Nett, aber keinen zweiten Gedanken wert

Nett, aber keinen zweiten Gedanken wert
Kritik zum Tatort Frankfurt „Wer zögert, ist tot“
ARD/HR Tatort “Wer zögert, ist tot”: Anna Janneke (Margarita Broich) Fanny (Zazie de Paris, Mitte) und Paul Brix (Wolfram Koch) in Aktion. (Foto: HR/Degeto/Bettina Müller)
Frederick Seibold (Helgi Schmid, Mitte) wird von vier Maskierten mit Hundemasken entführt. (Foto: HR/Degeto/Bettina Müller)

Die lange Sommerpause ist vorbei, ab sofort steht wieder „Tatort“ auf dem Sonntagabend-Fernsehprogramm. Zum Auftakt aber war Spannung mal wieder Fehlanzeige.

Los ging es mit einem Tatort aus Frankfurt mit den Kommissaren Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Sie aber spielten in „Wer zögert, ist tot“ eher eine untergeordnete Rolle, die Ermittlungen übernahm Fanny (Zazie de Paris), Paul Brix’ spezielle Freundin und WG-Partnerin. Sie schleicht sich undercover in ein Studio für Frauen ein, in dem Conny Kaiserling (großartige Christine Große) zusammen mit einer Angestellten Selbstverteidigungskurse für Frauen gibt. Fanny ist mit viel Mut dem Geheimnis im Keller auf der Spur, kommt am Ende aber zu spät, um das Unheil aufzuhalten.

Janneke und Brix beschäftigen sich derweilen mit dem recht eigenwilligen Vater Konrad Seibold (Bernhard Schütz), der das Lösegeld für seinen entführten Sohn Frederick (Helgi Schmid) partout nicht bezahlen will. Vater Seibold hält den Sohn selbst für den Entführer, weil er ihm den Geldhahn zugedreht hat. Und so dreht sich die Geschichte denn unablässig um drei abgeschnittene Finger, Frederiks Exfreundin Bille Kerbel (Britta Hammelstein), die ihn vermisst gemeldet hat und vier enge Freundinnen in finanzieller Not. Am Ende jedenfalls kommt es ganz anders als gedacht, niemand ist schuldig, alle kommen mit einem blauen Auge davon, außer Frederick.

Nett war die Geschichte von Drehbuchautorin und Regisseurin Petra Lüschow, mehr aber auch nicht. Spannung fehlte gänzlich, die Witze und Gags wirkten gezwungen, Teile der Story mühsam konstruiert und ziemlich unrealistisch. Recht unterhaltsam, aber für einen Krimi einfach zu fade. Man schaut ihn an und hat ihn kurz darauf auch schon wieder vergessen. Nichts, was einen zweiten Gedanken oder gar eine Wiederholung wert wäre.

ARD/HR Tatort “Funkstille” (2020): (v.l.n.r.) Paul Brix (Wolfram Koch), Anna Janneke (Margarita Broich), Fanny (Zazie de Paris) und Kriminalassistent Jonas (Isaak Dentler). (Foto: HR/Bettina Müller)

Schon der letzte Tatort mit Janneke und Brix mit dem Titel “Funkstille” war eher langweilig.

 

Die Entdeckung der Langsamkeit

Die Entdeckung der Langsamkeit
Kritik zum Tatort Frankfurt Funkstille
ARD/HR Tatort “Funkstille”: (v.l.n.r.) Raymond Fisher (Kai Scheve), Gretchen Fisher (Tessa Mittelstaedt) im Gespräch mit Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Was eine Befragung werden sollte, entpuppt sich als nette Plauderei bei Milch und Keksen. ( Foto: HR/Bettina Müller)
Raymond Fisher (Kai Scheve) und seine Frau Gretchen (Tessa Mittelstaedt) wollen die Welt retten, indem sie sich als Doppelagenten betätigen. (Foto: HR/Bettina Müller)

„Funkstille“ herrschte im wahrsten Wortsinn zur besten Krimizeit am Sonntagabend: Es gab keinerlei Spannung im neuen Tatort aus Frankfurt mit den Kommissaren Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Tatsächlich entdeckten die Drehbuchautoren Stephan Brüggenthies und Andrea Heller mit Regisseur Stanislaw Mucha die Langsamkeit als Stilmittel für sich. Und diese Langsamkeit zog sich durch den ganzen Film, der statt Krimi gerne Agententhriller gewesen wären. Lange, völlig belanglose Kameraeinstellungen sorgten beim Zuschauer für einen heftigen Kampf mit den Augenlidern. Tessa Mittelstaedt ist zwar eine schöne Frau, ihr aber ausgiebig beim Kauen zuzusehen, erfüllt nicht unbedingt den Anspruch an gute Unterhaltung. Worum ging es in diesen Krimi? Die junge Emily Fisher (Emilia Bernsdorf), Tochter der amerikanisch-russischen Doppelagenten Gretchen (Tessa Mittelstaedt) und Raymond Fisher (Kai Scheve), durchlebt ihre erste Liebe, die durch den Mord an ihrem Freund ein dramatisches Ende findet. Im Laufe der Ermittlungen stoßen Janneke und Brix auf das Agentenehepaar, das am Ende tatsächlich den Tod des Jungen verursacht hat. Bis die Kommissare das aber herausfinden dürfen, muss sich der Zuschauer die geheimen Treffen der Agenten anschauen, ohne zu wissen, was sie da gerade ausspionieren. Sie spionieren einfach, hören ab, geben ihre Erkenntnisse an beide Seiten weiter und sind ansonsten mit ihrer rebellischen Tochter beschäftigt, die nicht verstehen will, wieso ausgerechnet ihre Eltern die Welt retten müssen. So großspurig, wie sich das anhört, kam der ganze Film daher. Übertrieben in jeder Hinsicht. Sebastian musste sterben, weil Emilys Mutter eine Affäre mit ihm hatte und er dabei aus Versehen auf ihr geheimes Abhörequipment gestoßen war. Emilys Vater fällt dann auch noch der Mordlust seiner Frau zum Opfer, weil Mitwisser in der Agentenszene per se unerwünscht sind. Er wird vergiftet und stirbt stilecht im Fahrstuhl.

Vielleicht wollten die Macher dieses Tatorts zu viel: Agenten, erste Liebe, Mutter hat Affäre mit Freund der Tochter, das alles in einer Geschichte, das kann in 90 Minuten nur oberflächlich abgehandelt werden. Hinzu kamen die langen Kameraeinstellungen, die keineswegs interessante Aspekte offenbarten, sondern für weitere unnötige Längen sorgten. War hier wieder eher Kunst statt Krimi beabsichtigt? Wenn ja, dann ging auch das daneben: „Funkstille“ ist einfach nur langweilig!

(v.l.n.r.) Paul Brix (Wolfram Koch), Anna Janneke (Margarita Broich), Fanny (Zazie de Paris) und Kriminalassistent Jonas (Isaak Dentler) gönnen sich eine Pause. (Foto: HR/Bettina Müller)

 

Kurze Story, langatmige Nebenhandlungen

Kurze Story, langatmige Nebenhandlungen
Kritik zum Tatort Frankfurt „Die Guten und die Bösen“
ARD/HR Tatort “Die Guten und die Bösen”: Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich) vernehmen Ansgar Matzerath (Peter Lohmeyer, sitzend), der den Peiniger seiner Frau brutal ermordet hat. (Foto: HR/Degeto)

Ein Tatort mit der vor fast genau einem Jahr – am 21. April 2019 – leider viel zu früh verstorbenen Hannelore Elsner, das ließ aufhorchen und weckte große Erwartungen. Leider entpuppte sich der neue Tatort aus Frankfurt mit dem Titel „Die Guten und die Bösen“ aber als moralisch-philosophische Diskussionsrunde über Gut und Böse mit einer ganzen Reihe langatmiger und völlig unnötiger Nebenhandlungen. Die Geschichte selbst hätte gut und gerne in eine kurze Vorabendserie gepasst. Drehbuchautor David Ungureit ließ seine Figuren über die Werte diskutieren, die ein Polizist gemeinhin zu vertreten hat, stürzte die Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) nach einer durchzechten Nacht und mit einem gewaltigen Kater in eine Identitätskrise, nicht etwa wegen des aktuellen Falls, sondern in Zusammenhang mit einem Coaching, dessen Sinn auch nicht so recht nachvollziehbar war. Aber darum ging es auch nicht in diesem Tatort, nicht um eine spannende Geschichte, nicht um Logik und Nachvollziehbarkeit, sondern ausschließlich darum, ob ein Täter auch ein Opfer sein kann und Mitleid statt Strafe verdient.

Ansgar Matzerath (Peter Lohmeyer) hatte den vermeintlichen Peiniger seiner Frau brutal umgebracht und sich gleich selbst gestellt. Er wollte Strafe, die ihm Janneke und Brix aber einfach nicht ohne weiteres zugestehen wollten, frei nach der Devise: ein Polizist ist immer ein Guter, ein Mörder hingegen ein Böser. Als Kollege konnte Matzerath mithin nicht der Böse sein. Und so suchten die Kommissare nach Erklärungen für sein grausames Tun, nach mildernden Umständen für eine geringere Strafe, allerdings nur im Zwiegespräch, nicht etwa durch polizeiliche Ermittlungen, wie man das in einem Krimi hätte erwarten dürfen. Das war es auch schon. Die dialoglastige Geschichte spielte in einem offenbar völlig heruntergekommenen Gebäude, das unverständlicherweise noch immer als Polizeipräsidium diente, zum größten Teil aber schon leer stand. Im Keller studierte die pensionierte Kommissarin Elsa Bronski (Hannelore Elsner) alte, ungelöste Fälle, auf dem Dach hielt Olivia Dor (Dennenesch Zoudé) ihr Seminar ab, auf einer Etage hatten sich die Kommissare auf dem Flur eingerichtet, auf dem Anna Janneke – warum auch immer – gerade ihre Fotos ausstellte. Zwischen den Stockwerken jagte Bronskis Schäferhund hinter einem roten Ball her und nebenbei erklärten die Kommissare, Assistenten und der Staatsanwalt vor der Kamera im Rahmen des Coaching-Seminars, welche Bedeutung der Polizeiberuf für sie ganz persönlich hat, welche Werte sie vertreten. In diesem Zusammenhang erfuhren die Zuschauer dann auch gleich noch, wie viele frische Hemden Kommissar Brix vorsichtshalber im Auto mit sich führt. Nichts von alledem hatte mit dem Fall zu tun – und nichts war auch wirklich wichtig oder gar spannend. Für ein bisschen Action sorgten lediglich die Handwerker, die mit allerlei Material eifrig durch die Gänge huschten, ohne indes tatsächlich etwas zu reparieren oder renovieren.

Einzig Elsa Bronski ließ so etwas wie kriminalistisches Gespür durchblicken, übernahm Verantwortung für ihr Tun, besonders aber für das Unterlassen. Hätte sie damals den Vergewaltiger von Ansgar Matzeraths Frau dingfest machen können, hätte Ansgar nicht morden und seine Frau sich nicht umbringen müssen. Ursache und Wirkung, der wahre Sinn und Zweck von Polizeiarbeit – großartig dargestellt von einer der besten Schauspielerinnen, die Deutschland je hatte. Man hätte ihr gerne einen würdigeren Abschiedsfilm gewünscht! /sis

Hannelore Elsner als Elsa Bronski mit Anna Janneke (Margarita Broich). (Foto: HR/Degeto)

Auf der Jagd nach “Lachern”

Auf der Jagd nach “Lachern”
Kritik zum Tatort Frankfurt „Falscher Hase“
ARD/HR Tatort “Falscher Hase”: Paul Brix (Wolfram Koch, li.), Anna Janneke (Margarita Broich) und Staatsanwalt Bachmann (Werner Wölbern), der, wie die Kommissare auch, nichts zum Fortgang der Geschichte beizutragen hatte, sondern seinerseits mit merkwürdigem Humor auf der Jagd nach “Lachern” war. (Foto: HR)
Paul Brix (Wolfram Koch) ärgert sich über die vorlaute Kriminaltechnikerin (Eva Meckbach) (Foto: HR/Bettina Müller)

Wer sich auf einen spannenden Tatort-Abend aus Frankfurt gefreut hatte, wurde einmal mehr enttäuscht. Der „Falsche Hase“ mit den Kommissaren Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich) entpuppte sich als völlig überzeichnete Komödie mit im Mittelmaß stecken gebliebenen Kleinganoven, die sich gegenseitig die Beute eines Versicherungsbetruges abjagen wollten und bis auf die Haupttäterin alle mit einem schönen runden Loch im Kopf endeten. Die ohne Zusammenhang zur Geschichte aufgezeigte Brutalität – einem nicht im geringsten in die Geschehnisse verstrickten Mitarbeiter einer Feinkostfirma wurde der kleine Finger abgehakt (tricktechnisch sehr gut gemacht) –  ließ sich genauso wenig nachvollziehen, wie die überraschenden Schlussfolgerungen der Kommissare, die eigentlich nur eine bedeutungslose Nebenrolle spielten und wenig zum Fortgang der Geschichte beitrugen. Sogar einen Zeitsprung in der Videoaufzeichnung entdeckten sie erst am Ende der Geschichte, schlossen dann aber messerscharf auf die richtige Täterin, Revolver-Biggi, eine ebenfalls in jeder Hinsicht mittelmäßige Unternehmergattin  (Katharina Marie Schubert) mit einem einzigen Talent: als ehemalige Schützenkönigin legte sie jeden mit einem gezielten Schuss zwischen die Augen um, der sich ihr und ihrem Mann Hajo (Peter Trabner) bei dem Versuch, die Versicherung zu betrügen, in den Weg stellte. Natürlich waren die Kommissare Biggis besonderem Talent nicht auf die Spur gekommen, wie es eigentlich im Zuge engagierter Ermittlung zu erwarten gewesen wäre, nein, sie ließen sich von ihrer kleinbürgerlichen Fassade und ihrem besonders leckeren „falschen Hasen“ täuschen. So taff  und unerbittlich Biggi im Laufe der Geschichte auch gewesen sein mag, zum Schluss gestand sie völlig ohne Not, bereitete damit aber der gähnenden Langeweile ein erlösendes Ende. Schon rein optisch war die Geschichte in den 80er Jahren stecken geblieben und die Kommissare überzeugten nicht etwa durch kluge Ermittlungsarbeit, sondern sie stolperten einfach über die Leichen, ohne auch nur einen Schritt weiterzukommen.

Wenn der Täter schon von Anfang an bekannt ist, dann sollte wenigstens eine spannende Jagd im Mittelpunkt eines Krimis stehen. Aber davon war der neue Tatort aus Frankfurt aus der Feder von Emily Atef, die auch Regie führte, und Lars Hubrich meilenweit entfernt. Schwarzer Humor ist ganz gewiss nicht verkehrt in einem guten Krimi, das beweisen britische Krimis mehr als eindrucksvoll. Nur Klamauk indes ist einfach zur wenig! Schade für die Schauspieler, schade für die gelangweilten Zuschauer und besonders schade für die Marke “Tatort”, die immer mehr zu einer beliebigen Filmreihe mutiert. Mit Wehmut denkt man an frühere Zeiten, als jeder Tatort noch für atemlose Spannung von der ersten bis zur letzten Minute sorgte – und der Humor dabei trotzdem nicht zu kurz kam. /sis

Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) beobachten und warten, viel mehr hatten sie in diesem Tatort auch nicht zu tun. (Foto: HR/Bettina Müller)

Einfach nur schwach!

Einfach nur schwach!
Kritik zum Tatort „Das Monster von Kassel“
ARD/HR Tatort “Das Monster von Kassel”: Gerichtsmedizinerin (Barbara Stollhans, li.), Constanze Lauritzer (Christina Große) und Paul Brix (Wolfram Koch) begutachten einen Plastiksack mit Leichenteilen. (Foto: HR/Degeto/Bettina Müller)
Paul Brix (Wolfram Koch), Anna Janneke (Margarita Broich, Mitte) und ihre Kasseler Kollegin Constanze Lauritzen (Christina Große) geben den Stand der Ermittlungen nach Frankfurt durch. (Foto: HR/Degeto)

Der Titel “Das Monster von Kassel” ließ auf den ersten Blick vermuten, dass der neue Tatort aus Frankfurt mit dem Ermittlerduo Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) erneut einen Ausflug in die Welt der Psychopathen unternehmen würde. Doch es ging diesmal nur nach hessisch-Sibirien, ins nordhessische Kassel. Und der Täter Maarten Jansen (Barry Atsma), der sich selbst als Monster von Kassel bezeichnete, war auch nichts weiter als ein alberner Profilneurotiker. Als Talkmaster mit eigener Fernsehshow war er um Quote bemüht, nahm die Ermordung seines Stiefsohnes als willkommene Gelegenheit, sich als armes Opfer zu inszenieren und legte eine Oscar reife Trauerrede an sein Publikum hin. Und das, obwohl er selbst die Gräueltat begangen, mit einer Axt die Leiche zerstückelt und in Plastiksäcken verpackt so abgestellt hatte, dass sie auf jeden Fall gefunden wurde. Ziel der umständlichen Aktion war es, die Tat einem anderen Täter mit ähnlichem Tathergang unterzuschieben. All das war dem Zuschauer von Anfang an bekannt, was dem Fall komplett die Spannung raubte. Da half es auch nicht, dass das Verhör des Täters in einzelnen Etappen eingestreut wurde. Den Ermittlern dabei zuzuschauen, wie sie einen dem Zuschauer längst bekannten Täter suchen, ist nun einmal wenig erquicklich. Da bedarf es schon richtiger Überraschungen. Die aber fehlten in der Geschichte der Drehbuchautoren Stephan Brüggenthies und Andrea Heller, die mit dem smarten Promi lediglich ein Klischee bedienten. Nicht einmal das Motiv für den Mord war stark genug. Jansens Stiefsohn war ihm hinter seine Verhältnisse mit zahlreichen Frauen gekommen, die sich mehr oder minder freiwillig auf seine Sexspielchen eingelassen hatte, darunter eine Nachbarstochter und Freundin seines Stiefsohnes. Nur musste der Täter gar nicht mit Konsequenzen rechnen, die einen Mord mit dieser bestialischen Leichenbeseitigung begründet hätten. Die Frauen schwiegen oder litten stumm. Und selbst wenn das Stiefsöhnchen seine Mutter und Ehefrau des Täters eingeweiht hätte, wäre allenfalls seine Ehe gefährdet gewesen, nicht aber sein Leben auf der Überholspur. Am Ende konnte das selbsternannte Monster nicht einmal überführt werden, lagen doch einfach keine handfesten Beweise gegen ihn vor.

Eine schlüssige Geschichte spannend erzählt benötigt keine langatmigen Erläuterungen, etwa welche Zahnbürstenfarbe wer in der Familie bevorzugt oder einen Kommissariatsleiter, der seine Leute mit poetischen Lebensweisheiten beglückt oder sie als Tanzpartner bemüht. Etliche Szenen waren schlicht überflüssig und hätten getrost gestrichen werden können, wie am besten gleich der ganze Film! /sis

Constanze Lauritzen (Christina Große, li.), Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) finden die Zunge des Mordopfers. (Foto: HR/Degeto)

Wo Geld ist, sind Recht und Gesetz ohne Bedeutung

Wo Geld ist, sind Recht und Gesetz ohne Bedeutung
Kritik zum Tatort aus Frankfurt “Der Turm”
ARD Tatort “Der Turm”: Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich). (Foto: HR/Degeto/Bettina Müller)

Und jetzt? Das hat sich gewiss so mancher Zuschauer am Ende des neuesten Tatorts aus Frankfurt mit dem Titel „Der Turm“ gefragt. Eine tote Edel-Prostituierte, ein erschossener Motorradfahrer, aber kein Täter. Nicht einmal greifbare Ermittlungsergebnisse gab es. Dafür wurden die üblichen Klischees bedient, dass nämlich Staatsanwälte nicht unbedingt im Interesse der Aufklärung von Verbrechen handeln, Kommissare ungestraft Vorschriften außer Acht lassen dürfen, und dass vor dem Gesetz alle gleich, manche aber eben doch sehr viel gleicher sind. Geld regiert die Welt, und wo es um Geld geht, ist für Recht und Gesetz keinen Platz. Das war es, was die Macher dieses Tatorts – Buch und Regie wieder einmal in Personalunion, diesmal von Lars Henning – den Zuschauern vermittelten. Ansonsten war die Geschichte so verschwommen wie die Bilder von Kommissarin Anna Janneke (Margarita Broich), da halfen auch die Aufklärungsversuche von Kommissar Paul Brix (Wolfram Koch) nichts, der sich ohnehin sehr schwer tat in der Welt der Banker und Geldjongleure. Man nahm im „Turm“ die Polizei schlicht nicht ernst und entzog sich mit Hilfe der aalglatten Anwältin und Geschäftsführerin Dr. Rothmann (Katja Flint) recht plump allen Ermittlungsversuchen. Und selbstverständlich gelang es den Superreichen ihre Interessen zu wahren, indem sie mögliche Informanten der Polizei mit entsprechend Barem mundtot machten, Leichen einfach verschwinden ließen und den Kommissar, wenn er ihnen zu nahekam, unsanft auf die Straße beförderten. Das war es dann auch schon. Mehr hatte der Film nicht zu bieten, die Geschichte plätscherte so vor sich hin, keine überraschenden Wendungen, keine Spannung. Dafür aber viel Unverständliches: Kommissare im Alleingang, blutrünstige Träume ohne Sinn, abgegebene Pistolen, die nicht wieder abgeholt werden und niemandem fällt das auf, ein Pförtner, der bei einem totalen Stromausfall einfach auf seinem Stuhl sitzen bleibt und zwei IT-Nerds, die klischeehafter nicht hätten dargestellt werden können. Das war also wieder nur einer von vielen Tatort-Erstausstrahlungen im Jahr 2018, die man nicht noch einmal sehen möchte. /sis

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