Kritik zum Tatort Stuttgart „Das ist unser Haus“


Gelungene Milieustudie, bitterböse Satire, witzige Komödie: Der neue Tatort aus Stuttgart mit dem Titel „Das ist unser Haus“ war einmal mehr alles, nur kein spannender Krimi. Wem es Spaß macht als heimlicher Zuschauer bei lächerlichen Stuhlkreissitzungen völlig durchgeknallter Ökofreaks dabei zu sein, der kam vielleicht auf seine Kosten. Auch Satirefans dürften sich über diesen Tatort aus der Feder von Regisseur Dietrich Brüggemann und Co-Autor Daniel Bickermann gefreut haben. Für Freunde spannender Krimis aber blieb nur auf Inspector Barnaby zu hoffen, der etwas später auf dem Konkurrenzsender einem wirklich skurrilen Mord aufzuklären hatte.
Im Stuttgarter Tatort ging es eher gemächlich zu. Unaufgeregt, wie die Öffentlich-Rechtlichen ihre Krimis gerne haben wollen. Man könnte auch langweilig sagen. Sicher waren die Lebenseinstellungen der neun WG-Bewohner schon recht spleenig und damit komisch. Die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) jagten aber zwei Drittel der Filmzeit hinter der falschen Leiche her und lernten dabei die merkwürdigen Bewohner des Hauses mit der treffenden Bezeichnung „Oase Ostfildern“ einen nach dem anderen kennen – und der Zuschauer mit ihnen. Am Ende entpuppte sich der Mord als Unfall und der Täter floh mit dem Fahrrad vor Lannerts Porsche. Wie lustig! Allenfalls die Erkenntnis der einzig älteren Hausbewohnerin (Christiane Rösinger), die die wahren Motive für ihren Einzug in die WG erläuterte, gaben dem Schluss der Geschichte etwas Reales, Greifbares. Nicht die Suche nach der idealen Wohngemeinschaft waren der Grund, sondern die Angst vor dem Sterben in Einsamkeit. Genau das war der vermeintlich Ermordeten in unmittelbarer Nachbarschaft des „WG-Hauses“ nämlich passiert – sie war gestorben und vor über einem Jahr in der Baugrube des WG-Hauses verbuddelt worden, ohne dass sie auch nur von einem einzigen Menschen vermisst worden war.
Der neue Tatort aus Stuttgart hatte eigentlich alles, was man von einem Agatha Christi-Krimi erwarten würde: ein Mordfall in einem schrägen Haus, viele schrullige Verdächtige, die alle als Mörder in Betracht kommen und zwei sympathische Kommissare. Was aber Agatha Christis Morde ausmacht, fehlte dem Tatort völlig: durch überraschende Wendungen erzeugte Spannung. Lannert und Bootz bekamen von den WG-Bewohnern die immer gleichen esoterischen Plattheiten vorgebetet. Und das war auf Dauer eben doch nur langweilig. /sis
