Interessant, aber keine Krimimeisterleistung

Kritik zum Tatort Kiel „Borowski und die Angst der weißen Männer“
ARD/NDR Tatort “Borowski und die Angst der weißen Männer”: In der Nähe eines Clubs wird eine junge Frau tot aufgefunden. Sie wurde schwer misshandelt. Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) nehmen die Ermittlungen auf. (Foto: NDR/Christine Schroeder)
Borowski (Axel Milberg, vorne) gerät in die Fänge von Frauenhasser Hank Massmanns (Arnd Klawitter) Gefolgschaft. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Der neue Tatort aus Kiel mit dem Titel „Borowski und die Angst der weißen Männer“ aus der Feder von Peter Probst und Daniel Nocke wollte viel, eigentlich zu viel für einen 90 Minuten Krimi. Im Mittelpunkt stand der Frauenhass militanter Gruppen wie „Incel“, die vom Verfassungsschutz noch immer nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie dringend bekommen müsste. Hinter „Incel“ verstecken sich Männer, denen ihrer Meinung nach ein natürliches Recht auf Sex zusteht. Wenn nicht freiwillig, dann eben mit Gewalt. Um das krude Frauenbild zu untermauern, brachten die Autoren dann aber auch noch Neonazis der Gruppe „14 Words“ ins Spiel. Völlig unnötig, auch wenn sich die Interessen der Frauenhasser und die der Rechtsradikalen in einigen Bereichen überschneiden. Denn in diesem Fall war der selbsternannte Frauenversteher und Dating-Coach Hank Massmann (großartiger Arnd Klawitter) Beispiel genug, welch zerstörerische Wirkung Frauenhasser auf junge, verunsicherte Männer haben können. Mario Lohse (Joseph Bundschuh), von vielen Frauen und seiner Chefin ausgelacht und verspottet, ließ sich von Massmanns lautem Hassgeschrei mitreißen und, verstärkt von rechtsradikalen Hassposts im Internet, zu einem Amoklauf inspirieren. Hinzu kam, dass Klaus Borowski (Axel Milberg) und seine Assistentin Mila Sahin (Almila Bagriacik) den jungen Mann ausgerechnet in dem Augenblick zum Verhör abholten, als er erste zarte Bande zu einer sympathischen Frau knüpfen wollte. Mario Lohse war mit dem in der Nähe eines Kieler Clubs aufgefundenen Mordopfer auf einer Überwachungskamera zu sehen. Tatsächlich hatte Lohse den Club mit dem späteren Mordopfer verlassen. Umgebracht hatte er sie dennoch nicht, wohl aber schwer misshandelt.

Wie schon in den letzten Tatorten spielte der Tod des jungen Mädchens eine untergeordnete Rolle. Er wurde nur sehr am Rande abgehandelt und stellte sich am Ende auch wieder nicht als Mord heraus. Und auch die Vergewaltigung und der Mordanschlag auf eine Politikerin und ihre Assistentin fanden keine Aufklärung. Während das Mädchen wegen Drogenmissbrauchs einfach tot umgefallen ist, waren es im anderen Fall in weiße Schutzanzüge gehüllte Gestalten, die Frauen auf einer Liste angriffen, darunter eben auch die Politikerin Birte Reimers (Jördis Triebel). Anders als bei der Assistentin konnte in diesem Fall die mutige und diesmal besonders kampfeslustige Mila Sahin Birte Reimers aber vor Schlimmeren bewahren. Und auch Borowski stoppte Lohses geplanten Amoklauf ziemlich unspektakulär mit einem Schuss ins Knie des Angreifers. Spannung kam erst gegen Ende des Films auf, als Mila Sahin das Leben der Politikerin in deren Haus beschützen musste.

Keine gute Figur gab auch diesmal wieder der Verfassungsschutz ab, der die Ermittlungen wo es nur ging behinderte und ausgerechnet den Anführer Hank Massmann als „unbedenklich und gut“ einstufte. Die Gründe dafür blieben genauso im Dunkeln, wie die Identität der Angreifer in ihren weißen Anzügen. Die Spannung am Ende machte die langatmigen Schilderungen über weite Strecken aber durchaus wett. Das Thema „Frauenhass“ wurde hinreichend beleuchtet und die Verführung junger Menschen durch charismatische Anführer gut verständlich aufgezeigt. Alles in allem ein interessanter Streifen passend zum Weltfrauentag am 8. März, aber nicht unbedingt eine Krimimeisterleistung, wie man sie sonst aus Kiel kennt. /sis

Eine besonders kampfeslustige Mila Sahin (Almila Bagriacik) schützt Politikerin Birte Reimers (Jördis Triebel).
(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Der vorherige Tatort aus Kiel “Borowski und der Fluch der weißen Möwe” war spannend von der ersten bis zur letzten Minute. Das kann man vom neuen Tatort zum Weltfrauentag nicht gerade sagen.

ARD/NDR Tatort “Der Fluch der weißen Möwe”: Haben Borowski (Axel Milberg) und Sahin (Almila Bagriacik) versagt? (Foto: NDR/Gordon Timpen)

Ein Gedanke zu „Interessant, aber keine Krimimeisterleistung

  • 9. März 2021 um 17:03 Uhr
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    Obwohl ich Axel Milberg für einen guten Schauspieler halte, ist der Kieler Kommissar Borowski eine alte Schnarchnase! Die Drehbücher kann man nur als schlecht recherchiert, lieblos heruntergeschrieben und auch noch schauderhaft umgesetzt bezeichnen! Vorliegender Fall war eigentlich nach Geständnis des Täters nach ca. eineinviertel Stunde beendet. Da fiel dem Drehbuchschreiber wohl ein: Himmel, wir haben ja noch 15 Minuten Sendezeit! Da wurden die Rechten bemüht, allerdings in einer Art und Weise, das sich einem die Fußnägel hochrollten. Gar keine Frage, es gibt Frauenhasser, aber hier gab die Rolle des Täters mehrere Stilbrüche! Und auch locker eingestreute Brutalitäten, die so glaubwürdig sind, wie das Erschlagen mit einem Papiertaschentuch machen noch keinen guten und vor allem logischen Krimi aus!

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