Nichts als trübe Kloßbrühe

Nichts als trübe Kloßbrühe
Der Tatort aus Weimar: Die robuste Roswita – aus Sicht eines Tatort-Fans
ARD/MDR Tatort “Die robuste Roswita”: Die Kommissare Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) beauftragen Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) mit einem DNA-Abgleich. Foto: MDR/Wiedemann und Berg/Anke Neugebauer

Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich auch beim inzwischen siebten Tatort aus Weimar „Die robuste Roswita“ nicht um einen spannenden Krimi, sondern wieder einmal nur um derben Klamauk. Witzig soll es sein mit den Kommissaren Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen), den absoluten Nuschelkönigen unter den Tatortkommissaren. Kommissarin Dorn ist die Lässigkeit in Person, und darum ist es auch nicht weiter schlimm, wenn sie – und mit ihr alle Zuschauer – den Vornamen ihres Besserwisser-Ehemannes noch immer nicht kennt. Außerdem sieht sie unter ihrem aufgebauschten Parka aus, als wäre sie schon wieder schwanger. Vielleicht gab es ja deswegen absolut keine Neuigkeiten aus dem Eheleben von Dorn und Lessing und das ist doch an sich äußerst verdächtig!

Aber wie gesagt, es ging hier nicht um Nerven kitzelnde Krimispannung, sondern um ein weiteres Schelmenstück aus Weimar, gedacht einzig und allein als Plattform für die vermeintlich geistreich-humorigen Dialoge, die der Zuschauer aber wegen der extrem nachlässigen Aussprache der beiden Hauptdarsteller zum größten Teil schon rein akustisch nicht verstand.

Nach der Wurst kreiste die Geschichte nun um Thüringer Klöße in idyllischer Dorfumgebung mit Kartoffelacker und Supermarkt. Dem interessierten Zuschauer wurden zwei eigenwillige Pärchen präsentiert, beide hochgradig verdächtig, den Kloßfabrikchef Hassenzahl ermordet und zu Granulat verarbeitet zu haben: Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) und die Supermarkt-Chefeinkäuferin Marion Kretschmar (Anne Schäfer) sowie die im wahrsten Wortsinn „auf den Kopf gefallene“ und bis dato verschwundene Ehefrau des Kloßfabrikbesitzers Roswita Hassenzahl (Milena Dreissig) mit ihrem umtriebigen Lebensgefährten Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff), einem Fachmann für Toiletten und alles Unappetitliche was damit zusammenhängt – wovon er genüsslich die ein oder andere Kostprobe gab! Dazu gesellte sich eine unfreiwillige Paarung aus Kommissariatsleiter Kurt Stich (Thorsten Merten) mit seinem extrem schlechten Gewissen gegenüber seinem Verhöropfer Cordula Remda-Teichel (Christina Große), einer leitenden Kloßfabrikmitarbeiterin und zugleich Geliebte des ermordeten Chefs. Und dann war da natürlich noch das in jeder Hinsicht abgebrühte Ermittlerehepaar Dorn und Lessing, die wieder nichts aus der Ruhe bringen konnte und die auch angesichts dreier Toter nicht die geringste menschliche Regung zeigten. Alles schien für die beiden nur ein großer Spaß zu sein und die Ermittlungen allenfalls ihrer persönlichen Erheiterung zu dienen. Und so ließen sie wieder ununterbrochen uralte Sprüche ab, über die schon Opa und Oma nicht mehr gelacht haben (“333 bei Issos große Keilerei” – um nur eine der alten Zoten zu nennen, die in diesem Tatort aus der Mottenkiste der Kalauer hervorgekramt wurden). Dabei war die Story aus der Feder des bekannten Thrillerautors Andreas Pflüger und Murmel Clausen an sich ausgesprochen fantasievoll und durchaus als spannender Tatort geeignet. Das hätte ein fesselnden Krimi werden können, die morbiden Grundlagen waren da! Schade, dass die Verantwortlichen daraus nur eine allenfalls mäßige Sonntagabendunterhaltung gemacht haben. Tschirner/Ulmen-Fans mag das gefallen, der Tatort-Fan erwartet eindeutig mehr: mehr Niveau, mehr authentisches Schauspiel und vor allen Dingen Spannung, davon lebt ein Krimi nämlich. Ob „Die fette Hoppe“, „Der irre Iwan“ oder jetzt eben „Die robuste Roswita“, bisher war keine Folge aus Weimar den Titel „Tatort“ wert.

Und noch eine dringende Bitte aller ernsthaften Tatort-Fans: Bevor die Macher Nora Tschirner und Christian Ulmen das nächste Mal auf die Zuschauer los lassen, sollten man den beiden einen Sprechkurs verpassen, damit sie endlich so reden, dass man sie auch verstehen kann! /sis

 

Kommissar Selig ist zurück

Kommissar Selig ist zurück

Da ist er endlich, der dritte Kriminalroman mit Kommissar Paul Selig aus der Feder des bekannten deutschen Drehbuchautors Markus Stromiedel. Wie schon in den beiden Vorgängerbänden “Zwillingsspiel” und “Feuertaufe” bezieht Selig zwar auch in “Nachtfrost” wieder ordentlich Prügel, ist diesmal aber nur indirekt in die eigentliche Geschichte involviert. Er wird weder verdächtigt noch verfolgt, sondern findet endlich die Anerkennung, die ein Ermittler seiner Güte verdient und das ist richtig angenehm nicht nur für die Leser. Auch seine Kollegen, die hübsche Maria und der noch immer arbeitsscheue Wagner, freuen sich über die Bewunderung für ihren Chef, die diesmal sogar von ganz oben kommt.

Die Geschichte spielt im Cyberspionage-Milieu und wie die ersten beiden Bände wieder im Zentrum der Macht in Berlin. Ein IT-Unternehmer will im Auftrag einer Großmacht in das Computersystem der Bundesregierung eindringen. Paul Seligs Sohn Tobias und dessen Freunde wissen das Schlimmste zu verhindern. Eingewoben ist die durchaus dramatische Geschichte in die jüngste Vergangenheit der Bundesrepublik, es geht um die Stasi und was sie den Menschen in der ehemaligen DDR angetan hat, es geht um die Wut der Opfer, die bis in die Gegenwart reicht.

Immer wenn der Autor sich an seine „Drehbuchautoren“-Erfahrung hält, ist das Buch spannend und kurzweilig geschrieben. Allerdings versucht er sich an einigen Stellen als Poet, die dann doch zu langatmig geraten. Genauso wie die letzten 50 Seiten nicht wirklich mehr etwas zur Geschichte beitragen. Stromiedels Schwäche ist und bleibt das Ende, wie schon in „Die Kuppel“. Er meint noch so viele Erklärungen nachliefern zu müssen, die er aber getrost der Fantasie seiner Leser überlassen könnte.

Abgesehen davon ist Stromiedel mit „Nachtfrost“ aber wieder ein überaus unterhaltsamer Krimi gelungen, den man nicht aus der Hand legen mag – das größte Kompliment, das man einem Buch und damit seinem Autor machen kann. /sis

Bibliographische Angaben
Markus Stromiedel: Nachtfrost
Taschenbuch, Knaur TB, 2018, 416 Seiten
ISBN: 978-3-426-52067-3

Polizeiruf 110 – Spannender Politthriller

Polizeiruf 110 – Spannender Politthriller
Hauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) und Peter Röhl (Joachim Król) vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz. (Foto: BR/X Filme Creative Pool Entertainment GmbH/Hagen Keller)

Sonntagabend, Viertel nach acht, Krimizeit. Nach dem eher experimentellen Tatort aus Luzern und einer Woche Unterbrechung stand diesmal ein Polizeiruf 110 auf dem Programm, aus München mit Kommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt). Die Vorankündigung im SWR las sich schon fast entschuldigend: „Schon wieder Nazis“ hieß es dort, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass sich anschauen trotzdem lohnen könnte. Und in der Tat, der Polizeiruf mit dem Titel „Das Gespenst der Freiheit“ war zwar wieder kein klassischer Krimi, wohl aber ein überaus spannender Politthriller. Im Kern ging es nämlich nicht um eine besonders gewalttätige Nazikameradschaft, sondern vielmehr um die Machenschaften des Verfassungsschutzes, der – hoffentlich nur in der Fantasie der Drehbuchautoren – junge Menschen aus der jeweils gefragten Szene mit erpresserischen Methoden als V-Mann gewinnt und sie dann, wenn sie keine weiteren Informationen mehr liefern können, ihrem tödlichen Schicksal als Verräter überlässt. Der Kampf Verfassungsschutz gegen Polizei ging selbstverständlich zu Null für den Verfassungsschutz aus. Wenn der ins Spiel kommt, haben anderen Behörden wohl auch in der Realität nicht mehr viel zu melden.

Kommissar von Meuffels hatte aber ohnehin nicht wirklich etwas zu ermitteln. Die Täter aus eben der brutalen Nazikameradschaft waren am Tatort verhaftet worden. Von Meuffels brauchte nur darauf zu warten, dass der Schwächste aus der Gruppe, der Halbiraner Farim Kuban (Jasper Engelhardt), zugibt, dass die Vier das Opfer muslimischer Herkunft totgeprügelt haben. Während von Meuffels es mit der Aussicht auf ein Zeugenschutzprogramm probiert, setzt der Verfassungsschützer Peter Röhl, dargestellt von einem herausragenden Joachim Król, Farim unter Druck. Er soll als V-Mann Fotos über die Mitglieder und Informationen über die Pläne der Gruppe besorgen. Röhl geht sogar so weit, den aggressiven Schlägern eine Schusswaffe samt Munition zu besorgen, die Farim am Ende zum Verhängnis wird, seine „Kameraden“ richten ihn hin.

Dass es sich bei dieser Geschichte um reine Fiktion und nicht etwa die raue Wirklichkeit handelte, machten die Bilder deutlich: Ein äußerst zurückhaltender Hanns von Meuffels rauchend im Präsidium, im Café, auf der Straße und mit ihm unzählige weitere Menschen, die fortgesetzt genüsslich an ihrem Glimmstängel zogen – mitten in München, also in Bayern! Niemals!

Ein Filmkunstwerk vielleicht, aber gewiss kein Tatort!

Ein Filmkunstwerk vielleicht, aber gewiss kein Tatort!
Besprechung des Tatorts aus Luzern: Die Musik stirbt zuletzt
ARD Tatort: Die Musik stirbt zuletzt: Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) ermitteln im Kultur- und Kongresszentrum Luzern. (Foto: ARD Egeto/SRF/Hugofilm)

Die Kritik überschlägt sich mit Superlativen für den ersten Tatort nach der Sommerpause 2018 aus der Schweiz mit dem Titel „Die Musik stirbt zuletzt“. Grund der Euphorie: Der Film wurde in einem „Take“ gedreht, ohne Schnitt, quasi wie ein Theaterstück. In der Tat handelt es sich hier um ein echtes Filmkunstwerk, das Regisseur Dani Levy und insbesondere seinem Kameramann Filip Zumbrunn gelungen ist. Aber war es auch ein guter Tatort?

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und vielen Menschen wird ganz einfach schlecht, wenn sich vor ihren Augen über lange Zeit ohne Pause alles hin- und herbewegt. Ohne Schnitt bleibt die Kamera eben immer in Bewegung, hetzt hinter den Schauspielern und Statisten her, von denen deshalb auch über den größten Teil des Films nur die Rücken zu sehen sind – mit der Folge, dass für den Zuschauer Dialoge schwer zu verstehen waren und das analog fehlende Mienenspiel keine Stimmungen übermittelte. Dabei war die Story gar nicht schlecht und hätte mit einem professionellen Schnitt gewiss einen spannenden Tatort ergeben: Bei einem von dem reichen Schweizer Walter Loving (Hans Hollmann) organisierten Benefizkonzert wollen die Geschwister Pianistin Miriam Goldstein (Teresa Harder) und Klarinettist Vincent Goldstein (Patrick Elias) Lovings Vergangenheit als sogenannter Intermediär vor dem Publikum ausbreiten. Loving hat während der NS-Zeit jüdischen Familien gegen viel Geld die Flucht ermöglicht, was aber nicht in jedem Fall gelang, wie bei der Mutter der Goldstein-Geschwister. Ob sie sich selbst umgebracht hat oder ermordet wurde, bleibt genauso offen, wie manch anderer Aspekt der Geschichte. Vincent Goldstein jedenfalls wird zu Beginn des Konzertes vergiftet. Und das ruft endlich die Luzerner Ermittler Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) auf den Plan. Da es keinen Szenenwechsel gibt, greifen die Ermittler zwangsläufig nicht ins Geschehen ein, laufen vielmehr hin und wieder durchs Bild und versorgen den Zuschauer bei der Gelegenheit mit gewonnenen Erkenntnissen. Was man sonst noch wissen muss, übermittelt ein ominöser Erzähler (Andri Schenardi), der quasi immer dann den Führer spielt, wenn Szenen sich eben doch nicht so nahtlos von einer in die nächste fügen wollen. Und um dieser düsteren Gestalt im filmischen Geschehen eine Daseinsberechtigung einzuräumen, entpuppt sie sich als Sohn des reichen Loving, der sowohl den Klarinettisten als auch seine Stiefmutter in spe, zugleich seine Geliebte, und zu guter Letzt auch noch seinen Vater und sich selbst vergiftet. Ritschard im schicken Abendkleid und Flückiger im Fußballdress waren da genauso überflüssig wie das Heer an Statisten, das den Konzertsaal des zugegeben imposanten Drehorts – das Kultur- und Kongresszentrum Luzern – bevölkerte. Und auch vom eigens engagierten Jewish Chamber Orchestra Munich war nicht viel zu hören. Die einzig tröstliche Erkenntnis des Abends: Die Musik stirbt zum Glück nie, egal was Drehbuchautoren und Regisseure sich auch einfallen lassen! /sis

 

Einfach zu viel Liebe für diese Zeit

Einfach zu viel Liebe für diese Zeit
An dem spektakulären Bühnenbild wurde vier Jahre gearbeitet. Foto: Bregenzer Festspiele/Karl Forster

Schon wenn die ersten Töne der berühmten Habanera erklingen, kann man sie vor sich sehen, die rassige Spanierin, die mit wiegendem Gang zu kastagnettengleichen Klängen über die Bühne schreitet: die exotische Zigeunerin Carmen, die die Liebe besingt, die für sie wie ein wilder Vogel ist – nicht einzufangen und doch atemberaubend präsent. Jeder spürt das Knistern, das schon diese Arie bei den Zuhörern auslöst. Bei der Uraufführung 1875 in Paris allerdings kam die Verruchtheit der Hauptfigur weniger gut an. Zu jener Zeit waren verführerische Frauen allenfalls in den heimischen Schlafzimmern gern gesehen, ganz gewiss aber nicht in der Öffentlichkeit. Und dazu die brutale Geschichte, wird Carmen doch am Ende von ihrem verschmähten Liebhaber ermordet. Keine leichte Kost für die Menschen am Ende des 19. Jahrhunderts und genau die wollten sie auf ihren Bühnen erleben: Die Leichtigkeit des Seins wurde im Theater erwartet, nicht Mord und Todschlag. Erst nach einer umfassenden Überarbeitung der nach der literarischen Vorlage von Prosper Mérimée von George Bizet komponierten Oper fand sie das Wohlwollen des Publikums und entwickelte sich zur heute meistgespielten Oper weltweit. Der Autor war selbst in Spanien und hat in der Erzählung seine Reiseeindrücke aufgearbeitet. Der Komponist war begeistert von Geschichten aus fernen Ländern, so wie die meisten seiner Zeitgenossen auch.

Die Geschichte spielt im spanischen Sevilla im Jahre 1820 und erzählt von Carmen, einer verführerischen Zigeunerin, die die Freiheit liebt – in jeder Hinsicht. Sie will frei leben und lieben und wer ihr diese Freiheit nehmen will, erfährt ihre aggressive Seite. So kommt es, dass sie eine Arbeitskollegin in der Zigarettenfabrik verletzt und dafür ins Gefängnis soll. Allerdings betört sie den Wachsoldaten Don José, der ihr schließlich zur Flucht verhilft und dafür selbst hinter Gittern landet. Doch Carmen belohnt ihn dafür nicht mit der Zuneigung, die sich der eher schüchterne Don José erhofft hatte. Sie wendet sich von ihm ab und verliebt sich stattdessen in den weitaus männlicheren Torero Escamillo. „Auf in den Kampf“ – die Arie deutet schon an, was folgt: Während Escamillo in der Arena mit einem Stier kämpft, bringt Don José Carmen vor der Arena um.

In der Inszenierung der Oper im Rahmen der Bregenzer Festspiele 2018 auf der einzigartigen Seebühne wurde Carmen übrigens nicht erstochen, sondern im See ertränkt. Das spektakuläre Bühnenbild mit den übergroßen Händen und durch die Luft wirbelnden Spielkarten greift den Schicksalsmoment auf, in dem Carmen sich die Karten legt, die ihr den Tod voraussagen. /sis

Viel Wohlwollen, einige Auszeichnungen, aber kein Erfolg

Viel Wohlwollen, einige Auszeichnungen, aber kein Erfolg
Der Schöpfer von “Carmen”: George Bizet (1838-1875)

Wer die ersten Takte der Arie „L’amour est un oiseau rebelle“ hört, sieht sofort die rassige Spanierin vor sich, die George Bizet in seiner Oper Carmen zum Leben erweckt hat. Keine andere Arie der Operngeschichte dürfte den gleichen Bekanntheitsgrad genießen wie die „Habanera“. Weiterlesen

Wieder kein spannender Tatort-Abend!

Wieder kein spannender Tatort-Abend!
ARD/BR TATORT, “Freies Land”: Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, links) und Kriminalhauptkommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum “Freiland”-Gelände. Foto: BR/Hendrik Heiden/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH

Einen Krimi in jeder Hinsicht aus der Vergangenheit präsentierte das Erste seinen Zuschauern im letzten Tatort vor der Sommerpause, aus München mit dem Titel “Freies Land”, nur dass es wieder kein Krimi war. Im Gegenteil, langweiliger geht es kaum und so twitterte denn auch ein Zuschauer, was die meisten sich wohl dachten: „Ein ganz normaler Krimi wäre mal was Feines“. Stimmt! Zwar waren die an sich sehr beliebten Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) am Werk, doch auch sie konnten aus der öden Vorlage keinen spannenden Film machen. Das beste in der Geschichte um die „Freiländer“ war noch der Wurstautomat und ein Rindvieh, das ziemlich deutlich zu verstehen gab, was man von der ganzen Sache zu halten hatte.

Nach den Nazis waren es am 3. Juni 2018 die Reichsbürger, die sich die Drehbuchautoren vorgenommen hatten, obwohl beide Gruppierungen in Ansichten und Verhalten kaum unterscheidbar waren. Außer vielleicht, dass die „Freiländer“ recht religiös daherkamen, ihr Anführer einem Messias gleich die Seinen an der Abendmahlstafel um sich versammelte. Im Laufe der Geschichte aber stellte sich heraus, dass genau dieser Messias das Geld seiner „Jünger“ veruntreut hatte. Ein Verrat, der für einen der Mitbrüder im ringsum hoch eingezäunten “Freiland” so schwer wog, dass er sich das Leben nahm. Dessen Mutter wiederum sorgte mit Geschick dafür, dass der Selbstmord für einen Mord gehalten wurde und so schließlich die inzwischen in Ehren ergrauten Münchner Kommissare eine Reise ins Vorgestern antraten. Unterhaltsam waren lediglich, wie bereits erwähnt, der Wurstautomat, das Rindvieh und vielleicht noch die beiden Dorfpolizisten, die mehr mit sich selbst als mit ihrer Arbeit beschäftigt waren. Irgendwie müssen Land und Leute in diesem Film in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stecken geblieben sein. Für den Zuschauer jedenfalls blieb am Ende einzig die Frage, ob es so ein Dorf ausgerechnet im ach so fortschrittlichen Bayern tatsächlich noch gibt? Wenn ja, könnte man glatt auf die Idee kommen, dass die abgedroschenen Sprüche der “Freilände” genau hier entstanden sein müssen: An einem Ort, wo heute gerade erst vorgestern ist! /sis

Vom Professor zum Kuhhirten und zurück

Vom Professor zum Kuhhirten und zurück
An seinem Geburts- und Sterbeort erinnern Dankmäler an August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der mit seinen Liedern und Gedichten einen wichtigen Beitrag zur politischen Willenbildung in Deutschland geleistet hat.

Genauso wechselvoll wie die Geschichte der deutschen Nationalhymne ist auch der Lebenslauf ihres Dichters: Heinrich August Hoffmann von Fallersleben, der meist vertonte Dichter seiner Zeit.

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Durchhalten oder umschalten?

Durchhalten oder umschalten?
ARD/WDR TATORT: SCHLANGENGRUBE: Ein Pinguin in der Rechtsmedizin – mit Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, l) und Prof. Boerne (Jan Josef Liefers, r). Foto: WDR/Thomas Kost

Vier Mal versuchte das Erste im Mai die Zuschauer mit seinen „Tatorten“ vor den Bildschirm zu locken und möglichst lange dort zu halten. Und vier Mal war der Zuschauer nicht unbedingt sicher, ob man sich das bis zum bitteren Ende antun musste. Weiterlesen

Europäische Hochkultur am Bodensee

Europäische Hochkultur am Bodensee
Ein architektonisches Meisterwerk: Die weltgrößte Seebühne dieser Art in Bregenz. Foto: Pixabay

Wollte man europäische Hochkultur verorten, würde man sich vermutlich gen Österreich wenden. Wien, Opernball, Salzburg und – natürlich – Bregenz mit seiner Seebühne, ein architektonisches Meisterwerk, das Kultur förmlich atmet.

Die Geschichte der Bregenzer Seebühne, die weltgrößte ihrer Art, begann schon gleich im ersten Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bregenzer luden nämlich bereits 1946 zur ersten Bregenzer Festwoche ein. Mozarts „Bastien et Bastienne“ kam genau da, wo Bregenz am schönsten ist, zur Aufführung – nämlich am Bodensee, einen anderen Aufführungsort gab es ohnehin nicht. Also wurden auf zwei Kräne im Gondelhafen das Bühnenbild auf dem einen und das Orchester auf dem anderen platziert.

Heute verfügt Bregenz über eine ganze Reihe ansehnlicher Veranstaltungsstätte, die allesamt zu den Festspielwochen Besucher aus der ganzen Welt anlocken. Unübertroffen aber ist die Seebühne: Was als Notlösung gedacht war, entpuppte sich als Erfolgsmodell. Vier Jahre später schon konnte dank einer großzügigen Spende eine Tribüne für 6400 Zuschauer eröffnet werden, es folgte ein Umbau 1979  und 1980 die Eröffnung des mit der Seebühne verbundenen Festspiel- und Kongresshauses. Jetzt waren die Festspielwochen unabhängig von der Witterung, denn bei Regen wich man kurzerhand ins Festspielhaus aus, das aber nur für rund 1700 Besucher Platz bot, die anderen musste nach Hause gehen. 1998 kam eine Werkstattbühne hinzu.

Die Seebühne hat seit 1979 einen gewaltigen Betonkern, der früher den Orchestergraben beherbergte. Heute sind hier die Solistengarderoben und Technikräume untergebracht. Das Orchester spielt seit 2005 im Festspielhaus, Bild und Ton werden auf die Seebühne übertragen. Auf rund 400 Holzpfählen, die um den Betonkern gruppiert sind, wird das Bühnenbild aufgebaut und neben den international umjubelten Inszenierungen sind es auch immer wieder die spektakulären Bühnenbilder, die den Erfolg der Festspiele mitbegründeten. Besonders das imposante Auge zu Puccinis „Tosca“ erlangte 2008 Weltruhm als Kulisse im Bond-Film „Ein Quantum Trost“.

Seit 1985 wechseln die Inszenierungen alle zwei Jahre, 2017/2018 stand Georges BizetsCarmen“ im Mittelpunkt, 2019/2020 wird es Guiseppe Verdis “Rigoletto” wiederum mit einem spektakulären Bühnenbild sein. /sis

Peter Paul Rubens – ein Leben für die Kunst (und das Geschäft)

Peter Paul Rubens – ein Leben für die Kunst (und das Geschäft)
Peter Paul Rubens – Selbstporträt

Im Mai 2018 war im Ausstellungshaus des Städel Museums in Frankfurt eine bedeutende Sonderausstellung mit etwa 100 Arbeiten – darunter 31 Gemälde und Zeichnungen – von Peter Paul Rubens (1577–1640) unter dem Titel „Rubens. Kraft der Verwandlung“ zu sehen. Weiterlesen

Was machen Barnaby und Co. anders als deutsche Kommissare?

Was machen Barnaby und Co. anders als deutsche Kommissare?
Die Briten wissen, wie man richtig gute Krimis macht – zum Beispiel “Inspektor Barnaby”. Das Bild zeigt DC Ben Jones (Jason Hughes), DCI Tom Barnaby (John Nettles), Joyce Barnaby (Jane Wymark) Foto: obs/ZDF

Seit in deutschen Krimis nur noch spektakuläre Fälle wie internationaler Menschen-, Drogen- und Waffenhandel, Terror und Fremdenfeindlichkeit oder organisierte Kriminalität thematisiert werden, steigen englische Krimis, allen voran Inspector Barnaby, unaufhaltsam in der Zuschauergunst. Warum ist das so? Weiterlesen

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