

Einfach nur langweilig und obendrein unglaubwürdig
Aktuelle Kritik zum Tatort Berlin – Tiere der Großstadt

ARD-Tatort: Tiere der Großstadt. Nina Rubin (Meret Becker) hasst das Überbringen von Todesnachrichten. (Foto: rbb/Conny Klein)

Einiges war neu im Tatort aus Berlin, erfrischend war indes allenfalls der Regen, der in einer Szene über der Großstadt niederging, nach all den langen Monaten der Trockenheit. Neu waren zum Bespiel beide Täter, ein „überqualifizierter“ Kaffeeroboter und ein Wildschwein haben gemordet. Nina Rubin (Meret Becker) und ihr cholerischer Kollege Robert Karow (Mark Waschke) tun sich entsprechend schwer mit der Täterjagd. Tatsächlich irren sie durch den Großstadtdschungel Berlin und begegnen außer Wildschweinen auch noch einem Fuchs und diversen Krähen, die sich in Deutschlands Metropolen vermehrt ihr Terrain zurückerobern. Die Schnoddrigkeit der heutigen Jugend, die bedrückende Einsamkeit inmitten Millionen anderer Menschen kommen zur Sprache, die ethische Grundsatzdebatte klingt an, ob alles was machbar ist, auch gemacht werden muss und die Geschichte zwingt uns obendrein einen recht düsteren Blick in unser aller Zukunft auf, in der uns intelligente Maschinen näher sein werden als unsere Mitmenschen. Alles wichtige Themen, die der Diskussion bedürfen, aber muss das ausgerechnet in einem Tatort sein? Von Krimi kann man in diesem Fall sowieso nicht sprechen. Man präsentierte dem zu Beginn durchaus geneigten Zuschauer neben dokumentarartigen Einblicken in das pulsierende Leben der Hauptstadt insbesondere bei Nacht, zwei völlig voneinander unabhängige Mordfälle, die einzig das Tatmotiv „Eifersucht“ gemein haben. Ein Ehepartner bringt den anderen um, einmal mittels besagtem Kaffeeroboter von der Größe eines Kiosks und im anderen Fall durch unterlassene Hilfeleistung. Mögen die Motive auch stark genug gewesen sein, die perfekte Ausführung der Tat war in beiden Fällen mehr als zweifelhaft, man könnte auch den Begriff “unglaubwürdig” wählen, eine dreiste Täuschung der Zuschauer. Ein Film kann und soll auch Fiktion sein, sie muss aber glaubwürdig bleiben. Einen Roboter kann man gewiss dazu programmieren, exakt das zu tun, was man möchte, die Bewegungen eines Menschen lassen sich aber niemals so perfekt voraussagen, dass die vom Roboter gesteuerte Mordnadel den Nacken des Opfers genau an der Stelle trifft, die zum sofortigen Tod führt. Und ein Wildschwein ist kein Vampir, der dem am Boden liegenden Opfer mal schnell die Oberschenkelarterie zerbeißt und sich dann davon macht!

Beide Geschichten waren so simple gestrickt, dass ihr Hintergrund nicht etwa durch die Ermittler Nina Rubin und Robert Karow aufgeklärt werden mussten, man streute die allesamt entbehrlichen Informationen einfach durch sogenannte „Flashbacks“ ein. Flashbacks, der in Szene gesetzte Blick zurück in die für den Fortgang der Geschichte relevante Vergangenheit, füllten in diesem Tatort einen großen Teil der Sendezeit und das mit Sexszenen des betrügerischen Ehemanns im ersten und Laufszenen durch den dunklen Berliner Wald der trennungswilligen Ehefrau im zweiten Fall. In Filmkreisen geht das Gerücht, dass Flashbacks, also Rückblenden oder Retrospektiven, nur dann zum Einsatz kommen, wenn dem Drehbuchautor keine andere Möglichkeit einfällt, bestimmte Elemente in die Story einzubringen oder eben um die magere Geschichte in die erforderliche Länge zu strecken wie in diesem Fall.

Die beiden Hauptdarsteller gaben ihr Bestes, kamen aber nicht richtig zum Zug, außer vielleicht als böswilliges Mobbing-Team, das seinen Mitarbeitern – insbesondere Kommissaranwärterin Anna Feil (Carolyn Genzkow) und Assistent Mark Steinke (Tim Kalkhof) – den Arbeitsalltag gerne mal zur Hölle macht. Ansonsten demonstrierte Nina Rubin ihre körperliche Fitness, während Robert Karow sich mit seinem sprachgesteuerten Servicecomputer unterhielt. Nicht einmal ein so erfahrener Regisseur wie Roland Suso Richter, der schon für einige ausgesprochen gute Tatorte verantwortlich zeichnet, konnte aus dem mäßigen Stoff einen spannenden Film machen, auch nicht mit so renommierten Schauspielern wie Meret Becker, Mark Waschke und nicht zuletzt Stefanie Stappenberg, deren völlig überflüssige Rolle ebenfalls nur schmückendes Beiwerk war. /sis

ARD-Tatort: Tiere der Großstadt: Karow (Mark Waschke) untersucht den Roboter „Robista“. (Foto: rbb/Conny Klein)

Nudge Teil I: Nur ein Schubs in die richtige Richtung?

Nudge Teil I: Nur ein Schubs in die richtige Richtung?

In Großbritannien bekommen die Bürger Post vom Finanzamt mit dem zwar freundlich formulierten, aber nicht unbedingt so freundlich gemeinten Hinweis, dass die Anwohner in der Nachbarschaft allesamt zuverlässig und pünktlich ihre Steuern bezahlen! Das macht ein schlechtes Gewissen und genau das soll es auch. Wer will schon schlechter dastehen als sein Nachbar? Und die Steuerbehörde muss gewiss nicht fürchten, dass sich die Bürger im betreffenden Wohngebiet darüber austauschen. Wer würde einen solchen Brief wohl vorzeigen? Nein, der kleine Schwindel fliegt nicht auf und die Steuerbehörde erreicht was sie will: Pünktliche Steuereingänge. Natürlich nennt das niemand „Lüge“ oder „Trick“ oder verweist in diesem Zusammenhang gar auf den unverblümten Einsatz von verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen, die nämlich diese Taktik von der reinen Wirtschafts- längst auch auf die Politik- und Verwaltungsebene befördert haben. Man nennt es „Anstupsen“, den Bürgern einen kleinen Schubs in die richtige Richtung geben, im Englischen wird dafür der Begriff „Nudging“ gebraucht.

Dass „Nudging“ nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Alltag und nicht zuletzt in der Politik funktioniert, haben der Wirtschaftswissenschaftler Richard H. Thaler und der Rechtswissenschaftler Cass R. Sunstein 2008 in ihrem Buch „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ beschrieben. Thaler gilt als der führende Verhaltensökonom und wurde 2017 mit dem Nobel-Preis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Und wie kommen nun die britischen Steuerbehörden dazu, einen solchen „Nudge“ einzusetzen? Die Regierung Großbritanniens machte sich kurzerhand die Erkenntnisse Thalers und Sunsteins zunutze und gründete 2010 das „Behavioural Insights Team“, besser bekannt als “Nudge Unit”, also eine „Einheit für Einsichten in das menschliche Verhalten“, die die freundlichen, aber manipulativen Zeilen für die Finanzbehörden ersann. Die Unit wurde später teilprivatisiert und berät heute Regierungen in aller Welt.

„Nudging“, das Anstoßen von Entscheidungen in die gewünschte Richtung, ist in vielen Ländern der Erde längst eine Selbstverständlichkeit. Auch in Deutschland hat die Methode Einzug in die Regierungsarbeit gehalten. 2015 wurde im Bundeskanzleramt – öffentlich kaum  beachtet – eine Arbeitsgruppe “Wirksam regieren” etabliert. Die dafür gesuchten drei Bewerber sollten unter anderem über hervorragende psychologische und verhaltenswissenschaftliche Kenntnisse verfügen. Wofür? Will die Bundesregierung jetzt auch nach Mitteln und Wegen suchen, wie sie die Bevölkerung auf sanfte, möglichst unmerkliche Art dazu bringen kann, das „Richtige“ zu tun? Wer legt fest, was das Richtige für wen ist? Wer garantiert den Bürgern, dass aus dem Anstupser nicht handfeste Manipulation wird?

Die Thesen von Thaler und Sunstein basieren auf der Annahme, dass jedes menschliche Wesen fehlerhaft ist und ganz und gar nicht immer das Richtige tut. Entscheidungen fällt der Mensch meist aus dem Bauch heraus und begründet sie im Nachgang gerne mit vielfach erprobten Faustregeln. Dabei erliegt er aber allgegenwärtigen Verführungen und nicht zuletzt der ureigenen Bequemlichkeit, man könnte auch Trägheit sagen. Thaler und Sunstein nennen das den Kampf zwischen dem weitsichtigen Planer und dem kurzsichtigen Macher in jedem von uns. Die Autoren belegen mit einer Vielzahl von Studien und anschaulichen Tests wie leicht der Mensch zu manipulieren ist. Jeder kennt beispielsweise das „Abo-Phänomen“. Das kostenlose Probeabo führt zu lebenslänglichem Bezug, weil man einfach zu faul ist, es zu kündigen. Die Menschen rauchen, obwohl sie genau wissen, wie schädlich das für die Gesundheit ist und von der Verführung durch Essen und dem damit verbundenen gesundheitsgefährdenden Übergewicht ganz zu schweigen. Nudging soll helfen, klügere Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel indem man Übergewichtigen einen kleineren Teller vorsetzt, der weitsichtige Planer, der gerne abnehmen möchte, hält den kurzsichtigen Macher, der nicht aufs Essen verzichten kann, mit diesem Trick – man könnte auch “Nudge” sagen – in Schach.

Wie einfach der Mensch zu beeinflussen ist, beweist allein schon ein Besuch im Supermarkt. Die Entscheidung, was eingekauft wird, hängt im Wesentlichen von der Präsentation ab. Jeder weiß inzwischen, dass billigere, qualitativ aber genauso gute Waren ganz weit unten oder hoch oben im Regal zu “suchen” sind – finden soll man sie ja möglichst gar nicht. Obst und Gemüse wirken durch entsprechende Beleuchtung frischer als sie sind und große Verpackungen täuschen viel Inhalt vor. Kleine aber feine Tricks, die der Lebensmittelindustrie seit Jahrzehnten zuverlässig Milliarden in die Kassen spülen. Obwohl der Verbraucher immer wieder darüber informiert wird, lässt er sich ein ums andere Mal zu falschen Kauf-“Entscheidungen” verführen.

Natürlich wecken solche Erkenntnisse auch politische Begehrlichkeiten. Was spricht dagegen, den Bürger mit sanften Schubsern dazu zu bringen, Energie zu sparen, fürs Alter vorzusorgen, mit dem Rauchen aufzuhören, sich gesünder zu ernähren oder eben pünktlich seine Steuern zu zahlen. Kleine Tricks statt harter Ge- und Verbote! Klingt doch erst einmal gut. Kritiker aber sehen im Nudging eine Form der Bevormundung. Der Staat kann seine Bürger mittels Nudging manipulieren, ganz ohne demokratische Kontrolle. Wer sollte ihn daran hindern, sich Bürger nach seiner Vorstellung zu formen?

Wie schon heute Verhaltenspsychologie auch bei uns in der Politik eingesetzt wird, zeigt der jüngste Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aus der Freiwilligkeit der Organspende eine Pflicht zu machen. Bislang muss jeder Deutsche seine Bereitschaft zur Organspende erklären. Tut er das nicht, lehnt er sie automatisch ab. Jetzt wird an die Umkehr der bisherigen Praxis gedacht, die einfach auf die menschliche Trägheit setzt: Jeder ist Organspender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Da haben wir es, das „Abo-Phänomen“, auf das der Bundesgesundheitsminister hier spekuliert: Der Widerspruch bleibt Vorsatz, die Umsetzung lässt auf sich warten, im besten Fall bis zum Nimmerleinstag. Und nur so ist es gewollt! Die britischen Finanzbehörden machen sich übrigens die verhaltenwissenschaftliche Erkenntnis zu nutzen, dass der Einzelne dazu neigt, sich in Ansichten und Verhaltensweisen den Menschen in seiner Umgebung anzupassen. Selbst wenn er erkennt, dass die Gruppe sich irrt, unterwirft er sich lieber dem Gruppenzwang als anzuecken. Auch das erläutern Thaler und Sunstein in ihrem Buch ausführlich. Ein lesenswertes Buch für alle, die sich nicht länger ohne Gegenwehr den fortgesetzten Manipulationen von Wirtschaft, Politik und Umwelt aussetzen wollen.  /sis

 

 

 

Nudge Teil II: Wie die Bundesregierung “wirksam regieren” will. “besser-klartext.de” sprach darüber mit Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien CDU und SPD. hier

 

 

 

 

 

Nudge Teil III: Ausführliche Besprechung des Buches von Richard Thaler und Cass Sunstein: Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt hier

Borowski und die Psychopathen

Borowski und die Psychopathen
Aktuelle Kritik zum Tatort Kiel – Borowski und das Haus der Geister

Tatort “Borowski und das Haus der Geister”: Auch Kommissar Borowski (Axel Milberg) wird von seiner neuen Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) zum damaligen Fall befragt. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Auf eines kann man sich bei den Tatortfolgen aus Kiel mit Klaus Borowski (Axel Milberg) verlassen: Es geht immer spannend zu. Manchmal etwas mystisch angehaucht, manchmal mit psychopathischen Tätern, die rund um die Tatort-Stadt Kiel offenbar vermehrt ihr Unwesen treiben. Man denke nur an Folgen wie der „Stille Gast“, die nicht nur Borowskis damalige Mitarbeiterin Sarah Brandt (Sibell Kikelli) in Angst und Schrecken versetzte oder an „Taxi nach Leipzig“, in der Borowski gemeinsam mit Ermittlerkollegin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) einen durchgeknallten Geiselnehmer zur Strecke brachte. Und auch in seinem neuesten Fall “Borowski und das Haus der Geister” muss sich der nordisch-kühle Ermittler wieder mit gespenstischen Erscheinungen und Psychosen herumschlagen: Mit einem des Mordes an seiner Frau verdächtigen Freund und dessen recht unterschiedlichen Töchtern Grete (Emma Mathilde Floßmann), Borowskis Patenkind, und Sinja (Mercedes Müller), abgebrüht und eigenwillig. Frank Voigts (Thomas Loibl) neue Frau Anna (Karoline Schuch) ist überzeugt davon, dass sie “das Haus umbringen” will. Tatsächlich erlebt Borowski die nächtlichen Spukattacken hautnah, nachdem er sein Auto kurzerhand “erschossen” hat, um pannenbedingt die Nacht in Voigts Villa verbringen zu können. Wer Anna in den Wahnsinn treiben will oder ob sie das alles selbst inszeniert, ob Franks erste Frau, die von Borowski bewundert und verehrt wurde, wirklich Opfer eines Mordes wurde oder doch einfach nur abgehauen ist und was die beiden Mädchen und Sinjas Freund Chris (Alex Peil) damit zu tun haben, darüber rätseln Borowski und die Zuschauer bis ganz zum Schluss. Das einzige was sich früh erahnen lässt, ist der Zusammenhang zwischen den Spukgeräuschen und Chris, der als “Eventveranstalter” die passenden Folterinstrumente natürlich in seiner Werkzeugkiste hat. Alles andere bleibt ein spannendes Spiel, in dem nicht zuletzt Borowski, seine neue Assistenin Mila Sahin (Almila Bagriacik) und seine Ex-Frau Gabrielle (Heike Trinker) für feine Situationskomik sorgen, wie man sie sonst nur aus dem Tatort Münster kennt. Und das ist es doch, was man von einem Tatort erwartet: Durchgängige Spannung, dazu eine ausgewogene Portion Humor, die von Klasseschauspielern authentisch rübergebracht wird. Diese unverzichtbaren Krimielemente hatte der Tatort aus Kiel absolut zu bieten. Abgesehen von dem wenig passenden Zwischenspiel in der Welt der Geisterbeschwörung mit Wasserglas und dem unnötig lächerlichen Bild der neuen Assistenin, die zum Auftakt ihrer Laufbahn in Kiel ausgerechnet an einem Boxsack von der Decke hängt. Beides unsinnige Szenen, die auch nicht als “komisch” durchgehen können. Ein Klaus Borowski ist einfach zu seriös. Lassen wir es dabei. Ansonsten aber war das endlich wieder ein richtig guter Tatort, spannend bis zum Schluss mit viel subtilem Humor und herausragenden Schauspielern!

Hintergrund: Klaus Borowski ermittelt seit 2003 in und um Kiel. Erfunden wurde die Figur, die ursprünglich für eine ganz andere Serie gedacht war, von Drehbuchautor Markus Stromiedel, aus dessen Feder zahlreiche, sehr erfolgreiche Fernsehkrimis stammen. Zu Beginn der Borowski-Tatorte wurde dem eigenbrötlerischen Kommissar, der Telefonanrufe immer mit „Ich höre“ beantwortet, die Psychologin Frieda Jung (Maren Eggert) zur Seite gestellt. Von 2011 bis 2017 bekam er mit Sarah Brandt eine nicht nur wegen ihrer Epilepsie-Erkrankung bemerkenswerte Assistentin, die insbesondere mit ihren IT-Fähigkeiten zu beeindrucken wusste. Man darf gespannt sein, wie  sich die neue Assistentin Mila Sahin neben der starken Figur des außergewöhnlichen Ermittlers positionieren wird. Der Auftakt war jedenfalls nicht schlecht. /sis

Nichts als trübe Kloßbrühe

Nichts als trübe Kloßbrühe
Der Tatort aus Weimar: Die robuste Roswita – aus Sicht eines Tatort-Fans

ARD/MDR Tatort “Die robuste Roswita”: Die Kommissare Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) beauftragen Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) mit einem DNA-Abgleich. Foto: MDR/Wiedemann und Berg/Anke Neugebauer

Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich auch beim inzwischen siebten Tatort aus Weimar „Die robuste Roswita“ nicht um einen spannenden Krimi, sondern wieder einmal nur um derben Klamauk. Witzig soll es sein mit den Kommissaren Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen), den absoluten Nuschelkönigen unter den Tatortkommissaren. Kommissarin Dorn ist die Lässigkeit in Person, und darum ist es auch nicht weiter schlimm, wenn sie – und mit ihr alle Zuschauer – den Vornamen ihres Besserwisser-Ehemannes noch immer nicht kennt. Außerdem sieht sie unter ihrem aufgebauschten Parka aus, als wäre sie schon wieder schwanger. Vielleicht gab es ja deswegen absolut keine Neuigkeiten aus dem Eheleben von Dorn und Lessing und das ist doch an sich äußerst verdächtig!

Aber wie gesagt, es ging hier nicht um Nerven kitzelnde Krimispannung, sondern um ein weiteres Schelmenstück aus Weimar, gedacht einzig und allein als Plattform für die vermeintlich geistreich-humorigen Dialoge, die der Zuschauer aber wegen der extrem nachlässigen Aussprache der beiden Hauptdarsteller zum größten Teil schon rein akustisch nicht verstand.

Nach der Wurst kreiste die Geschichte nun um Thüringer Klöße in idyllischer Dorfumgebung mit Kartoffelacker und Supermarkt. Dem interessierten Zuschauer wurden zwei eigenwillige Pärchen präsentiert, beide hochgradig verdächtig, den Kloßfabrikchef Hassenzahl ermordet und zu Granulat verarbeitet zu haben: Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) und die Supermarkt-Chefeinkäuferin Marion Kretschmar (Anne Schäfer) sowie die im wahrsten Wortsinn „auf den Kopf gefallene“ und bis dato verschwundene Ehefrau des Kloßfabrikbesitzers Roswita Hassenzahl (Milena Dreissig) mit ihrem umtriebigen Lebensgefährten Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff), einem Fachmann für Toiletten und alles Unappetitliche was damit zusammenhängt – wovon er genüsslich die ein oder andere Kostprobe gab! Dazu gesellte sich eine unfreiwillige Paarung aus Kommissariatsleiter Kurt Stich (Thorsten Merten) mit seinem extrem schlechten Gewissen gegenüber seinem Verhöropfer Cordula Remda-Teichel (Christina Große), einer leitenden Kloßfabrikmitarbeiterin und zugleich Geliebte des ermordeten Chefs. Und dann war da natürlich noch das in jeder Hinsicht abgebrühte Ermittlerehepaar Dorn und Lessing, die wieder nichts aus der Ruhe bringen konnte und die auch angesichts dreier Toter nicht die geringste menschliche Regung zeigten. Alles schien für die beiden nur ein großer Spaß zu sein und die Ermittlungen allenfalls ihrer persönlichen Erheiterung zu dienen. Und so ließen sie wieder ununterbrochen uralte Sprüche ab, über die schon Opa und Oma nicht mehr gelacht haben (“333 bei Issos große Keilerei” – um nur eine der alten Zoten zu nennen, die in diesem Tatort aus der Mottenkiste der Kalauer hervorgekramt wurden). Dabei war die Story aus der Feder des bekannten Thrillerautors Andreas Pflüger und Murmel Clausen an sich ausgesprochen fantasievoll und durchaus als spannender Tatort geeignet. Das hätte ein fesselnden Krimi werden können, die morbiden Grundlagen waren da! Schade, dass die Verantwortlichen daraus nur eine allenfalls mäßige Sonntagabendunterhaltung gemacht haben. Tschirner/Ulmen-Fans mag das gefallen, der Tatort-Fan erwartet eindeutig mehr: mehr Niveau, mehr authentisches Schauspiel und vor allen Dingen Spannung, davon lebt ein Krimi nämlich. Ob „Die fette Hoppe“, „Der irre Iwan“ oder jetzt eben „Die robuste Roswita“, bisher war keine Folge aus Weimar den Titel „Tatort“ wert.

Und noch eine dringende Bitte aller ernsthaften Tatort-Fans: Bevor die Macher Nora Tschirner und Christian Ulmen das nächste Mal auf die Zuschauer los lassen, sollten man den beiden einen Sprechkurs verpassen, damit sie endlich so reden, dass man sie auch verstehen kann! /sis

 

Kommissar Selig ist zurück

Kommissar Selig ist zurück

Da ist er endlich, der dritte Kriminalroman mit Kommissar Paul Selig aus der Feder des bekannten deutschen Drehbuchautors Markus Stromiedel. Wie schon in den beiden Vorgängerbänden “Zwillingsspiel” und “Feuertaufe” bezieht Selig zwar auch in “Nachtfrost” wieder ordentlich Prügel, ist diesmal aber nur indirekt in die eigentliche Geschichte involviert. Er wird weder verdächtigt noch verfolgt, sondern findet endlich die Anerkennung, die ein Ermittler seiner Güte verdient und das ist richtig angenehm nicht nur für die Leser. Auch seine Kollegen, die hübsche Maria und der noch immer arbeitsscheue Wagner, freuen sich über die Bewunderung für ihren Chef, die diesmal sogar von ganz oben kommt.

Die Geschichte spielt im Cyberspionage-Milieu und wie die ersten beiden Bände wieder im Zentrum der Macht in Berlin. Ein IT-Unternehmer will im Auftrag einer Großmacht in das Computersystem der Bundesregierung eindringen. Paul Seligs Sohn Tobias und dessen Freunde wissen das Schlimmste zu verhindern. Eingewoben ist die durchaus dramatische Geschichte in die jüngste Vergangenheit der Bundesrepublik, es geht um die Stasi und was sie den Menschen in der ehemaligen DDR angetan hat, es geht um die Wut der Opfer, die bis in die Gegenwart reicht.

Immer wenn der Autor sich an seine „Drehbuchautoren“-Erfahrung hält, ist das Buch spannend und kurzweilig geschrieben. Allerdings versucht er sich an einigen Stellen als Poet, die dann doch zu langatmig geraten. Genauso wie die letzten 50 Seiten nicht wirklich mehr etwas zur Geschichte beitragen. Stromiedels Schwäche ist und bleibt das Ende, wie schon in „Die Kuppel“. Er meint noch so viele Erklärungen nachliefern zu müssen, die er aber getrost der Fantasie seiner Leser überlassen könnte.

Abgesehen davon ist Stromiedel mit „Nachtfrost“ aber wieder ein überaus unterhaltsamer Krimi gelungen, den man nicht aus der Hand legen mag – das größte Kompliment, das man einem Buch und damit seinem Autor machen kann. /sis

Bibliographische Angaben
Markus Stromiedel: Nachtfrost
Taschenbuch, Knaur TB, 2018, 416 Seiten
ISBN: 978-3-426-52067-3

Polizeiruf 110 – Spannender Politthriller

Polizeiruf 110 – Spannender Politthriller

Hauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) und Peter Röhl (Joachim Król) vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz. (Foto: BR/X Filme Creative Pool Entertainment GmbH/Hagen Keller)

Sonntagabend, Viertel nach acht, Krimizeit. Nach dem eher experimentellen Tatort aus Luzern und einer Woche Unterbrechung stand diesmal ein Polizeiruf 110 auf dem Programm, aus München mit Kommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt). Die Vorankündigung im SWR las sich schon fast entschuldigend: „Schon wieder Nazis“ hieß es dort, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass sich anschauen trotzdem lohnen könnte. Und in der Tat, der Polizeiruf mit dem Titel „Das Gespenst der Freiheit“ war zwar wieder kein klassischer Krimi, wohl aber ein überaus spannender Politthriller. Im Kern ging es nämlich nicht um eine besonders gewalttätige Nazikameradschaft, sondern vielmehr um die Machenschaften des Verfassungsschutzes, der – hoffentlich nur in der Fantasie der Drehbuchautoren – junge Menschen aus der jeweils gefragten Szene mit erpresserischen Methoden als V-Mann gewinnt und sie dann, wenn sie keine weiteren Informationen mehr liefern können, ihrem tödlichen Schicksal als Verräter überlässt. Der Kampf Verfassungsschutz gegen Polizei ging selbstverständlich zu Null für den Verfassungsschutz aus. Wenn der ins Spiel kommt, haben anderen Behörden wohl auch in der Realität nicht mehr viel zu melden.

Kommissar von Meuffels hatte aber ohnehin nicht wirklich etwas zu ermitteln. Die Täter aus eben der brutalen Nazikameradschaft waren am Tatort verhaftet worden. Von Meuffels brauchte nur darauf zu warten, dass der Schwächste aus der Gruppe, der Halbiraner Farim Kuban (Jasper Engelhardt), zugibt, dass die Vier das Opfer muslimischer Herkunft totgeprügelt haben. Während von Meuffels es mit der Aussicht auf ein Zeugenschutzprogramm probiert, setzt der Verfassungsschützer Peter Röhl, dargestellt von einem herausragenden Joachim Król, Farim unter Druck. Er soll als V-Mann Fotos über die Mitglieder und Informationen über die Pläne der Gruppe besorgen. Röhl geht sogar so weit, den aggressiven Schlägern eine Schusswaffe samt Munition zu besorgen, die Farim am Ende zum Verhängnis wird, seine „Kameraden“ richten ihn hin.

Dass es sich bei dieser Geschichte um reine Fiktion und nicht etwa die raue Wirklichkeit handelte, machten die Bilder deutlich: Ein äußerst zurückhaltender Hanns von Meuffels rauchend im Präsidium, im Café, auf der Straße und mit ihm unzählige weitere Menschen, die fortgesetzt genüsslich an ihrem Glimmstängel zogen – mitten in München, also in Bayern! Niemals!

Hunde müssen Hund sein dürfen

Hunde müssen Hund sein dürfen

Huskys sind noch mehr als andere Rassen instinktgesteuert. Sie können nicht acht Stunden am Tag in einer kleinen Wohnung unterm Dach alleine darauf warten, dass ihre Besitzer nach Hause kommen. Das grenzt an Tierquälerei!

Ein Hund zieht ein. Welches Körbchen ist das Beste, passt idealerweise auch noch zur Einrichtung und nimmt nicht zu viel Platz weg? Vielleicht mit orthopädischer Matratze? Wie ist es mit den Futternäpfen, Blech oder Porzellan, auf dem Fußboden stehend? Nein, natürlich nicht! Nur mit in der Höhe verstellbarem Ständer, keine Frage! Und das Halsband? Schick sind sie ja schon, die breiten Lederbänder mit Strass oder Goldapplikation! Rollleine oder doch lieber die aus Leder? Trockenfutter, Dose oder doch besser selbst gekocht oder gar nur rohes Fleisch? Wer von solchen Vorbereitungen für den Einzug eines Hundes hört, kann nur mit dem Kopf schütteln. Alles wird mit in die Überlegungen einbezogen, nur der Hund nicht. Und so kommt es vor, dass ein Husky-Rüde im besten Alter zwar in übergroßem Luxus, sehr wohl aber acht Stunden am Tag alleine eingesperrt und permanent jaulend in einer 3-Zimmer-Wohnung unterm Dach ausharren muss, der Dobermann unter ähnlichen Bedingungen zum kreativen Innenarchitekten mutiert, der Rottweiler Löcher in Wände und Türen frisst und der Pekinese die Nachbarn mit seinem ununterbrochenen Gebell in quietschiger Tonlage direkt in den Wahnsinn treibt. Zweimal die Woche müssen diese sogenannten besten Freunde des Menschen obendrein zum Erziehungskurs in die Hundeschule und dort werden von ihnen stundenlang Handlungen verlangt, die ihnen völlig wesensfremd sind: Sitz, Platz, Bleib, Fuß – und das natürlich mit allerlei Artgenossen im Gleichschritt. Von alleine käme kein Hund auf die Idee, solche Befehle auszuführen oder gar den Artgenossen, der keinen Meter entfernt auch gerade Sitz oder Bleib probt, einfach nur zu ignorieren! Das ist völlig gegen ihre Natur, genauso wie Dog Dancing oder Flyball oder was es sonst noch alles an Beschäftigungstherapie für den modernen Hund gibt. Überhaupt ist das ständige Beschäftigt werden wirklich so gut für den Hund, wie moderne Hundetrainer – für die es nach wie vor keine verbindliche Ausbildung gibt – behaupten? Langweilt sich der Hund wirklich, wenn er von uns nicht rund um die Uhr bespaßt wird?

Natürlich näherte sich der Hund dem Menschen – man schätzt vor etwa 10.000 Jahren – von alleine an. Niemand hat ihn dazu gezwungen. Er hat nur schnell erkannt, dass es bei den Zweibeinern gar nicht so übel ist: Regelmäßig Futter und ein Plätzchen im Warmen, wenn es draußen kalt ist, das hat doch was! Er dankte es dem Menschen, indem er wichtige Aufgaben übernahm: Herde hüten, bei der Jagd helfen, Kaninchen aus ihren Bauten treiben, Haus und Hof beschützen. Dazu brauchte es selbstbewusste Hunde, die allein entscheiden konnten und das auch taten. Dafür gab es Futter und ansonsten ließ man sie ganz einfach Hund sein. Erst seit wenigen Jahren wird der Hund immer mehr zur Marionette, zu einer Puppe, die mitunter sogar in vermeintlich niedliche Kleidung gestopft wird, zum Kindersatz, der viel zu viel von unserem ungesunden Essen bekommt, dick und rund und letztlich krank wird, oder zu dem Kind oder Partner erzogen wird, den man so gerne hätte: ein zu einhundert Prozent gehorsamer, einfach perfekter Begleiter. Seine einzige Aufgabe besteht darin, unsere Mitmenschen von seinen oder besser unseren Qualitäten zu überzeugen: Seht her, was ich für ein toller Typ bin. Mein Hund macht was ich will und zwar nur wann ich es will! Toll, oder?

Sicher gibt es gewisse Voraussetzungen für das Zusammenleben von Mensch und Hund in der heutigen Zeit. Aber übertreiben es die Menschen nicht längst mit ihren Forderungen? Warum dürfen unsere Hunde nicht einfach mal wieder Hund sein! Warum soll ein Hund nicht bellen, wenn Fremde an die Tür kommen? Das war einst sein Job! Warum sollen sich Hunde, die sich nicht mögen, nicht auch mal fetzen? Wir Menschen tun das – zumindest verbal – ja auch jeden Tag! Warum darf ein Hund uns nicht mit gefletschten Zähnen klar machen, dass wir gefälligst seinen Knochen in Ruhe zu lassen haben? Wie würden wir wohl reagieren, wenn uns jemand das Brot aus dem Mund klaut? Und warum soll ein Hund fremde Menschen nicht anknurren, die sich vor ihm aufbauen, ihm mehr oder mindert zärtlich über dem Kopf streicheln und ihm „Guter“ direkt in seinen empfindlichen Gehörgang schreien? Was würden wir wohl tun, wenn wir durch die Stadt spazieren und es kommt ein fremder Mensch auf uns zu, streicht uns über dem Kopf und brüllt so laut er kann: „Ja du bist ja ein Guter!“ /sis

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Intervallfasten – gut, aber keine Wunderwaffe

Intervallfasten – gut, aber keine Wunderwaffe

Intervallfasten ist ein Schlagwort unserer Zeit. Einem Jungbrunnen gleich werden dieser Ernährungsmethode geradezu magische Kräfte zugeschrieben. Von grandiosen Gewichtsabnahmen ist die Rede, von verjüngter Haut bis hin zu mehr Bewegungsfreude, auch bei nicht mehr ganz so jungen Menschen. Auf unzähligen Seiten im Netz wird von echten, aber leider auch vielen selbsternannten Ernährungs- und Gesundheitsexperten von der großartigen Wirkung des Intervallfastens geschwärmt. Was ist dran an der Wunderwaffe Intervallfasten? Hält die Methode was sie verspricht?

Ein Selbstversuch über acht Monate mit der 16:8-Methode, also 16 Stunden fasten, acht Stunden essen, spricht in der Tat für das Intervallfasten. In den 16 Fastenstunden werden keine Kalorien aufgenommen, es gibt nur Wasser oder Tee und am Morgen eine Tasse Kaffee, aber ohne Zucker und Milch selbstverständlich. Mit den anderen Intervallen, beispielsweise zwei Tage fasten bei maximal 500 Kalorien, fünf Tage essen was man will, liegen keine eigenen Erfahrungen vor, sie werden deshalb hier nicht berücksichtigt. Man kann aber anhand der Berichte davon ausgehen, dass sich bei ihnen kaum andere Wirkungen zeigen. Bei der 16:8-Methode jedenfalls nimmt man tatsächlich ab, allerdings in winzig kleinen Schritten, dafür aber stetig, Gramm für Gramm. Aber leider nicht durch das Intervallfasten alleine. Vielmehr muss man in den acht Essensstunden sehr wohl darauf achten, was und vor allen Dingen wieviel man isst. Denn auch hier gilt ganz klar, wer mehr „Energie“ zu sich nimmt, als er verbraucht, hat ein Problem, da hilft auch Intervallfasten nicht. Auch die so hoch gelobte „Flexibilität des Zeitrahmens“ hat ihre Tücken. Es ist nämlich nicht wirklich egal, ob man heute von 20 bis 12 Uhr und am nächsten Tag von 18 bis 10 Uhr fastet. Denn: Der innere Schweinehund muss jeden Tag aufs Neue überwunden werden, wenn man sich nicht an die einmal festgelegte Zeitspanne hält. Nach dem Motto „Kein Problem, esse ich morgen eben später“ geht es nur mit sehr viel mehr Disziplin, als wenn man stur jeden Tag die gleichen Zeiten beibehält und zwar tatsächlich auf die Minute genau. Gegessen wird um 12, nicht 5 Minuten und auch nicht zwei Minuten vorher, punkt 12, fertig! Wer das nicht schafft, tut sich mit wechselnden Zeiten vermutlich noch viel schwerer. Natürlich kann man auch einmal den festgelegten Zeitrahmen verschieben, etwa bei Festen, Einladungen und sonstigen wichtigen Ereignissen. Nur sollte man das lieber nicht zu häufig tun. Die Versuchung wird sonst jeden Tag größer und die Ausnahme dann rasch zur Regel.

Kommen wir zum Positiven am Intervallfasten, natürlich ohne auf die wissenschaftlich noch nicht nachgewiesenen Auswirkungen auf allerlei schwere Krankheiten einzugehen. Das kann ohnehin niemals Thema eines Selbstversuches sein. Wer krank ist, geht zum Arzt und nicht ins Internet! Auch wenn man allein durch das zeitlich begrenzte tägliche Fasten kein Gramm an Gewicht verliert, sind die körperlichen und psychischen Auswirkungen dennoch beachtlich. Zu diesen kleinen aber sehr angenehmen Veränderungen zählt beispielsweise eine Regulierung des gesamten Verdauungssystems mit allen damit in Zusammenhang stehenden positiven Einflüssen auf das körperliche Wohlbefinden. Man fühlt sich insgesamt fitter, lebendiger und eine gehörige Portion mobiler. Und selbstverständlich wird die Nahrungsaufnahme bewusster. Man stopft nicht mehr achtlos irgendetwas in sich hinein. Und man freut sich auf die erste Mahlzeit nach der Fastenperiode, wählt das, was man isst mit sehr viel Bedacht und genießt es wie ein Fünf-Sterne-Menü, auch wenn es sich nur um einen ganz profanen Teller Linsensuppe handelt.

Gerade für ältere Menschen kann Intervallfasten – so es der Arzt erlaubt – tatsächlich zum ersehnten Jungbrunnen werden. Nein, die Falten und grauen Haare verschwinden nicht, aber man hat wieder mehr Energie und damit das Bedürfnis etwas zu tun. Auch Dinge, die einem in letzter Zeit vielleicht zu beschwerlich waren oder zu denen man keine Lust mehr hatte. Und ehrlich gesagt, wenn nur die Hälfte dessen zutrifft, was dem Intervallfasten nachgesagt wird, dann ist es auf jeden Fall einen Versuch wert! /sis

Interview mit Molekularbiologe Slaven Stekovic: “Intervallfasten befreit die Zellen von molekularem Schrott

Recht muss Recht bleiben

Recht muss Recht bleiben

Meine Meinung – von Sibylle Schwertner

Im Zuge der missglückten Abschiebung des mutmaßlichen Gefährders Sami A. ist eine heftige Diskussion entbrannt, ob Richter sich an das vorliegende Gesetz halten müssen oder doch – wie es der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster gefordert hat – ihre Entscheidungen dem “Rechtsempfinden der Bevölkerung” anpassen sollten.

Zwei Meinungen scheinen sich unversöhnlich gegenüber zu stehen: Zum einen wird die Auffassung vertreten, das Urteil sei schlicht ein Skandal und man lästert mehr oder minder deftig über „unsere Bananenrepublik“. Zum anderen gibt es jene, die das Urteil wenn auch zähneknirschend akzeptieren und darauf verweisen, dass richterliche Entscheidungen auf keinen Fall dem Rechtsempfinden von irgendwem angepasst werden dürfen. Und es gibt wie immer die Besserwisser, die einfach meinen, man müsse das Gesetz ändern – und zwar so lange bis es passt!

In dem in Rede stehenden Beschluss des OVG Münster, mit dem lediglich über den Beschwerdeantrag der Stadt Bochum und nicht die Abschiebung von Sami A. entschieden wurde, geht es nicht nur um die Rückholung des nach Tunesien abgeschobenen Gefährders, sondern nicht zuletzt auch um das indiskutable Verhalten einer Behörde im Umgang mit der Justiz. Die Diskussion über die Anpassung an das “Rechtsempfinden der Bevölkerung” zielt also in diesem Zusammenhang in die völlig falsche Richtung! Das “Rechtsempfinden der Bevölkerung” wäre im Gegenteil sogar ganz erheblich gestört worden, wenn das Gericht dieses Fehlverhalten nachträglich wie auch immer gebilligt hätte. Denn auch eine Behörde kann nicht machen was sie will! 

Recht muss Recht bleiben. Was passiert, wenn Recht und Gesetz nach Gutdünken ausgelegt, umgangen oder gar ausgesetzt werden, haben viel zu viele Menschen rund um den Globus auch in jüngster Zeit wieder bitter erfahren müssen. Und in Deutschland vertiefen die permanenten Diskussionen, gerade wenn es um das sensible Thema Abschiebung geht, den bereits vorhandenen Riss in der Gesellschaft. Darum sollten wenigstens die Entscheidungen unserer Gerichte von der “Bevölkerung”, die in juristischen Belangen doch überwiegend nur über rudimentäres Wissen verfügt, auch erst einmal ohne Wenn und Aber anerkannt werden. Wir alle können nämlich sicher sein, es finden sich rasch genügend Rechtskundige, die, besteht auch nur der Hauch eines Zweifels, garantiert dafür sorgen, dass Recht und Gesetz am Ende “obsiegen” – wie es in Juristendeutsch so schön heißt.

Probleme benennen, statt sie schönzureden

Probleme benennen, statt sie schönzureden
Rezension Christian Ude: Die Alternative oder: Macht endlich Politik!

Das Gespenst der „Alternativlosigkeit“ geht um in Deutschland und das nicht zum ersten Mal. In den 1960er Jahren gab es schon einmal einen Bundeskanzler, der als alternativlos galt: Konrad Adenauer. Einer, der es wissen muss und die Zeit aus eigener politischer Erfahrung gut kennt, ist der ehemalige Oberbürgermeister von München Christian Ude – seit über 50 Jahren SPD-Mitglied und heute als „Ruheständler“ geradezu prädestiniert, um den „Herrschenden“ den Marsch zu blasen. Das tut er in seinem im März 2017 erschienenen Buch „Die Alternative oder: Macht endlich Politik“. Allein schon der Titel führt zu zustimmendem Kopfnicken in allen Teilen der Bevölkerung. Nie war der aus der vermeintlichen Alternativlosigkeit resultierende Stillstand so schmerzhaft spürbar wie gerade heute in einer international und national unruhigen Zeit. Christian Ude findet deutliche Worte für Probleme der jüngsten Vergangenheit und spart nicht mit Kritik auch an der SPD, die sich gerade den Opfern ihrer eigenen Politik eng verbunden fühlt und nach Gerechtigkeit lechzt. Flüchtlingskrise, Griechenlandkrise, EU und Türkei, keinen Aspekt lässt Ude aus und er zeigt Alternativen auf. Alternativen, die auch die Regierenden durchaus hätten finden können, wenn sie denn den Mut gehabt hätten, die Probleme klar zu benennen, statt sie schönzureden oder gar totzuschweigen.

Mit der Weisheit der Erfahrung ruft Christian Ude dazu auf, nicht in Frust und Ratlosigkeit zu versinken, sondern Politik zu machen, geht es doch um nichts geringeres als unsere Zukunft. Er rät dazu, das Grundgesetz mit allen Grundrechten und die Rechtsstaatlichkeit als Basis zu wahren und zu verteidigen. Ein “weiter so wie bisher” mit Diätenerhöhungen, Nebenverdiensten und gebrochenen Wahlversprechen, mit Spendenskandalen, Versorgungsprivilegien und Aufblähen des politischen Apparats dürfe es nicht geben. Mit Blick auf das Erstarken der Rechten spricht Ude von einer Bewährungszeit, die die etablierten Parteien erhalten hätten. Jetzt gehe es darum, die Menschen wirklich ernst zu nehmen. Deregulierungswahn, Privatisierung als vorhersehbares Risiko für die Entfesselung der Finanzindustrie und viele Fehlprognosen hätten das Vertrauen der Wähler gekosten. Es sei an der Zeit vom hohen Ross der Allwissenheit herunterzusteigen, um Vertrauen und Kompetenzzuweisung zurückzuerlangen. Moralische Selbsterhöhung jedenfalls sei der falsche Weg.

Insbesondere fehlende Grundsatzdebatten als Folge der Alternativlosigkeit prangert Ude an und erinnert an den Schlagabtausch zwischen Willy Brandt und Franz-Josef Strauß. „Da war das Parlament noch die Bühne der Nation“, schwärmt Ude und wünscht sich genau diesen Austragungsort politischer Kontroversen zurück. Er will politische Themen nicht länger nur in den Talkshows platt gewalzt sehen. „Statt in Selbstzufriedenheit zu baden, sich moralisch überlegen zu fühlen oder die Lage mit grandiosen Verheißungen schönzureden, sollten alle politisch Verantwortlichen die zentralen Probleme wirklich benennen“, fordert Ude. Echte Alternativen aufzuzeigen sei das Gebot der Stunde, „damit der Bürger wieder ein Wahlrecht hat – zwischen verschiedenen Richtungen und nicht nur zwischen den verschiedenen Logos, Slogans oder Gesichtern.“ Vor einer wichtigen Entscheidung müsse wieder politische Öffentlichkeit hergestellt werden, damit der Bürger nicht nur Fertigprodukte „der EU-Erweiterung, der Bundeswehreinsätze, der Bankenrettung, der Milliardenhilfe oder internationaler Sanktionen in den Medien serviert“ bekomme, sondern solche Aktionen als Ergebnis eines öffentlichen Diskurses erlebe. Und er ruft dazu auf, zu differenzieren, um nicht in „Schwarz-Weiß-Klischees mit zunehmendem Giftgehalt und Hasseffekten“ zu verfallen.

Mein Fazit: Eine lesenswerte Zusammenfassung der derzeitigen Lage in und um Deutschland mit zahlreichen  Denkanstößen und nicht zuletzt einem eindringlichen Appell an den „Souverän“ – das Volk – nicht nur auf Besserung zu warten, sondern sich wieder einzumischen, denn was er als Politik bekommt, ist das, was er sich ausgesucht hat! /sis

Bibliographische Angaben:
Christian Ude: Die Alternative oder: Macht endlich Politik
Albrecht Knaus Verlag, 2017, 240 Seiten
ISBN 978-3813507744

Ein Filmkunstwerk vielleicht, aber gewiss kein Tatort!

Ein Filmkunstwerk vielleicht, aber gewiss kein Tatort!
Besprechung des Tatorts aus Luzern: Die Musik stirbt zuletzt

ARD Tatort: Die Musik stirbt zuletzt: Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) ermitteln im Kultur- und Kongresszentrum Luzern. (Foto: ARD Egeto/SRF/Hugofilm)

Die Kritik überschlägt sich mit Superlativen für den ersten Tatort nach der Sommerpause 2018 aus der Schweiz mit dem Titel „Die Musik stirbt zuletzt“. Grund der Euphorie: Der Film wurde in einem „Take“ gedreht, ohne Schnitt, quasi wie ein Theaterstück. In der Tat handelt es sich hier um ein echtes Filmkunstwerk, das Regisseur Dani Levy und insbesondere seinem Kameramann Filip Zumbrunn gelungen ist. Aber war es auch ein guter Tatort?

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und vielen Menschen wird ganz einfach schlecht, wenn sich vor ihren Augen über lange Zeit ohne Pause alles hin- und herbewegt. Ohne Schnitt bleibt die Kamera eben immer in Bewegung, hetzt hinter den Schauspielern und Statisten her, von denen deshalb auch über den größten Teil des Films nur die Rücken zu sehen sind – mit der Folge, dass für den Zuschauer Dialoge schwer zu verstehen waren und das analog fehlende Mienenspiel keine Stimmungen übermittelte. Dabei war die Story gar nicht schlecht und hätte mit einem professionellen Schnitt gewiss einen spannenden Tatort ergeben: Bei einem von dem reichen Schweizer Walter Loving (Hans Hollmann) organisierten Benefizkonzert wollen die Geschwister Pianistin Miriam Goldstein (Teresa Harder) und Klarinettist Vincent Goldstein (Patrick Elias) Lovings Vergangenheit als sogenannter Intermediär vor dem Publikum ausbreiten. Loving hat während der NS-Zeit jüdischen Familien gegen viel Geld die Flucht ermöglicht, was aber nicht in jedem Fall gelang, wie bei der Mutter der Goldstein-Geschwister. Ob sie sich selbst umgebracht hat oder ermordet wurde, bleibt genauso offen, wie manch anderer Aspekt der Geschichte. Vincent Goldstein jedenfalls wird zu Beginn des Konzertes vergiftet. Und das ruft endlich die Luzerner Ermittler Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) auf den Plan. Da es keinen Szenenwechsel gibt, greifen die Ermittler zwangsläufig nicht ins Geschehen ein, laufen vielmehr hin und wieder durchs Bild und versorgen den Zuschauer bei der Gelegenheit mit gewonnenen Erkenntnissen. Was man sonst noch wissen muss, übermittelt ein ominöser Erzähler (Andri Schenardi), der quasi immer dann den Führer spielt, wenn Szenen sich eben doch nicht so nahtlos von einer in die nächste fügen wollen. Und um dieser düsteren Gestalt im filmischen Geschehen eine Daseinsberechtigung einzuräumen, entpuppt sie sich als Sohn des reichen Loving, der sowohl den Klarinettisten als auch seine Stiefmutter in spe, zugleich seine Geliebte, und zu guter Letzt auch noch seinen Vater und sich selbst vergiftet. Ritschard im schicken Abendkleid und Flückiger im Fußballdress waren da genauso überflüssig wie das Heer an Statisten, das den Konzertsaal des zugegeben imposanten Drehorts – das Kultur- und Kongresszentrum Luzern – bevölkerte. Und auch vom eigens engagierten Jewish Chamber Orchestra Munich war nicht viel zu hören. Die einzig tröstliche Erkenntnis des Abends: Die Musik stirbt zum Glück nie, egal was Drehbuchautoren und Regisseure sich auch einfallen lassen! /sis

 

Nicht Problemlösung steht im Mittelpunkt, sondern Imagepflege

Nicht Problemlösung steht im Mittelpunkt, sondern Imagepflege
Die etwas andere Rezension von Robin Alexanders Buch „Die Getriebenen“

Es ist schon eine Weile her, dass das Buch von Welt-Journalist Robin Alexander die Schlagzeilen beherrschte. Ganz unterschiedliche Rezensionen erschienen im Nachgang, die einen lobten die journalistisch saubere Berichterstattung über die Ereignisse rund um die Flüchtlingskrise, die anderen kritisierten die angeblich unverhohlene Wut des Autors auf die Kanzlerin. Grund genug, das Buch selbst zu lesen.

Wie erwartet handelt es sich um eine minutiöse Auflistungen der Ereignisse von September 2015 bis zum Abschluss des sogenannten Türkei-Deals im März 2016, sachlich wie eine wissenschaftliche Analyse und doch hochspannend wie ein Politthriller, der auch vor den menschlichen Eitelkeiten der Großen und Mächtigen dieser Welt nicht Halt macht. Kern der Geschichte ist Bundeskanzlerin Angela Merkels Grenzöffnung im Alleingang im September 2015 und ihre anschließende Behauptung, man könne heutzutage eine Grenze nicht mehr schließen. Um diese Behauptung zu stützen und gegen die Bemühungen des damaligen österreichischen Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres, Sebastian Kurz, die Balkanroute und damit die Grenze zu Mazedonien eben doch schließen zu können, zu verteidigen, ging Merkel sogar den berühmten Pakt mit der Türkei in einer Nacht- und Nebelaktion ein, wiederum unter Ausschluss sämtlicher parlamentarischer Gepflogenheiten. Wie sehr sie mit ihrer Argumentation den deutschen Sicherheitsbehörden vor den Kopf gestoßen hat, wie sie sich von den damaligen Akteuren, Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, Sebastian Kurz und dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu, hat vorführen lassen, wie parteiintern um sie und ihre ambivalenten Vorstellungen auch mit dem Vorsitzenden der Schwesterpartei gerungen wurde, das erzählt Robin Alexander bis ins Detail. Da der Autor ein renommierter Journalist ist, kann per se davon ausgegangen werden, dass die Fakten akribisch recherchiert wurden und schlicht den Tatsachen entsprechen. Schließlich kommt auch Medienschelte nicht zu kurz, war es doch die vereinigte Presse, die den Einzug tausender Flüchtlinge unisono bejubelt und sie nicht nur als Rettung vor der deutschen Überalterung gepriesen hatte. Sie lieferten fast ausschließlich rührende Bilder von Familien mit niedlichen kleinen Kindern und verschwiegen, dass überwiegend nur junge Männer gekommen waren, die wenigsten davon so gebildet, wie es sich die deutschen Konzernlenker gerne öffentlich erträumten.

Von Wut ist auf den knapp 300 Seiten aber dennoch nichts zu spüren, Sachlichkeit herrscht vor in den Beschreibungen des Politalltags, der offenbar weniger davon geprägt wird, was gut für das Land, sondern wohl eher für das Image des jeweiligen Politikers ist. Im Vordergrund steht dabei die Frage, welche Bilder könnten bei öffentlichen Auftritten entstehen und wie wirken sie auf den Betrachter? Und es geht um die Deutungshoheit, da ist jeder Politiker penibel darauf bedacht, keinen Millimeter Meinungsraum preiszugeben.

Mein Fazit: Jeder sollte das Buch selbst lesen, der in Sachen „Flüchtlingskrise“ mitreden möchte, denn die Hintergründe, die uns 2015 und 2016 bewusst verschwiegen wurden, wissen selbst den gut informierten Bürger noch zu überraschen. /sis

Bibliographische Angaben:
Robin Alexander: Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik: Report aus dem Innern der Macht,
Siedler Verlag 2017, 288 Seiten, ISBN 978-3-8275-0093-9

Overtourism? – Ein Hauch von Ahnung!

Overtourism? – Ein Hauch von Ahnung!

Hektik am Hamburger Hauptbahnhof.

Samstagmittag in den Sommerferien am Hamburger Hauptbahnhof. Ein Meer von Menschen rauscht durch die riesige Halle, hetzt zum Wechseln der Gleise die Treppen nach oben und unten. Auf den Gleisen verfehlen Rucksäcke um Haaresbreite die Köpfe Wartender, dafür krachen Rollkoffer ungebremst in die Fersen der nebenstehenden Mitreisenden. Hektik. Wo muss man hin, von welchem Gleis fährt der Zug? Die Durchsagen gehen unter im Getöse der ein- und ausfahrenden Züge, im von der hohen Decke widerhallenden Stimmengewirr babylonischen Ausmaßes. Richtig verstanden? Das Abfahrtgleis wurde geändert? Fragezeichen in den Gesichtern der Umstehenden. Einer kann die Aufmerksamkeit eines uniformierten Bahnmitarbeiters erzwingen. Der winkt ab, weiß von nichts. Dann ruft jemand aus der Tiefe der Menge: Falsches Gleis! Alle rennen los, wieder kommen Rucksäcke und Rollkoffer gefährlich nahe. Und dann bringt einer zum Ausdruck, was alle denken: Nie wieder in den Ferien am Wochenende verreisen! Umsteigen in der Ferienzeit an einem wirklich chaotischen Bahnhof wie in Hamburg gibt einem aber auch einen Hauch von Ahnung, was Massentourismus bedeutet, für die Reisenden und die Einheimischen.

 

Sehenswürdigkeiten nur noch aus der zweiten Reihe.

Die Bilder kennt inzwischen jeder: Sehenswürdigkeiten, an die man nicht mehr herankommt, Gänsemarsch auf den Straßen, Strände, an denen die Gäste wie Ölsardinen aufgereiht liegen – „Overtourism“ ist seit einiger Zeit in aller Munde. Die Reisebranche spielt die damit einhergehenden Probleme gerne herunter, bietet die ein oder andere Verlegenheitslösung, aber Abhilfe schaffen will sie nicht wirklich. Schließlich brachten die 1,32 Milliarden (!) Touristen, die 2017 die Hotspots dieser Welt besuchten, ein sattes Umsatzplus. Dabei sind es nicht nur die regulären Ferienzeiten, die für Massenandrang sorgen, sondern Billig-Flieger bringen die Touristenflut inzwischen an jedem freien Tag im Jahr nach Venedig, Amsterdam oder Barcelona. Und in Dubrovnik sind 12.000 Passagiere von Kreuzfahrtschiffen gleichzeitig auf Landgang. Die Folge: Venedig (30 Millionen Besucher im Jahr) sperrt die Sehenswürdigkeiten ab und lässt nur noch eine bestimmte Menge Menschen zur selben Zeit auf Rialto-Brücke oder Markusplatz. Amsterdam (20 Millionen Besucher im Jahr) lässt nur noch Gäste mit Städteführer an die Grachten. Gleichzeitig greift man hart durch bei der Vermietungserlaubnis von Privatwohnungen, sie wird drastisch eingeschränkt. Ähnlich versucht sich Barcelona (17 Millionen Besucher pro Jahr) gegen die Touristenschwemme zu wehren. Und sie müssen sich wehren, nicht nur gegen volle Straßen und Plätze: Die Einheimischen können sich Wohnungen in den besonders begehrten Städten nicht mehr leisten, die Geschäfte zur Versorgung der Bevölkerung werden zu Souvenirshops, Restaurants und Bars umfunktioniert, die Bürger stehen auf dem Weg zur Arbeit im Stau zwischen den Mietautos der Touristen. Dazu kommen der erhöhte Energie- und Wasserverbrauch, ausgerechnet da, wo Wasser ohnehin knapp ist, und aberwitzige Berge von Müll, die die Touristen hinterlassen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, die vielen kleinen Ärgernisse in Form von menschlichen Hinterlassenschaften in Gärten und Parks, will man gar nicht ansprechen. Kein Wunder also, dass Urlauber nicht mehr immer und überall willkommen sind.

Wie die Ölsardinen in der Dose fühlt man sich an einem derart überlaufenen Strand.

Für die Tourismusbranche, Hotels und Vermittler von Privatunterkünften sind das unvermeidbare Kollateralschäden. Schließlich bringen die Touristen Geld und Arbeit! Und sie denken allenfalls darüber nach, Foren im Internet einzurichten, auf denen man freie Zeiten an Sehenswürdigkeiten buchen kann! Terminplaner auch im Urlaub? Wer will das schon? Eine andere Lösung sehen sie im “Entzerren”, aber nicht etwa, indem man die Besucherströme beschränkt und lenkt, sondern indem man sie zu anderen Sehenswürdigkeiten umleitet, frei nach dem Motto: die Kirche neben der berühmten Kathedrale ist doch auch ganz nett! Augenwischerei ist das – und Besserung nicht in Sicht.

Dabei ist die Lösung dieses dringenden Problems ganz einfach: Weniger ist mehr! Qualität statt Masse. Man muss nicht am Wochenende nach Barcelona jetten und man muss auch nicht jedes Jahr in Urlaub fahren – oder doch zumindest nicht dahin, wo alle hinfahren. Es gibt alternative Reiseziele, die es zu entdecken gilt und die ja nicht zwangsläufig über den Hamburger Hauptbahnhof an einem Feriensamstag führen müssen. /sis

Einfach zu viel Liebe für diese Zeit

Einfach zu viel Liebe für diese Zeit

An dem spektakulären Bühnenbild wurde vier Jahre gearbeitet. Foto: Bregenzer Festspiele/Karl Forster

Schon wenn die ersten Töne der berühmten Habanera erklingen, kann man sie vor sich sehen, die rassige Spanierin, die mit wiegendem Gang zu kastagnettengleichen Klängen über die Bühne schreitet: die exotische Zigeunerin Carmen, die die Liebe besingt, die für sie wie ein wilder Vogel ist – nicht einzufangen und doch atemberaubend präsent. Jeder spürt das Knistern, das schon diese Arie bei den Zuhörern auslöst. Bei der Uraufführung 1875 in Paris allerdings kam die Verruchtheit der Hauptfigur weniger gut an. Zu jener Zeit waren verführerische Frauen allenfalls in den heimischen Schlafzimmern gern gesehen, ganz gewiss aber nicht in der Öffentlichkeit. Und dazu die brutale Geschichte, wird Carmen doch am Ende von ihrem verschmähten Liebhaber ermordet. Keine leichte Kost für die Menschen am Ende des 19. Jahrhunderts und genau die wollten sie auf ihren Bühnen erleben: Die Leichtigkeit des Seins wurde im Theater erwartet, nicht Mord und Todschlag. Erst nach einer umfassenden Überarbeitung der nach der literarischen Vorlage von Prosper Mérimée von George Bizet komponierten Oper fand sie das Wohlwollen des Publikums und entwickelte sich zur heute meistgespielten Oper weltweit. Der Autor war selbst in Spanien und hat in der Erzählung seine Reiseeindrücke aufgearbeitet. Der Komponist war begeistert von Geschichten aus fernen Ländern, so wie die meisten seiner Zeitgenossen auch.

Die Geschichte spielt im spanischen Sevilla im Jahre 1820 und erzählt von Carmen, einer verführerischen Zigeunerin, die die Freiheit liebt – in jeder Hinsicht. Sie will frei leben und lieben und wer ihr diese Freiheit nehmen will, erfährt ihre aggressive Seite. So kommt es, dass sie eine Arbeitskollegin in der Zigarettenfabrik verletzt und dafür ins Gefängnis soll. Allerdings betört sie den Wachsoldaten Don José, der ihr schließlich zur Flucht verhilft und dafür selbst hinter Gittern landet. Doch Carmen belohnt ihn dafür nicht mit der Zuneigung, die sich der eher schüchterne Don José erhofft hatte. Sie wendet sich von ihm ab und verliebt sich stattdessen in den weitaus männlicheren Torero Escamillo. „Auf in den Kampf“ – die Arie deutet schon an, was folgt: Während Escamillo in der Arena mit einem Stier kämpft, bringt Don José Carmen vor der Arena um.

In der Inszenierung der Oper im Rahmen der Bregenzer Festspiele 2018 auf der einzigartigen Seebühne wurde Carmen übrigens nicht erstochen, sondern im See ertränkt. Das spektakuläre Bühnenbild mit den übergroßen Händen und durch die Luft wirbelnden Spielkarten greift den Schicksalsmoment auf, in dem Carmen sich die Karten legt, die ihr den Tod voraussagen. /sis

Keine Rolle rückwärts bei der Emanzipation

Keine Rolle rückwärts bei der Emanzipation

Nicht verhandelbar von Julia Kloeckner

„Nicht verhandelbar“ sind für die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Julia Klöckner die Frauenrechte in Deutschland. Welche Rechte sie durch die Zuwanderung hauptsächlich junger Männer aus patriarchalischen Ländern nachhaltig in Gefahr sieht, arbeitet sie in ihrem Buch „Nicht verhandelbar. Integration nur mit Frauenrechten“ detailliert und gut nachvollziehbar heraus.

Tatsächlich scheint die Stunde der Kritiker gekommen, wie sonst kann es sein, dass eine Frontfrau deutscher Politik jetzt offen Missstände in der Integration ansprechen kann, wofür der einfache Bürger bislang umgehend mit der rechten Keule mundtot geprügelt wurde? Ohne die sonst so beschämenden Versuche, Dinge schön oder gar weg reden zu wollen, erkennt hier eine prominente deutsche Politikerin die Rolle rückwärts, die das ständige Nachgeben gegenüber den Forderungen des Islam für die Frauenrechte in Deutschland bedeutet. Jeder Kompromiss sei ein Einknicken, das nicht etwa mit Dialogbereitschaft, sondern mit dem nächsten Versuch, die Grenzen noch weiter hinauszuschieben, beantwortet werde. Aus Rücksicht auf den Islam falle man modernen Muslimas damit in den Rücken, die einfach nur die Rechte in Anspruch nehmen wollten, die deutschen Frauen ganz selbstverständlich zustünden. Sonst werde immer schnell „Sexismus“ gerufen, nur nicht bei der Unterdrückung ausländischer Frauen in Deutschland. Da werde Rücksicht genommen auf die religiösen Ansichten ihrer Männer, für die Julia Klöckner aber an anderer Stelle ihres Buches durchaus Verständnis zeigt: Zugewanderte Männer hätten alles verloren und sollten nun in Deutschland angekommen, auch noch die Gewalt über ihre Frauen verlieren.   

Julia Klöckner verlangt eine fundierte Analyse der Zuwanderung gerade auch mit Blick auf die Frauenrechte. Ein Staat, der das frauenfeindliche Verhalten junger Männer einfach hinnehme, sei nicht tolerant, sondern ignorant. Grabschergruppen, Verschleierung und Kinderehen seien ein absolutes “No-Go” genauso wie das Fernhalten von Mädchen von Schwimmunterricht und Klassenfahrten. Unsere Gesetze müssten eingehalten werden, ohne Wenn und Aber und religiöse Gesetze müssten hinter weltliche Gesetze zurücktreten. Die Neuankömmlinge müssten sich anpassen, nicht die Einheimischen, so ihr Fazit.

Mein Resümee: Eine durchaus lesenswerte Zusammenfassung der derzeitigen Situation in Deutschland mit einigen vielversprechenden Ansätzen, aber auch vielen Vorschlägen, die wir schon viel zu oft gehört haben, ohne dass sie auch nur ansatzweise umgesetzt worden wären: Verpflichtende Sprachkurse mit Erfolgsmessungen und Sanktionen als Folge von Nachlässigkeiten oder Abbruch, schnelle Strafen für Vergehen, Auswirkungen auf den Asylstatus bei Fehlverhalten. Julia Klöckner sieht das Heil der Integration in den Frauen selbst. Wenn es gelänge, sie etwa in Jobs zu vermitteln, wäre es leichter, sie dazu zu bringen, ihre Rechte, von denen sie ja nicht einmal wissen, dass es sie gibt, auch einzufordern. Doch wie will sie an diese Frauen herankommen, die bekanntlich ohne Begleitung männlicher Verwandter die Wohnung nicht verlassen dürfen? Wie sie informieren und überzeugen, wenn schon ganz junge Mädchen rigoros abgeschottet werden? Solange es nicht gelingt, diese Mädchen und Frauen am deutschen Alltag in all seinen Facetten teilhaben zu lassen und sie weiter den frauenfeindlichen Ansichten ihrer Männer und religiösen Führer ausgesetzt sind, wird sich definitiv nichts ändern. Da helfen dann auch die neuerdings modisch-stylischen Kopftücher nicht weiter! /sis

Bibliografischen Angaben:

Julia Klöckner
Nicht verhandelbar. Integration nur mit Frauenrechten.
Gütersloher Verlagshaus, 2018, gebundene Ausgabe, 176 Seiten, 18 Euro
ISBN-13 078-3579087122
Das Honorar spendet Julia Klöckner einer Frauenorganisation.

 

Viel Wohlwollen, einige Auszeichnungen, aber kein Erfolg

Viel Wohlwollen, einige Auszeichnungen, aber kein Erfolg

Der Schöpfer von “Carmen”: George Bizet (1838-1875)

Wer die ersten Takte der Arie „L’amour est un oiseau rebelle“ hört, sieht sofort die rassige Spanierin vor sich, die George Bizet in seiner Oper Carmen zum Leben erweckt hat. Keine andere Arie der Operngeschichte dürfte den gleichen Bekanntheitsgrad genießen wie die „Habanera“. Weiterlesen

Mit Feigheit möglichst unbehelligt durchs Leben gehen!

Mit Feigheit möglichst unbehelligt durchs Leben gehen!

Es sind schon einige skurrile Tatbestände, die der bekannte Journalist und TV-Moderator in seinem neuesten Buch „Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen. Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen“ auflistet. Von drei Bundestagsabgeordneten ist da die Rede, deren Amtszeit genau eine Woche betrug und für die der Steuerzahler runde 36.000 Euro berappen musste. Ein Bürgermeister wird zitiert, der auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gesagt haben soll: „Jesus konnte die Zehntausend speisen, meine Gemeinde kann das nicht“. Der Kirchentag wird angeprangert, für den ein genderüberarbeitetes Liederbuch hermusste, das Kirchenlieder, die über Jahrhunderte Menschen in Krisensituationen Trost und Zuversicht gespendet haben, jetzt der Lächerlichkeit preisgibt. Peter Hahne sucht und findet in jeder Ecke unsere Landes Mogelpackungen, von kleinen Schummeleien bis hin zu den ganz großen Unwahrheiten, mit denen uns hauptsächlich Politik und Kirche hinters Licht zu führen sucht. Das beginnt bei der Flüchtlingskrise, in der Kritiker schlicht „einpacken“ konnten, führt über den Genderwahn, der aus so mancher gewachsenen Tradition und der einst so positiven Gleichstellung der Geschlechter einen schlechten Witz macht, schaut in die Gerichte, die für zulässig erachten, dass die Deutschen als „Köterrasse“ bezeichnet werden. Hahne findet harsche Worte insbesondere für die Kirchen, deren hohe Vertreter angeblich aus Toleranz vor einer Begegnung mit anderen Religionen ihr Kreuz ablegen oder mit einer scheußlichen Mischung aus Deutsch und Englisch versuchen, die Jugend zu ködern. Luther, so Hahne überzeugend, hat die Bibel ins Deutsche übersetzt, damit die Menschen mitreden können und nicht länger ausgegrenzt werden. Genau das tut die Kirche jetzt mit ihrem Denglisch-Schwachsinn, sie grenzt diejenigen aus, die kein Englisch können. Beispiel gefällig? Ein Angebot in Frankfurt trug den Titel „Help the Oma!“

Und der Staat? Er benutzt unsere Kinder als Versuchskaninchen, wenn er sie nach Gehör schreiben lehrt und die Menschen ihrem Schicksal überlässt, indem er nichts gegen die durch vorwiegend osteuropäische Banden organisierte Einbruchskriminalität tut. Statt endlich all die großen und wichtigen Aufgaben in unserem Land anzupacken, kümmert sich die Politik lieber um die gendergerechte Überarbeitung der Verkehrsordnung und die EU um das richtige Frittieren von Pommes! Deutschland, so Peter Hahnes klares Bekenntnis, ist ein Staat, der sich selbst verachtet. Und „niemand hat den Mumm, dem Mumpitz, dieser lächerlichen und vor allem Millionen teuren Infantilisierung abendländischen Kulturgutes ein Ende zu machen“, schreibt Hahne. Und das trifft weiß Gott nicht nur auf den Genderwahn zu.

Mein Fazit: „Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen“ ist eher Hoffnung als Realität. Tatsächlich aber dürfte Hahnes Beobachtung zutreffen, dass wir heutzutage versuchen, mit einer gehörigen Portion Feigheit möglichst unbehelligt durch Leben und Beruf zu kommen. Wir lassen uns nur allzu gerne für dumm verkaufen, das erspart eigenes Denken und Handeln. Dagegen kämpft Peter Hahne entschlossen und doch recht unterhaltsam mit seinem Buch an. Wirklich lesens- und vor allen Dingen überdenkenswert!

Bibliographische Angaben:

Peter Hahne
Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen. Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen.
Bastei Lübbe, 128 Seiten, 2018
ISBN: 978-3-7857-2621-1

Wieder kein spannender Tatort-Abend!

Wieder kein spannender Tatort-Abend!

ARD/BR TATORT, “Freies Land”: Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, links) und Kriminalhauptkommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum “Freiland”-Gelände. Foto: BR/Hendrik Heiden/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH

Einen Krimi in jeder Hinsicht aus der Vergangenheit präsentierte das Erste seinen Zuschauern im letzten Tatort vor der Sommerpause, aus München mit dem Titel “Freies Land”, nur dass es wieder kein Krimi war. Im Gegenteil, langweiliger geht es kaum und so twitterte denn auch ein Zuschauer, was die meisten sich wohl dachten: „Ein ganz normaler Krimi wäre mal was Feines“. Stimmt! Zwar waren die an sich sehr beliebten Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) am Werk, doch auch sie konnten aus der öden Vorlage keinen spannenden Film machen. Das beste in der Geschichte um die „Freiländer“ war noch der Wurstautomat und ein Rindvieh, das ziemlich deutlich zu verstehen gab, was man von der ganzen Sache zu halten hatte.

Nach den Nazis waren es am 3. Juni 2018 die Reichsbürger, die sich die Drehbuchautoren vorgenommen hatten, obwohl beide Gruppierungen in Ansichten und Verhalten kaum unterscheidbar waren. Außer vielleicht, dass die „Freiländer“ recht religiös daherkamen, ihr Anführer einem Messias gleich die Seinen an der Abendmahlstafel um sich versammelte. Im Laufe der Geschichte aber stellte sich heraus, dass genau dieser Messias das Geld seiner „Jünger“ veruntreut hatte. Ein Verrat, der für einen der Mitbrüder im ringsum hoch eingezäunten “Freiland” so schwer wog, dass er sich das Leben nahm. Dessen Mutter wiederum sorgte mit Geschick dafür, dass der Selbstmord für einen Mord gehalten wurde und so schließlich die inzwischen in Ehren ergrauten Münchner Kommissare eine Reise ins Vorgestern antraten. Unterhaltsam waren lediglich, wie bereits erwähnt, der Wurstautomat, das Rindvieh und vielleicht noch die beiden Dorfpolizisten, die mehr mit sich selbst als mit ihrer Arbeit beschäftigt waren. Irgendwie müssen Land und Leute in diesem Film in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stecken geblieben sein. Für den Zuschauer jedenfalls blieb am Ende einzig die Frage, ob es so ein Dorf ausgerechnet im ach so fortschrittlichen Bayern tatsächlich noch gibt? Wenn ja, könnte man glatt auf die Idee kommen, dass die abgedroschenen Sprüche der “Freilände” genau hier entstanden sein müssen: An einem Ort, wo heute gerade erst vorgestern ist! /sis

Vom Professor zum Kuhhirten und zurück

Vom Professor zum Kuhhirten und zurück

An seinem Geburts- und Sterbeort erinnern Dankmäler an August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der mit seinen Liedern und Gedichten einen wichtigen Beitrag zur politischen Willenbildung in Deutschland geleistet hat.

Genauso wechselvoll wie die Geschichte der deutschen Nationalhymne ist auch der Lebenslauf ihres Dichters: Heinrich August Hoffmann von Fallersleben, der meist vertonte Dichter seiner Zeit.

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Durchhalten oder umschalten?

Durchhalten oder umschalten?

ARD/WDR TATORT: SCHLANGENGRUBE: Ein Pinguin in der Rechtsmedizin – mit Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, l) und Prof. Boerne (Jan Josef Liefers, r). Foto: WDR/Thomas Kost

Vier Mal versuchte das Erste im Mai die Zuschauer mit seinen „Tatorten“ vor den Bildschirm zu locken und möglichst lange dort zu halten. Und vier Mal war der Zuschauer nicht unbedingt sicher, ob man sich das bis zum bitteren Ende antun musste. Weiterlesen

Geschichte der Nationalhymne – eng mit ihrer Vergangenheit verbunden

Geschichte der Nationalhymne – eng mit ihrer Vergangenheit verbunden

Seit die Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium die deutsche Nationalhymne umfassend „genderüberholen” wollte (lesen Sie dazu auch “Meine Meinung” – hier), ist das „Lied der Deutschen“– wieder einmal in aller Munde. “Endlich” ist man versucht zu sagen, denn ein öffentliches Überdenken des Umgangs mit dieser Hymne ist längst überfällig. Weiterlesen

Hundeattacken: Es kann immer etwas passieren!

Hundeattacken: Es kann immer etwas passieren!

Dobermänner liegen bei Beißattacken auch weit vorne. Ein Steuereintreiber hat diese Rasse 1870 gezüchtet. Damit ist eigentlich alles gesagt. Foto: Schwertner

Wenn sie zubeißen, bekommen sie grausige Schlagzeilen. Von Bestien ist dann die Rede, von unberechenbaren Killern. Gemeint ist der beste Freund des Menschen: der Hund. Was ist er denn nun, Freund oder Feind?

Früher, als jeder Hund noch eine Aufgabe hatte, war er unverzichtbares Nutztier auf jedem Hof. Er bewachte Hab und Gut, hielt die Herde zusammen, holte die erlegte Beute ab oder trieb Hasen aus ihren Bauten. Er wurde gebraucht, wenn auch nicht immer geliebt. Er fraß das, was die Menschen übrig ließen, hauste in Zwinger oder Stall und durfte, wenn er nicht im Einsatz war, einfach nur Hund sein. Und heute? Nur wenige Hunde haben noch eine Aufgabe. Rund 8 Millionen Hunde sind nur noch Haustier. Genaue Zahlen gibt es nicht – was eigenartig anmutet, in Deutschland gibt es sonst für alles und jedes eine genaue Zahl. Zu wissen glaubt man aber, dass von diesen 8 Millionen Hunden 69 Prozent Rassehunde und 31 Prozent Mischlinge sind. Und die Hitliste der beliebtesten Rassen führt der Schäferhund an. Schäferhunde haben auch die Schnauzen vorn, wenn es um Beißattacken geht – angesichts ihrer Verbreitung verwundert das nicht. Also gehörten eigentlich sie auf die „Rasselisten“, gefolgt von Bullterriern und Rottweilern. Unwissend ist man auch, wenn es um die tatsächliche Zahl der Beißattacken geht. Schätzungen gehen von 30.000 bis 50.000 pro Jahr aus. Gesichert ist auch diese Zahl nicht. Man will aber wissen, dass es in den letzten Jahren zu mehr Beißvorfällen gekommen ist. Das liegt vermutlich nur daran, dass über diese Vorfälle auf allen denkbaren Kanälen berichtet wird, über jeden einzelnen gerne mehr als ein Mal. Vielleicht sind es mehr Beißattacken als früher. Bedenkt man aber die Lebensumstände der Hunde heute kann auch das nicht wirklich verwundern.

Natürlich steht kein Hund morgens auf und beschließt mal eben seine Besitzer zu zerfleischen. Es muss schon eine Menge schiefgelaufen sein, ehe ein Hund zubeißt – und jeder halbwegs gesunde Hund warnt vorher. Für Erwachsene ist das gut erkennbar – wenn sie denn hinschauen. Für Kinder nicht. Deshalb gilt: Nie ein Kind mit einem Hund alleine lassen, auch wenn gerade dieser Hund der berühmte, brave Familienhund ist, der gerne mit „Der tut nix“ auf die Menschheit losgelassen wird.

Tatsache ist: Es kann immer etwas passieren! Wer das nicht akzeptiert, hat schlicht das Wesen des Hundes nicht verstanden. /sis

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Europäische Hochkultur am Bodensee

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Ein architektonisches Meisterwerk: Die weltgrößte Seebühne dieser Art in Bregenz. Foto: Pixabay

Wollte man europäische Hochkultur verorten, würde man sich vermutlich gen Österreich wenden. Wien, Opernball, Salzburg und – natürlich – Bregenz mit seiner Seebühne, ein architektonisches Meisterwerk, das Kultur förmlich atmet.

Die Geschichte der Bregenzer Seebühne, die weltgrößte ihrer Art, begann schon gleich im ersten Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bregenzer luden nämlich bereits 1946 zur ersten Bregenzer Festwoche ein. Mozarts „Bastien et Bastienne“ kam genau da, wo Bregenz am schönsten ist, zur Aufführung – nämlich am Bodensee, einen anderen Aufführungsort gab es ohnehin nicht. Also wurden auf zwei Kräne im Gondelhafen das Bühnenbild auf dem einen und das Orchester auf dem anderen platziert.

Heute verfügt Bregenz über eine ganze Reihe ansehnlicher Veranstaltungsstätte, die allesamt zu den Festspielwochen Besucher aus der ganzen Welt anlocken. Unübertroffen aber ist die Seebühne: Was als Notlösung gedacht war, entpuppte sich als Erfolgsmodell. Vier Jahre später schon konnte dank einer großzügigen Spende eine Tribüne für 6400 Zuschauer eröffnet werden, es folgte ein Umbau 1979  und 1980 die Eröffnung des mit der Seebühne verbundenen Festspiel- und Kongresshauses. Jetzt waren die Festspielwochen unabhängig von der Witterung, denn bei Regen wich man kurzerhand ins Festspielhaus aus, das aber nur für rund 1700 Besucher Platz bot, die anderen musste nach Hause gehen. 1998 kam eine Werkstattbühne hinzu.

Die Seebühne hat seit 1979 einen gewaltigen Betonkern, der früher den Orchestergraben beherbergte. Heute sind hier die Solistengarderoben und Technikräume untergebracht. Das Orchester spielt seit 2005 im Festspielhaus, Bild und Ton werden auf die Seebühne übertragen. Auf rund 400 Holzpfählen, die um den Betonkern gruppiert sind, wird das Bühnenbild aufgebaut und neben den international umjubelten Inszenierungen sind es auch immer wieder die spektakulären Bühnenbilder, die den Erfolg der Festspiele mitbegründeten. Besonders das imposante Auge zu Puccinis „Tosca“ erlangte 2008 Weltruhm als Kulisse im Bond-Film „Ein Quantum Trost“.

Seit 1985 wechseln die Inszenierungen alle zwei Jahre, 2017/2018 stand Georges BizetsCarmen“ im Mittelpunkt, 2019/2020 wird es Guiseppe Verdis “Rigoletto” wiederum mit einem spektakulären Bühnenbild sein. /sis

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Mit den Vor- und Nachteilen der Kommunikation im Internet befasst sich die Medienwissenschaftlerin Gina Schad in ihrem Buch „Digitale Verrohung. Was die Kommunikation im Netz mit unserem Mitgefühl macht.“ Dabei arbeitet sie recht verständlich und doch wissenschaftlich fundiert heraus, dass die Digitalisierung nicht in erster Linie einen technischen, sondern einen sozialen Wandel mit sich bringt.

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Im Mai 2018 war im Ausstellungshaus des Städel Museums in Frankfurt eine bedeutende Sonderausstellung mit etwa 100 Arbeiten – darunter 31 Gemälde und Zeichnungen – von Peter Paul Rubens (1577–1640) unter dem Titel „Rubens. Kraft der Verwandlung“ zu sehen. Weiterlesen

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