Brutale Mörder als Opfer inszeniert

Brutale Mörder als Opfer inszeniert
Kritik zum Tatort Ludwigshafen – Vom Himmel hoch
ARD/SWR Tatort: Vom Himmer hoch – Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter), das neue Tatort-Ermittlerteam in Ludwigshafen. (Foto: SWR/Sabine Hackenberg)

Ein Politthriller sollte es werden, der Tatort aus Ludwigshafen mit der in die Jahre gekommenen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und der blutjungen Anfängerin Johanna Stern (Lisa Bitter). Was der Zuschauer aber zu sehen bekam, war wieder einmal der plumpe Versuch, brutalste Mörder als Opfer zu inszenieren. In diesem Fall drei Verdächtige mit jeweils eigener, gewiss tragischer Geschichte. Aber rechtfertigen persönliche Erlebnisse und Schicksalsschläge den Mord an anderen?

Gerade bei der am Ende als Mörderin des Psychiaters Professor Steinfeld überführten Heather Miller (Lena Drieschner) wollte kein Mitleid aufkommen. Schließlich hat sie ihren Dienst beim Militär freiwillig angetreten, niemand hat sie gezwungen mit Drohnen Jagd auf Frauen, Kinder und Alte zu machen. Dass sie diese Tätigkeit letztlich in den Wahnsinn und damit in die Arme des renommierten Psychiaters getrieben hat, war als Krimivorlage aber durchaus geeignet, nur die Hintergründe wollen nicht so recht passen. Krieg und Vernichtung haben in einem Sonntagabend-Krimi nichts verloren. Und so waren die beiden eingestreuten Kriegssequenzen auch reichlich fehl am Platz und obendrein entbehrlich. Das komplexe Thema „Drohne als gnadenlose Präzisionswaffe” lässt sich ohnehin nicht am Rande eines Kriminalfalles bearbeiten.

Auch die beiden anderen Verdächtigen, ein kurdisches Brüderpaar, gab sich alle Mühe, als Opfer Verständnis für seine Attentatspläne zu wecken. Aber das erläuternde Bekennervideo sorgte allenfalls für ratloses Kopfschütteln: “Wir fühlen uns recht wohl hier, können aber die bundesdeutsche Verlogenheit nicht länger tolerieren und bestrafen euch deshalb mit Tod und Vernichtung”, so ihre verquere Botschaft.

Witzigerweise aber gelingt es in diesem „Politthriller“ der in der tiefsten Provinz tätigen Kommissarin Lena Odenthal aus einem gelben Plastikfetzen, einigen Zeitungsartikeln und dem Einsatzbericht über zwei fotografierende Ausländer ein Attentat vorherzusagen und damit letztlich sogar zu verhindern. Das lässt CIA und BND mit ausgeklügelter Technik und Spezialtrupps für jede Eventualität doch ziemlich schlecht aussehen.

Schlecht ausgesehen hat auch so manch andere Szene in diesem Tatort: Etwa Dr. Christa Dietrich (Beate Maes), Kollegin des ermordeten Psychiaters, die sich einen Eimer Putzwasser macht, dann aber den Lappen nicht ein einziges Mal in den Eimer taucht. Oder der arrogante Oberstaatsanwalt (Max Tidof), dem wieder einmal sein eigener Ruf wichtiger war als Recht und Gesetz, ein gern bedientes Klischee in deutschen Krimis. Ganz schlecht sah natürlich auch Kommissarin Johanna Stern aus, die ganz arglos in die Wohnung einer kampferprobten Soldatin stapfte und sich dann schnell in Unterwäsche an die Heizung gefesselt wiederfand. Und auch Lena Odenthals Rettungsschussaktion warf beim Zuschauer einige Fragen auf: Wie kann es sein, dass sich die Sicherheitsbeamten einfach zurückziehen ohne das geringste Interesse für die Attentäterin und die rettende Polizistin? Lena erschießt Heather Miller, bleibt ganz allein mit ihr zurück und darf anschließend völlig unbehelligt den Tatort verlassen?

Und genauso rätselhaft für die Zuschauer bleibt natürlich das plötzlich freundschaftliche Verhältnis zwischen Lena Odenthal und ihrer jungen Kollegin Johanna Stern. In den vorangegangenen Tatorten aus Ludwigshafen kannte der Zickenkrieg der beiden keine Grenzen. Und jetzt präsentieren sie sich als beste Freundinnen mit der Aussicht auf die große Liebe? So sehr kann Lena Odenthal ihren Mario Kopper doch gar nicht vermissen! Zusammenfassend aber kann man durchaus sagen: Es gab schon schlechtere Tatorte aus Ludwigshafen. /sis

 

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