Schlechter ging sowieso nicht mehr

Schlechter ging sowieso nicht mehr
Kritik zum Tatort „Rebland“
ARD/SWR Tatort “Rebland”: Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) haben Informationen von französischen Kollegen, mit deren Hilfe sie den Kreis der in ihrem Fall Verdächtigen einschränken. (Foto: SWR/Benoit Linder)
Die Kommissare (Hans-Jochen Wagner und Eva Löbau) hoffen, dass Beate Schmidbauer (Victoria Trauttmansdorff) bei einem Vor-Ort-Termin noch etwas zum Hergang des Überfalls auf sie einfällt. (Foto: SWR/Benoit Linder)

Schlechter als sein Vorgänger (Ich hab im Traum geweinet), das war von vornherein klar, konnte der neue Tatort aus dem Schwarzwald nicht werden. Und tatsächlich war „Rebland“ ein solider Krimi mit einer interessanten Story, die am Ende aber zu langatmig geriet. Die Vergewaltigung von Beate Schmidbauer (Victoria Trauttmansdorff), Freundin von Kripochefin Cornelia Harms (Steffi Kühnert), sollten Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Joachim Wagner) aufklären. Als Täter infrage kamen drei Verdächtige, die Tobler und Berg mithilfe erweiterter DNA-Analyse ausfindig gemacht hatten. Inzwischen dank einer Reform auch in Deutschland erlaubt, war diese Ermittlungspraxis zum Zeitpunkt der Entstehung des Drehbuchs von Nicole Armbruster durchaus noch verboten und damit bewegten sich Tobler und Berg auf verbotenem Terrain. Die Informationen hatten sie sich illegal von ihren französischen Kollegen geholt, die seit langem einen Mörder mit gleicher DNA suchten. Warum die Methode noch immer sehr umstritten ist, zeigte die Geschichte dann auch überdeutlich: Das Leben der drei Verdächtigen lief vollkommen aus dem Ruder. Am Anfangen hatten die Kommissare auch nicht mehr als ein paar ungefähre Angaben wie Alter, Haut- und Augenfarbe. Mit diesen groben Angaben wählten sie die drei Verdächtigen aus rund 80 DNA-Proben-Verweigerern aus und stolperten dann im Laufe der Geschichte auf immer mehr Ungereimtheiten im Leben der drei. Der Streifenpolizist Mario Lewandowsky (Marek Harloff) war wegen unkontrollierter Aggressivität aufgefallen, Frisör Victor Baumann (Roman Knizka) hatte bereits Kontakt mit der Polizei wegen sexueller Belästigung und der alleinerziehende Vater Klaus Kleinert (Fabian Busch) tat sich schwer mit den Auflagen des Jugendamtes. Durch die Ermittlungen gerieten alle drei in völlig unnötige Turbulenzen mit Nachbarn und Kollegen, die ihnen massiv zusetzten. Hinzu kamen die verzweifelten Kinder, die die Welt plötzlich nicht mehr verstanden. Polizeitaktisch mag die „erweiterte Merkmalsuntersuchung“ ihren Sinn haben, ethisch und moralisch ist sie höchst fragwürdig, weil die Ermittlungen eben auch Unschuldige treffen und deren Leben völlig zerstören können.

Die Geschichte war schlüssig, wenn auch in Teilen überholt. Allerdings geriet die Inszenierung von Regisseurin Barbara Kulcsar zu langatmig, streckenweise gar langweilig. Einzig die netten Landschaftsaufnahmen vom „Rebland“ versöhnten den Zuschauer ein wenig, wenn der Film auch sonst so gar nichts mit Wein zu tun hatte. Lediglich der Tatort befand sich in einem Weinberg. Dass Beate Schmidbauer überhaupt zum Opfer werden konnte, erschloss sich dem Zuschauer auch nicht wirklich. Keine erwachsene Frau würde mitten in der Nacht ganz allein durch einen Weinberg nach Hause laufen, mag sie auch noch so mutig sein. Es handelte sich bei ihr ja beileibe nicht mehr um ein naives junges Mädchen. Das machte den Tatort vorn vorherein wenig glaubwürdig. Dazu schien die Ermittlungsarbeit mehr vom Zufall als von Erkenntnissen geleitet und Tobler und Berg konnten auch diesmal wieder nicht überzeugen, weder einzeln noch im Zusammenspiel. /sis

Sind es die Ermittlungen, die das Leben von Viktor Baumann (Roman Knizka) umgestülpt haben? Jedenfalls hat seine Frau ihn verlassen und den Sohn mitgenommen. (Foto: SWR/Benoit Linder)

Alles andere als überzeugend

Alles andere als überzeugend
Kritik zum Tatort aus dem Schwarzwald „Für immer und dich“
ARD/SWR Tatort “Für immer und dich”: Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) hat nicht mehr damit gerechnet, dass das verschwundene Mädchen nochmal auftaucht. Aber jetzt haben er und Franziska Tobler (Eva Löbau) tatsächlich Spuren von ihr gefunden. (Foto: SWR/Benoit Linder)

Schon der Titel des vierten Tatorts aus dem Schwarzwald gibt Rätsel auf, was ist gemeint mit der Verkürzung, „Für immer und dich“?  Soll es bedeuten, dass der ältere Mann und die Minderjährige „für immer“ zusammenbleiben und „für dich“ – für das junge Mädchen tut der ältere Mann alles was er tut? So kann es nicht gemeint sein, denn der ältere Mann – Martin Nussbaum (Andreas Lust) – entpuppte sich als pädophil veranlagter Versager, der nach einer Firmenpleite mit dem Geld seiner Mutter für sich und ein damals erst 13-jähriges Mädchen eine Auszeit auf der Flucht finanziert. Das Mädchen, Emily Arnold (Meira Durand), ist nicht etwa verliebt in Martin Nussbaum, sie will nur – wie jeder Teenager in dem Alter – weg von Zuhause, sich ausprobieren. Soweit so gut. Emily verschwindet mit Nussbaum und wird erfolglos zwei Jahre gesucht. Dann wird sie plötzlich von ihrer Mutter gesehen und die Polizei-Maschinerie läuft erneut an. Hauptkommissarin Franziska Tobler (Eva Löbau) bekommt den Fall auf den Tisch. Denn der ursprünglich mit der Vermisstensache betraute Hauptkommissar Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) ist mit einem Unfall beschäftigt, bei dem ein Junge ums Leben kam. Eine Vermisstensache und eine Verkehrssache also – nicht unbedingt Aufgaben für die Kriminalpolizei möchte man meinen. Und in dieser Konstellation und Motivlage ganz gewiss auch nicht für einen spannenden Krimi geeignet. Tatsächlich war die Folge aus dem Schwarzwald dann auch ziemlich langweilig. Die Geschichte von Drehbuchautor Magnus Vattrodt verzettelte sich in viel Tatfolgegeschehen, beschäftigte sich mit der merkwürdigen Beziehung des ungleichen Pärchens, zeigte die Versuche des älteren Mannes an Geld zu kommen, um das Mädchen weiter bei sich zu halten und zugleich die Bemühungen des Mädchens aus der unheilvollen Beziehung auszubrechen. Dazu wurden zahlreiche Klischees bedient, frei nach dem Motto „Familie ist etwas Wunderbares“. Die Ermittlungen von Berg und Tobler spielten eine eher untergeordnete Rolle und basierten nicht auf Polizeiarbeit, sondern auf Zufallsfunden. Erst der Chip des zum Entsetzen aller Zuschauer brutal erschlagenen Hundes, der Nussbaum gehörte und Emily mehr faszinierte als sein Besitzer, brachte die Kommissare auf die Spur Nussbaums, der, von Emily unbemerkt, den tödlichen Unfall verursacht hatte.

Auch der vierte Tatort aus dem Schwarzwald war alles andere als überzeugend. Ein nachlässig zusammengezimmertes Gerüst für die wahre Geschichte des ungleichen Paares, das Monate lang die Schlagzeilen der Regenbogenpresse beherrschte. Obendrein präsentierten die Macher ein durch die Sommerhitze recht mitgenommen aussehendes Ermittlerteam, dem man so gerne eine erfrischende Dusche gegönnt hätte und zu allem Überfluss auch noch eine Hauptkommissarin auf der Toilette. Die völlig überflüssige Erzählung von Toblers vermeintlicher Schwangerschaft hätte man gewiss auch appetitlicher darstellen oder besser noch weglassen können, wie eigentlich den ganzen Film! /sis

error: Content is protected !!