Entschieden zu viel des Guten

Kritik zum Tatort Ludwigshafen „Unter Wölfen“
ARD/SWR Tatort “Unter Wölfen”: Lena (Ulrike Folkerts) und Johanna (Lisa Bitter) haben ein Video sichergestellt, das erklärt, woher die guten Beziehungen ihres Hauptverdächtigen kommen. (Foto: SWR/Jacqueline Krause-Burberg)
Gerhard Arentzen (Thure Riefenstein, rechts) und seine muskelbepackte Einsatztruppe. (Foto: SWR/Jacqueline Krause-Burberg)

Einen blutrünstigen Tatort präsentierte Drehbuchautor und Regisseur Thomas Bohn seinen Zuschauern ausgerechnet am zweiten Weihnachtsfeiertag. Der vermeintliche Krimi entpuppte sich als knallharter Western mit einer schießwütigen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), die sich den Weg zum Zentrum des Bösen, das passender Weise in einem luxuriös ausgebauten Eisenbahnwagon residierte, im wahrsten Wortsinn frei schoss. Zum finalen Showdown aber stand sie dennoch einem übermächtigen Gegner gegenüber.

Und übermächtig scheinen auch private Sicherheitsfirmen zu werden, die immer mehr Aufgaben für den Staat übernehmen und sich dabei zu einer weiteren Machtebene entwickeln, die über Recht und Gesetz steht. So jedenfalls sieht es Gerhard Arentzen (Thure Riefenstein), arroganter und überheblicher Chef einer privaten Sicherheitsfirma in Ludwigshafen. Er hält sich für allmächtig und wer das nicht akzeptieren will, sieht sich den Fausthieben und Fußtritten seiner muskelbepackten Einsatztruppe ausgesetzt. Wer auch nach dieser Spezialbehandlung nicht klein beigibt, wird eben ganz aus dem Weg geräumt. So ergeht es auch dem Clubbetreiber Timur Kerala, der sich anschickte, Arentzen seine bevorzugte Position in der Stadt und im Land abzujagen. Lena Odenthal und Johanna Stern (Lisa Bitter) müssen schnell erkennen, dass Arentzen unter dem besonderen Schutz des Innenministers steht, der zusammen mit Oberstaatsanwalt Marquardt (Max Tidof) die Ermittlungen torpediert. Während Johanna Stern sich den Anweisungen von oben lieber fügen will, gerät Lena Odenthal regelrecht in Rage und macht sich auf einen ganz privaten Rachefeldzug, nachdem Arentzen ihre Wohnung zerlegt, Kater Mikesch getötet und die Tochter des Mordopfers, die unter Lenas Schutz stand, entführt hat. Zum Showdown steht Lena Arentzen und zwei seiner Bodyguards gegenüber. Nur gut, dass Johanna Stern und der Kollege von der Drogenfahndung gerade noch rechtzeitig dazukommen. Alle drei müssen von der Schusswaffe Gebrauch machen, um den unbesiegbaren Gegner schließlich doch niederzustrecken.

Abgesehen vom Ausflug in den Wilden Westen wartete dieser Tatort mit einer ganzen Reihe von Klischees auf: Üble Verquickungen von Politik und Sicherheitsbranche, menschliche Kolosse als Mitarbeiter mit typisch aggressivem Aussehen, keine Scheu vor dem Einsatz von Schusswaffen. Demgegenüber steht die kaputtgesparte Polizei, die durch den Draht in höchste politische Kreise auch noch machtlos zu sein scheint. Dazu ignorante Politiker, die nur ihre eigenen Interessen vertreten und karrieregeile Staatsdiener, die für den Sprung nach oben keine Schweinereien scheuen. Das war entschieden zu viel des Guten! /sis

Arentzen (Thure Riefenstein) hat Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) in den Ludwigshafener Hafen bestellt, um sie davon zu überzeugen, dass nicht er, sondern Gangs wie die des getöteten Kerala die Kriminellen sind. Dabei will er nur von sich und seinen kriminellen Verstrickungen ablenken. (Foto: SWR/Patricia Neligan)

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