Spannungsfreie Unterhaltung zur besten Krimizeit

Spannungsfreie Unterhaltung zur besten Krimizeit
Kritik zum Tatort „Die Ferien des Monsieur Murot“
ARD/HR Tatort “Die Ferien des Monsieur Murot”: Magda Wächter (Barbara Philipp) hat kein Verständnis für Felix Murots Alleingang (Ulrich Tukur). (Foto: HR/Bettina Müller)
Felix Murot (Ulrich Tukur) trifft seinem Dopperlgänger. (Foto: HR/Bettina Müller)

Ein Tatort mit Murot ist immer experimentelles Kino, das weiß man, bevor der Film beginnt. Mit Krimi hat Murot meist wenig bis nichts zu tun. Was genau Murot sein soll, wissen vermutlich auch die Macher nicht. Die Kritik spricht meist von einer „Hommage“ – diesmal wohl an „Das doppelte Lottchen“. Denn Felix Murot (Ulrich Tukur) begegnet im beschaulichen Urlaub seinem Doppelgänger, einem recht nervigen Autohändler, der Murot aber eines voraushat: Ein ganz gewöhnliches Leben mit Haus, Frau, Hund und Freunden in ländlicher Idylle. Nach einer durchzechten Nacht, in der Doppelgänger Walter Boenfeld Murot die Befürchtung gesteht, seine Frau wolle ihn umbringen, wacht Murot völlig verkatert in der Kleidung Boenfelds in dessen Garten auf. Auf dem Weg zurück in sein Hotel wird er von Polizisten gestoppt, die einen Unfall aufnehmen. Murot erkennt schnell, dass Boenfeld in seinem Anzug und mit seiner Dienstmarke in der Tasche tot auf der Straße liegt. Murot kehrt zurück in Boenfelds Haus und in dessen Leben, das ihm zunehmend besser gefällt. Von da an geht es recht vorhersehbar und daher doch eher langweilig bis zum bitteren Ende weiter. Murots Kollegin Magda Wächter (Barbara Philipp) ist natürlich empört als Murot auf seiner eigenen Beerdigung auftaucht. Boenfelds Frau Monika (Anne Ratte-Polle) genießt die Aufmerksamkeit, die sie von ihrem vermeintlichen Ehemann plötzlich bekommt, die Mitarbeiter im Autohaus wundern sich über ihren neuerdings etwas verpeilten Chef und Doppelgänger Boenfeld spukt in Murots Träumen und appelliert an sein schlechtes Gewissen. Niemand scheint Boenfelds Veränderung wahrzunehmen. Allerdings sind Murots Undercover-Ermittlungen auch nicht gerade besonders intensiv, er geht lieber Tennisspielen. Dafür behält Magda Wächter den Überblick. Als dann auch noch ein Mitarbeiter aus dem Autohaus sein Leben lassen muss, nachdem er Monika erpresst hatte, ist Wächter nicht länger bereit, Murots Spielchen mitzuspielen. Für sie besteht an Monikas Schuld nicht der geringste Zweifel – für die Zuschauer im Übrigen auch nicht.

Selten war die Aufklärung eines Falles so vorhersehbar. Man kann es gar nicht glauben, dass den Autoren Ben Braeunlich und Regisseur Grzegorz Muskala kein anderes Ende eingefallen ist, eine überraschende Wendung vielleicht, ein anderer Täter mit nachvollbarem Motiv, eine geheimnisvolle Geschichte aus der Vergangenheit. Stattdessen wird dem Zuschauer eine Täterin serviert, die von Anfang an unter Verdacht stand. Und so lösen sich auch die wenigen Krimi-Elemente des neuen Murot-Experiments in Rauch auf. Was am Ende bleibt ist die nette Geschichte eines Rollentauschs zweier ungleicher Charaktere mit gleichem Aussehen. Eine Geschichte, die mit der Besetzung gut als Mittwochsfilm oder unaufgeregte Unterhaltung am Freitagabend gepasst hätte, als Krimi am Sonntagabend zur Tatortzeit war sie aber völlig fehl am Platz. /sis

Felix Murot/Walter Boenfeld (Ulrich Tukur) findet das normale Leben an der Seite seiner vermeintlichen Ehefrau Monika Boenfeld (Anne Ratte-Polle) zunehmend attraktiver. (Foto: HR/Bettina Müller)

Typisch “Murot” – alles, nur kein “Tatort”

Typisch “Murot” – alles, nur kein “Tatort”
Kritik zum Tatort „Angriff auf Wache 08“
ARD/HR Tatort “Angriff auf Wache 08”: (v.l.n.r.) Walter Brenner (Peter Kurth) und Felix Murot (Ulrich Tukur) sind alte Freunde. Bei ihrem Treffen in der “Wache 08” tauchen die Justizvollzugsbeamten Frank (Andreas Schröders) und Jörg (Jörn Hentschel) auf, die durch eine Panne ihres Gefangenentransporters zufällig in der Wache gestrandet sind. (Foto: HR/Bettina Müller)
Kurz nachdem Felix Murot (Ulrich Tukur) bei seinem Freund angekommen ist, bricht die Hölle los. (Foto: HR/Bettina Müller)

Ein Tatort mit dem eigentlich großartigen Ulrich Tukur in der Rolle des LKA-Hauptkommissars Felix Murot ist in der Regel alles, nur kein Tatort. Das weiß man inzwischen. Auch bekannt ist, dass gerne mal groß geballert wird mit und um Murot und, dass die Geschichten reine Fantasy-Erzählungen sind, die weder mit der Realität noch mit Logik etwas zu tun haben. Unter diesen Voraussetzungen kann man die Murot-Tatorte mögen oder aber auch nicht. Genauso verhält es sich auch mit der neuesten Murot-Geschichte mit dem Titel “Angriff auf Wache 08” aus der Feder von Clemens Meyer und Thomas Stuber, nur dass diesmal mehr als üblich übertrieben wurde, in jeder Hinsicht. Der ganze Film bestand aus eine einzigen Ballerei, ohne jeden Sinn und Verstand. Vier Familienmitglieder eines scheinbar kriminellen Clans begeben sich anfänglich auf einen Rachefeldzug, doch im Verlaufe der Geschichte werden es immer mehr bis an die Zähne bewaffnete Angreifer, deren Herkunft am Ende genauso fraglich bleibt, wie die Tatsache, dass ein Gefangenentransport mit Schwerstkriminellen von niemandem vermisst wurde und warum eigentlich der Eisverkäufer sterben musste. Was hatte das alles mit der Sonnenfinsternis zu tun und wieso hatten es die Angreifer auf eine Wache abgesehen, die nur noch als Museum diente? Überhaupt gab es viel zu viele Tote, aber keinen Mord, es gab endlose Schießereien aber keinen greifbaren Täter mit einem verständlichen Motiv. Selbst Murots Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp) war in dieser Folge nur Beiwerk, sie marschierte erst kurz vor Schluss mitten im Showdown ganz alleine in die unter schwerem Beschuss liegende Wache 08, die wenig später nach einer gigantischen Explosion in einem Flammenmeer versank, während Wächter wie von Geisterhand unversehrt neben Murot und den letzten Überlebenden – Verkehrspolizistin Cynthia Roth (Christina Große), Serienmörder Kermann (Thomas Schmauser) und die Tochter des wohl auch eher zufällig erschossenen Arztes, Jenny Sibelius (Paula Hartmann) – auf der grünen Wiese weit weg vom Ort des Geschehens wieder auftauchte.

Wie gesagt, alles nicht verständlich, die gesamte Story eigentlich nicht viel mehr als eine Aneinanderreihung von längst bekannten Filmszenen, eine wilde Mischung aus „Stirb langsam“, „MacGyver“ und einer gehörigen Portion Wilder Westen. Nicht unbedingt schlecht, aber eben kein Tatort und schon gar kein Krimi. Warum solche Filme im Rahmen der Tatort-Reihe laufen müssen, bleibt das Geheimnis der Macher. Wird hier der Klasseschauspieler Ulrich Tukur als Zugpferd missbraucht? Für Freunde ungezügelter Ballerei in Verbindung mit lockeren Sprüchen aus der Mottenkiste klassischer amerikanischer Thriller und Western mag der Film unterhaltsam gewesen sein, für Liebhaber klug konstruierter Kriminalfälle mit einer Prise gern morbiden Humors und ebenso cleveren wie sympathischen Kommissaren war es einfach nur wieder Zeitverschwendung. Und noch ein Gedanken bleibt nach diesem an Brutalität kaum zu überbietenden Tatort: Die gerade in den letzten Wochen vielbeschworene Radikalisierung vieler junger Menschen kann offenbar nicht nur an Ballerspielen festgemacht werden. Auch Filme wie dieser, die die kranke Lust am Schießen und Töten so hemmungslos zelebrieren, tragen ihren Teil dazu bei. Und das auch noch finanziert durch die Gebühren der Fernsehzuschauer. Übel, ganz übel! /sis

Felix Murot (Ulrich Tukur, li.) holt Jenny Sibelius (Paula Hartmann) weg vom Serienkiller Kermann (Thomas Schmauser). (Foto: HR/Bettina Müller)

Merkwürdig komödiantisches Spektakel

Merkwürdig komödiantisches Spektakel
Kritik zum Tatort “Murot und das Murmeltier”
ARD/HR Tatort “Murot und das Murmeltier”: LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur, li.) hat die Nase voll und verschafft sicht Zutritt zu der Wohnung einer Verdächtigen – die Kettensäge weckt allerdings das Misstrauen eines Nachbarn (Jens Wawrczeck). (Foto: HR/Bettina Müller)

Was wollte uns Drehbuchautor Dietrich Brüggemann, der auch Regie führte und für die ausgesprochen gute Musik sorgte, mit dem Tatort „Murot und das Murmeltier“ denn nun eigentlich erzählen? Die längst bekannte Geschichte von dem sich immer wiederholenden Alltag kann es nicht gewesen sein, die hätte niemanden zu Begeisterungsstürmen veranlasst. Eine Kriminalgeschichte wohl auch nicht, dazu fehlten schlicht sämtliche Zutaten. Je länger man darüber nachdenkt, um so eher wird deutlich, dass uns der Autor vielleicht einfach nur unterhalten wollte mit seinem merkwürdig komödiantischen Spektakel aus der Ecke Comedy und Slapstick. Wer erschießt schon seinen Wecker oder springt mit einem derart hässlichen Pyjama aus dem Fenster oder geht im Bademantel in einen Baumarkt?

Nein, es kann sich nur um einen Witz gehandelt haben, denn mehr gab Murots Murmeltiertag gewiss nicht her. Wer es komisch findet, wenn Leute reihenweise ohne besonderen Grund in einer Endlosschleife einfach abgeknallt werden, mag mit diesem Tatort auf seine Kosten gekommen sein. Die wahren Krimifreunde aber blieben – wieder einmal – auf der Strecke. So etwas ähnliches wie Spannung erzeugte vielleicht der Umstand, dass man nie genau wusste, was Felix Murot (Ulrich Tukur) in der nächsten Fassung seines Albtraums tun würde. Er ballerte jedesmal munter drauf los, auf seinen musikliebenden Nachbarn zum Beispiel, den vermeintlichen Bankräuber und Geiselnehmer (Christian Ehrich), der eigentlich gar nichts wollte und dessen jugendliche Komplizin (Nadine Dubois) mit Armbrust, die auch nicht wirklich ins Geschehen passte. Murots Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp) war zur Statistin degradiert, genau wie alle anderen Beteiligten nichts weiter als Staffage waren. Je länger der Albtraum dauerte, um so mehr musste man befürchten, dass der LKA-Ermittler sich und anderen ernsthaft schadet, schließlich konnte er gar nicht wissen, wann denn nun ein neuer Tag mit neuem Geschehen angebrochen war, dazu war der jeweilige Auftakt zum Murmeltiertag einfach zu unterschiedlich. 

Das alles kann gefallen, als eigenständiger Film vielleicht, als Tatort aber eher nicht! Für Experimente gibt es genug Reihen auch in der ARD – der Filmmittwoch zum Beispiel. Dort hätte ein solcher Film auch mit dem großartigen Ulrich Tukur in der Hauptrolle gewiss einen würdigen Rahmen gefunden. Der Tatort aber sollte den Verantwortlichen für derartige Experimente doch eigentlich viel zu schade sein! /sis

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