Eine emotionale Berg- und Talfahrt

Kritik zum Tatort Köln „Niemals ohne mich“
ARD/WDR Tatort “Niemals ohne mich”: Unter einem Bahnbogen wurde die Leiche von Monika Fellner (Melanie Straub) gefunden. Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, rechts) stellt noch am Tatort ein schweres Schädel-Hirn-Trauma fest. So viel kann er Freddy Schenk (Dietmar Bär, Mitte) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen. (Foto: WDR/Martin Valentin Menke)
Norbert Jütte (Roland Riebeling, rechts) soll im Jugendamt Akten überprüfen.Die freundliche Ingrid Kugelmeier (Anna Böger) bietet ihm Unterstützung an. (Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Ja, die beiden alternden Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) aus Köln lassen es inzwischen ganz schön gemächlich angehen, auch wenn der Fall sehr bewegt. Und Assistent Norbert Jüttes (Roland Riebeling) Work-Life-Balance ist noch nie großartig in Richtung Arbeit ausgeschlagen und Multitasking zählt auch nicht gerade zu seinen bevorzugten Fähigkeiten. Heimlicher Star der Folge mit dem Titel „Niemals ohne mich“ aus der Feder von Jürgen Werner war denn auch Jüttes selbstgebastelte „Tageslichtdusche“, die ihm bei einem Außeneinsatz im Jugendamt weit mehr Kopfzerbrechen bereitete als die Manipulationsversuche der Mitarbeiterin der Unterhaltsvorschusskasse Ingrid Kugelmaier (Anna Böger) und deren Chef Markus Breitenbach (Christian Erdmann). Derweilen bemühten sich Ballauf und Schenk durch viel Fußarbeit aber fast schon empathielos den Mord an der Jugendamtsmitarbeiterin Monika Fellner aufzuklären, die zahlreichen säumigen Unterhaltsverweigerern mehr als einmal ziemlich heftig auf die Füße getreten war. Dabei lernten die Zuschauer einige bis aufs Blut zerstrittene Paare kennen, die die gemeinsamen Kinder als Waffen zur Durchsetzung ihrer persönlichen Interessen missbrauchten und gar nicht merkten, wie sehr sie diesen armen Würmchen und letztlich auch sich selbst damit schadeten. Ein heikles Thema, dessen Kernproblematik aber in diesem Tatort sehr gut herausgearbeitet wurde, auch wenn er sich nicht unbedingt durch viel Spannung und Dynamik auszeichnete. Die Auswirkungen der fehlenden Unterhaltszahlungen, die Probleme mit dem Amt, um einen Unterhaltsvorschuss zu bekommen, die finanzielle Not, in die Alleinerziehende mit säumigen Unterhaltszahlern nur allzu schnell geraten, die übermäßige Wut auf alles und jeden, die sich unaufhaltsam entwickelt und wie sehr all diese Probleme auch den Alltag der Jugendamtsmitarbeiter selbst beeinflussen, waren gut nachfühlbar dargestellt. Fast schon aus der Zeit gefallen wirkt indes Freddy Schenks nach wie vor ungebrochene Leidenschaft für große, schwere Autos. Was Kölns Radfahrer die ganze Woche über an Feinstaub einsparen, bläst Freddy Schenk in einer einzigen Tatortnacht locker aus dem Auspuff seiner Protzschlitten. Hier wäre endlich ein Umdenken der Figur angebracht, schließlich kann man auch in höherem Alter noch ganz gut dazulernen. /sis

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