Geschichte der Nationalhymne – eng mit ihrer Vergangenheit verbunden

Seit die Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium die deutsche Nationalhymne umfassend „genderüberholen” wollte (lesen Sie dazu auch “Meine Meinung” – hier), ist das „Lied der Deutschen“– wieder einmal in aller Munde. “Endlich” ist man versucht zu sagen, denn ein öffentliches Überdenken des Umgangs mit dieser Hymne ist längst überfällig.

Während andere Völker dieser Erde ihre Hymne inbrünstig voller Stolz laut mitschmettern, möchte der Deutsche beim Klang von Joseph Haydns Kaiserquartett am Liebsten im Erdboden versinken. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt. Aber: Es waren gewiss nicht die Allmachts-Fantasien der Nazis, die der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben in sein Deutschlandlied hineininterpretiert haben wollte. Dass es ihm indes nur um ein geeintes Vaterland in Zeiten der Kleinstaaterei ging, darf auch bezweifelt werden. Auch wenn dieses Argument in der Diskussion gern bemüht wird. Schließlich entstand der Text 1841 bei einem Revoluzzer-Treffen auf der damals noch britischen Insel Helgoland und in einer Zeit, in der die Franzosen Anspruch auf den Rhein erhoben. Ein Jahr zuvor hatte Hoffmann von Fallersleben seine „unpolitischen Lieder“ veröffentlicht, die alles andere als unpolitisch waren. Und ein Jahr nach Helgoland wurden ihm seine Professur und später sogar die Staatsbürgerschaft entzogen. Strafmaßnahmen, die auch Mitte des 19. Jahrhunderts nicht einfach mal so verhängt wurden. Hoffmann von Fallersleben wehrte sich in seinen Gedichten und Lieder gegen die Adelsordnung und nutzte seine Texte zum Kampf für Bürger- und Freiheitsrechte. So gesehen war die Liedzeile, die Deutschland über alles gestellt sehen wollte, sicher kein Aufruf zu kriegerischen Eroberungszügen, wie die Nazi die erste Strophe verstanden wissen wollten, wohl aber doch ein Appell, sich gegen die politische Ordnung jener Zeit zu stellen und für die Freiheit zu kämpfen. Ein alles andere als friedliches Lied also, schon zu seiner Entstehungszeit. 

Auch am 11. August 1922 nicht, als Reichspräsident Friedrich Ebert Hoffmann von Fallerslebens „Lied der Deutschen“ – mit allen drei Strophen – zu Nationalhymne erklärte. Er entschied sich für dieses Lied, weil es damals über alle Parteigrenzen hinweg gesungen wurde, ein echter Hit also. Nach dem verlorenen Krieg nährte der Text bei weiten Teilen der Bevölkerung vielleicht wirklich die Hoffnung darauf, die verlorenen Gebiete einst zurückzuerobern. Die Nazis schließlich machten gar keinen Hehl daraus, wie sie den Text interpretierten. Und nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg war es nur folgerichtig, die ersten beiden Strophen des Liedes aus der Nationalhymne zu streichen.

Was aber ist mit der dritten Strophe – abgesehen davon, dass besagte Gleichstellungsbeauftragte auch hier gegen Teile des Textes etwas hat, wenn auch aus einem anderen Grund? Es waren Bundeskanzler Konrad Adenauer und Bundespräsident Theodor Heuss, die sich 1952 dafür einsetzten, die dritte Strophe als Nationalhymne wieder einzuführen. Und Helmut Kohl schließlich verständigte sich 1991 mit dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker darauf, dass eben diese dritte Strophe die offizielle deutsche Nationalhymne sein soll.

Und damit endet die Geschichte der deutschen Nationalhymne, bis heute wird im vereinten Deutschland bei offiziellen Anlässen die dritte Strophe des „Lieds der Deutschen“ mit der Musik Haydns gesungen. Wer aber bei einem solchen Anlass die Hymne mit sichtbarem Stolz schmettert, dem droht nach wie vor der Pranger. Warum? Weil die Nationalhymne wie wir alle die Vergangenheit unseres Landes nicht einfach abschütteln kann. /sis

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