Action und Tempo für das neue Team

Action und Tempo für das neue Team
Kritik zum Tatort Bremen „Neugeboren“
ARD/Radio Bremen Tatort “Neugeboren”: Neues Ermittler-Team im Bremer Tatort: Linda Selb (Luise Wolfram, links), Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer, Mitte) und Mads Andersen (Dar Salim, rechts) müssen erst zueinander finden. (Foto: Radio Bremen/Christine Schroeder)
BKA-Expertin Linda Selb (Luise Wolfram, Mitte) erläutert Mads Andersen (Dar Salim, links) und Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer, rechts), was die Tatort-Analyse ergibt. (Foto: Radio Bremen/Christine Schroeder)

Nicht schlecht, das neue Team in Bremen, so richtig vom Hocker reißen konnten Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), Mads Andersen (Dar Salim) und Linda Selb (Luise Wolfram) den durchaus geneigten Zuschauer letztlich aber noch nicht. Ein Däne, der eigentlich nur noch zurück nach Hause will, aber einfach nicht loskommt, eine viel zu junge, unerfahrene, dafür aber recht vorlaute Kommissarin und eine schon länger bekannte, aber immer noch spröde BKA-Ermittlerin stellen ohne Frage eine recht illustre Truppe dar. Doch handelt es sich eher um drei Einzelkämpfe. Teamfähig scheinen sie alle drei nicht. BKA-Ermittlerin Linda Selb war es noch nie und die junge Kommissarin Liv Moormann kann es noch nicht sein. Däne Mads Andersen erweist sich dafür als äußerst hart im Nehmen und durchaus actionerprobt. Zumindest machte er im ersten Fall des neuen Teams mit dem Titel „Neugeboren“ aus der Feder von Drehbuchautor Christian Jeltsch eine ziemlich gute Figur.

Tatsächlich geht es in diesem Fall um zwei Neugeborene, das eine unerwünscht, das andere tot geboren, deren Schicksale auf tragische Weise miteinander verknüpft sind. Das unerwünschte Baby verschwindet aus der Klinik, das tote wird in der Pathologie aufgefunden. Dazu gibt es einen Mord an einem bekannten Drogendealer. Die Kommissare bekommen es im Laufe der Ermittlungen mit dem begeisterten Ex-Fußballer Rudi Stiehler (André Szymanski), dessen Kinder Jessica (Johanna Polley) und Marco (Gustav Schmidt) sowie den Brüdern Lenny (Nikolay Sidorenko) und Tim (Bruno Alexander) zu tun, die alle irgendwie mit dem Mord an dem Drogendealer zu tun haben, sich aber geschickt und manchmal recht aggressiv aus der Affäre ziehen können.

Besonders glaubwürdig war die Story nicht. Auch an Spannung hat es gefehlt, dafür gab es aber Tempo und Action. Das Ermittlerteam hat durchaus Potenzial. Die drei können schwerlich Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) auf Anhieb ersetzen. Das hat aber auch niemand ernsthaft erwartet. Dennoch darf man gespannt sein, wie das Team sich weiterentwickelt und ob es den Machern gelingt, die drei eigenwilligen Charaktere zu einer funktionierenden Einheit machen, wie es Lürsen und Stedefreund über viele Jahre waren. /sis

“Wo ist nur mein Schatz geblieben” war der letzte Tatort aus Bremen mit dem Ermittlerteam Inga Lürsen und Nils Stedefreund.

ARD/RB Tatort “Wo ist nur mein Schatz geblieben”: In ihrem letzten Fall bekommen es Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) mit einem Netz aus Korruption und illegalen Geldgeschäften zu tun. (Foto: Radio Bremen/ARD Degeto/Christine Schroeder)

Dramatischer Abgang in Bremen

Dramatischer Abgang in Bremen
Kritik zum Tatort Bremen „Wo ist nur mein Schatz geblieben“
ARD/RB Tatort “Wo ist nur mein Schatz geblieben”: Durch Zufall entdecken Bauarbeiter die unter einer Straße verborgene Leiche einer Frau. Bei den Mordermittlungen stechen die Bremer Ermittler Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) in ein feingewebtes Netz aus Korruption und illegalen Geldgeschäften. Nach einem heimlichen Treffen mit den BKA-Kollegen stellt Inga Lürsen Kollege Stedefreund zur Rede. (Foto: Radio Bremen/ARD Degeto/Christine Schroeder)

 

Die BKA-Ermittlerin Linda Selb (links Luise Wolfram) wird von  Inga Lürsen ins Vertrauen gezogen. (Foto: Radio Bremen/ARD Degeto/Christine Schroeder)

Zugegeben, etwas konstruiert war Nils Stedefreunds (Oliver Mommsen) Abgang im letzten Tatort aus Bremen schon. Zum einen blieb das Motiv für den grenzenlosen Hass des BKA-Mannes Wolfgang Kempf (Philipp Hochmair) auf Stedefreund doch zumindest fragwürdig. Jedenfalls war aus dem aktuellen Geschehen nicht erkennbar, warum er am Ende wie wild auf Stedefreund geballert hat – auch der exzessive Rauschgiftmissbrauch kann nicht als hinreichende Begründung dienen. Zum anderen fragt man sich schon, warum ein Heer von bis an die Zähne bewaffnete SEK-Mannen das Feuer nicht erwidert haben. Aber ansonsten war die Geschichte mit dem Titel „Wo ist nur mein Schatz gebliebenen“ von den Drehbuchautoren Florian Baxmeyer, Michael Comtesse und Stefanie Veith gut durchdacht und geschickt aufgebaut auf Stedefreunds angeblichem Afghanistan-Aufenthalt im Jahre 2013, der sich jetzt als verdeckter Ermittlereinsatz entpuppte, bei dem Stedefreund zwei Menschen in blinder Wut erschossen haben soll. Klar, Polizist konnte er nach der Enthüllung nicht mehr bleiben. Auch sein übertriebenes Verständnis für den in diesem Fall als verdeckter Ermittler agierenden Roger Stahl (Kostja Ullmann) erklärt sich aus den Erlebnissen. Warum er aber seiner Partnerin Inga Lürsen (Sabine Postel) und seiner Ex-Freundin Linda Selb (Luise Wolfram) die Wahrheit so lange schuldig blieb und die Ermittlungen im aktuellen Mordfall störrisch behinderte, war nur schwer verständlich. Stattdessen ließ er sich lieber mit den beiden dubiosen – und wie sich herausstellte wieder einmal korrupten – BKA-Beamten ein und deckte deren Machenschaften bis es nicht mehr ging. Der Nils Stedefreund, den die Zuschauer bis zu diesem letzten Fall kannten, hätte das ganz gewiss nicht getan.

Trotz der offenen Fragen war der letzte Tatort aus Bremen ein durchgängig spannender Krimi mit immer neuen Überraschungen und einem dramatischen Ende. Die Autoren spielten geschickt mit den Gefühlen der Zuschauer, die sich sicher einen anderen Abgang für die beiden Ermittler Inga Lürsen und Nils Stedefreund aus Bremen gewünscht hätten. Es ist schade, dass der Tatort mit Sabine Postel und Oliver Mommsen zwei Klasseschauspieler verliert, die über viele Jahre stets Garant für zufriedene Zuschauer – und damit natürlich auch gute Quoten waren. /sis

Ein gutes Team bis zum Schluss: Die Bremer Hauptkommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen). (Foto: Radio Bremen/ARD Degeto/Christine Schroeder)

Die ungeheure Macht des Glaubens

Die ungeheure Macht des Glaubens
Aktuelle Kritik zum Tatort Bremen – Blut
ARD-Tatort “Blut”: Das Bremer Ermittlungsteam sucht am Tatort nach Spuren. v.l.: Hauptkommissar Inga Lürsen (Sabine Postel), Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen), Rechtsmediziner Dr. Katzmann (Matthias Brenner). (Foto: Radio Bremen/Christine Schröder)

Gruseln war angekündigt und in der Tat sorgte der Tatort aus Bremen mit dem Titel „Blut“ für gehörigen Gänsehautfaktor. Obwohl natürlich nicht nur Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) schnell klar war, dass hier kein Vampir, sondern einfach eine arme Irre ihr Unwesen trieb. Letztlich aber haben die Drehbuchautoren Philip Koch und Holger Joos mit ihrer Geschichte die ungeheure Macht aufgezeigt, die der Glaube auf einen Menschen ausüben kann. Eine Macht, die scheinbar keine Grenzen kennt und am Ende sogar den sonst so rationalen Hauptkommissar Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) mit sich riss.

In diesem Fall ist es eine Lichtkrankheit, die die junge Nora Harding (Lilith Stangenberg) in der Dunkelheit wahnsinnig werden lässt. Weil die Mutter sie aber „mein kleiner Vampir“ nennt und die Eltern sie – leider völlig unglaubwürdig – mit Blutkonserven versorgen, bleibt dem Mädchen gar nichts anderes übrig, als sich selbst für einen untoten Blutsauger zu halten. Als dann das Ableben des Vaters naht, macht sich die inzwischen jugendliche Nora auf ihre grausame Gefährtensuche. Die aber entpuppte sich nicht etwa als schockierend, sondern war schlicht abstoßend, genauso wie das blutverschmierte Gesicht des „kleinen Vampirs“. Das mag in einem Horrorfilm gehen, in einem Tatort haben solche Szenen nichts zu suchen. Wahre Krimispannung jedenfalls kam nicht auf, nur Ekel. Hier wurden die Grenzen des Erträglichen bei weitem überschritten. Ob das Thema derart drastisch umgesetzt werden musste, bleibt mehr als fraglich. Spannung hätte man auch anders erzeugen können. So bleibt trotz der schauspielerischen Glanzleistung von Oliver Mommsen nur das Fazit: Das war ein Tatort, den man sich kein zweites Mal anschauen mag.

Damit gab es erneut einen Tatort-Abend, der alles andere als ansprechend war. Bekanntlich steigt Sabine Postel aus der Reihe aus und angesichts solcher Folgen kann man das sehr gut verstehen. Renommierte Schauspieler wie sie und auch ihr Partner Oliver Mommsen geben sich für derart – nennen wir es gnädig – experimentelles Fernsehen sicher nicht mehr lange her. Sabine Postel sprach in einem Interview einige Mängel der neueren Tatort-Folgen offen an: Zu viele Tatort-Paare in immer mehr Städten, von denen zuviele der neuen “Kommissare” viel zu jung sind – und mithin überhaupt nicht die Lebenserfahrung besitzen können, die für eine solche Rolle erforderlich ist. Ein weiterer schwerwiegender Mangel sind aber gewiss auch Experimente wie eben hier in “Blut”, die auf Kosten wahrer Tatort-Fans – und damit nicht zuletzt auf Kosten der Gebührenzahler – leider immer häufiger gemacht werden. Man kann sich nur wünschen, dass noch mehr namhafte Schauspieler bald einfach “Nein” zum Tatort sagen – zumindest solange bis sich die Macher auf die alten Stärken des Tatorts besinnen: Schimanski lässt schön grüßen! /sis

ARD-Tatort “Blut”: Unerwarteter Besuch im Präsidium: Professor Syberberg. v.l.: Professor Syberberg (Stephan Bissmeier), Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel), Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen). (Foto: Radio Bremen/Manju Sawhney)
error: Content is protected !!