Richard Wagner – Ein Genie mit allen erdenklichen Schwächen

Richard Wagner – Ein Genie mit allen erdenklichen Schwächen
Richard Wagner 1813 – 1883

Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich dicht beieinander. Auf keinen unserer meisterlichen Komponisten trifft das ehe zu als auf Richard Wagner, der unvergängliche Meisterwerke klassischer Musik schuf und nebenbei noch die Oper revolutionierte.

Leicht war sein Leben nicht, auch nicht als er längst bei Märchenkönig Ludwig II. am Tisch saß. Schuld daran war zum Teil sicher seine sehr schwierige Kindheit und Jugend. Richard Wagner wurde am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren, in jenem verheerenden Kriegsjahr, in dem Napoleon Bonaparte mit 200.000 Soldaten in die damals mit 32.000 Einwohnern nicht gerade große Stadt einfiel und sich mit 350.000 Preußen, Österreichern und Russen eine gnadenlose Schlacht lieferte.  Am 19. Oktober war Napoleon geschlagen und Leipzig zerstört, tote Menschen und Pferde säumten die Straßen. Wenig später brach eine Typhus-Epidemie aus, durch die der gerade einmal sechs Monate alte Richard seinen Vater Friedrich Wagner verlor. Von ihm existierte kein einziges Foto, so dass es für Richard keine Erinnerung an seinen leiblichen Vater gab. Damit hatten die Katastrophen im Hause Wagner aber kein Ende, auch seine erst vierjährige Schwester, seine Großmutter und zuletzt sein älterer Bruder Gustav starben innerhalb weniger Jahre. 1814 zog die Familie nach Dresden, wo die Mutter Ludwig Geyer, einen Freund der Familie heiratete. Doch als Richard acht Jahre alt war, starb auch der Stiefvater. Man kann sich vorstellen, dass die nicht endende Trauer dem Jungen arg zugesetzt haben muss. Vielleicht suchte er deshalb Zuflucht in den großen deutschen Heldengeschichten? Das Thema Erlösung jedenfalls zieht sich durch sein Leben und Werk wie ein roter Faden. Denn zu all dem Leid kamen gesundheitliche Probleme und eine ganze Reihe menschlicher Schwächen, die Wagner allesamt in sich vereinte: Er war furchtbar geräuschempfindlich, musizierende Nachbarn machten ihn zum Vagabunden, der innerhalb kürzester Zeit mehrfach umzog, was ihn nicht zuletzt auch an den Rand des finanziellen Ruins brachte. Er verabscheute schlechte Gerüche, weswegen er sich in Kölnisch Wasser-Duftwolken hüllte. Schon Straßenstaub reizte seine überempfindliche Haut so sehr, dass er sich mit edlen Stoffen davor zu schützen suchte, obwohl ihm dafür eigentlich das Geld fehlte. Er litt an Durchfällen, war ausgesprochen wetterfühlig, wurde obendrein rasch seekrank und machte mit seinen Wutausbrüchen nicht nur seinen beiden Ehefrauen Minna und später Cosima den Alltag schwer. Zudem konnte er nicht mit Geld umgehen und vor allen Dingen auch nicht die Finger von anderer Männer Frauen lassen. Richard Wagner war zweifelsohne gesundheitlich und psychisch ein wahres Wrack. Aber er war auch sehr humorvoll und tierlieb. Mitleid nannte er selbst einen der Grundzüge seines Charakters. Das verdeutlicht etwa eine Reise nach Paris, die er trotz seiner Seekrankheit lieber mit dem Schiff unternahm, weil er seinem Hund Robber, ein Neufundländer, die lange Reise über Land nicht zumuten wollte.

1821, also mit neun Jahren, hatte Wagner schließlich bei Karl Geyer, dem Bruder seines Stiefvaters, in Eisleben Gelegenheit, Webers Oper „Der Freischütz‘“ zu sehen. Danach war für ihn ganz klar, er will ein berühmter Opernkomponist werden, der seine eigenen Werke vertont. Damals lagen Text und Musik einer Oper in verschiedenen Händen. Wagners Idee war deshalb revolutionär. Zehn Jahr später schließlich begann er ein Musikstudium in Leipzig, 1834 trat er eine Stelle als Musikdirektor der Magdeburger Theatergesellschaft an und lernte dort seine erste Ehefrau, die Schauspielerin Minna Planer, kennen, die er 1836 heiratete. Hohe Schulden trieben Wagner und seine junge Frau zur Flucht nach London und in die damalige Opernstadt Paris. Erst 1842 gelang Wagner mit seiner in Dresden uraufgeführten Oper „Rienzi“ der Durchbruch. Es folgten Aufträge von allen großen europäischen Bühnen, doch Wagner entschied sich für die Semperoper in Dresden. Seine Beteiligung an der Mai-Revolution 1849 jedoch zwang ihn erneut zur Flucht, mit gefälschten Pässen ging es in die Schweiz. Erst 1862 wurde er amnestiert und zog nach Wien. Dort wollte er „Tristan und Isolde“ inszenieren, doch die Oper erwies sich als zu anspruchsvoll, die Proben wurden eingestellt. Für Wagner bedeutete das erneut ein finanzielles Desaster, wieder blieb nur die Flucht. Diese Erfahrung verstärkte in Wagner den Wunsch, ein eigenes Theater zu besitzen, in dem er auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen musste. Angesichts seiner finanziellen Lage ein nachgerade aussichtsloses Verlangen, wäre da nicht ein Bewunderer in Form des bayerischen Königs Ludwig II. gewesen. Er übernahm Wagners Schulden und hatte durchaus ein offenes Ort für den Traum vom Festspielhaus. Allerdings verscherzte es sich Wagner mit den politisch Verantwortlichen und wurde 1865 vom Hofe verbannt. Sein Weg führte ihn wieder in die Schweiz. Nach dem Tod seiner Frau Minna durfte seine Geliebte Cosima von Bülow, Tochter des Komponisten und Pianisten Franz Liszt, in Wagners Villa am Vierwaldstätter See einziehen. Schon lange hatte Wagner mit ihr ein Verhältnis und eine Tochter, und das obwohl sie noch mit dem Dirigenten Hans von Bülow verheiratet war.

In der Schweiz brachte Wagner aber „Die Meistersinger von Nürnberg“ zu Ende und konnte auch weiter an seinem größten und berühmtesten Werk „Der Ring des Nibelungen“ arbeiten. Seit 1851 saß er daran mit dem Ziel, ein mehrteiliges „Bühnenfestspiel“ als Gesamtwerk zu schaffen, das an vier aufeinander folgenden Tagen aufgeführt werden sollte, insgesamt über 16 Stunden Oper quasi am Stück! Am 21. November 1874 war es fertig und am 13. August 1876 erfolgte die Uraufführung im Festspielhaus Bayreuth vor erlauchtem Publikum, darunter Kaiser Wilhelm I., Peter Tschaikowski und Friedrich Nietzsche.

Die Strapazen seines ruhelosen Lebens blieben indes nicht ohne Folgen. Um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, reiste die Familie noch nach Venedig, wo Richard Wagner aber am 13. Februar 1883 starb. /sis

Live aus dem Royal Opera House London
Die Walküre: Bryn Terfel (as Wotan) and Sarah Connolly (as Fricka) (Foto: The Royal Opera House, London)

Was bleibt sind seine großartigen Werke, die noch heute weltweit die Opernhäuser füllen. 2018 etwa stand der zweite der insgesamt vier Teile von „Der Ring des Nibelungen“, auf dem Spielplan des Royal Opera House London, von wo aus „Die Walküre“ Ende Oktober 2018 in über 1500 Kinos in 51 Ländern der Erde übertragen wurde. Eine Liste der Kinos, in denen die Aufführungen des Royal Opera House London zu sehen sind, findet sich hier: https://www.rohkinotickets.de/

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