Wieder ein Tatort mit erhobenem Zeigefinger

Kritik zum Tatort Göttingen „National feminin
ARD/NDR Tatort “National feminin”: Anais Schmitz (Florence Kasumba) und Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) verhören drei Studenten, die der “Jungen Bewegung” angehören. (Foto: NDR/Frizzi Kurkhaus)
Vor dem Polizeipräsidium machen Mitglieder der “Jungen Bewegung” Stimmung gegen die Polizei. (Foto: NDR/Frizzi Kurkhaus)

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bekanntermaßen einen Bildungsauftrag. Warum der sich aber nur im Vorführen der rechtsradikalen Szene erschöpfen muss, bleibt das Geheimnis der Tatort-Macher. Der Tatort aus Göttingen mit dem Titel “National feminin” indes hatte neben der rechtsradikalen Gruppe mit dem Namen “Junge Bewegung”, die aus drei durchweg intelligenten, jungen Menschen bestand, auch die radikalen Feministinnen im Blick, eine eher ungewöhnliche Mischung. In diesem Umfeld musste das so ungleiche Kommissarinnen-Duo Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Anais Schmitz (Florence Kasumba) nach dem Mörder von Marie Jäger (Emilia Schüle), einer erfolgreichen Bloggerin, fahnden. Allzu schwierig war das nicht, halten die Jugendlichen heute doch jeden ihrer Atemzüge im Video fest, das dann seinen Weg ins Netz oder eben auch nur auf ein privates Speichermedium findet. Schmitz und Lindholm mussten also nur auf die Entschlüsselung der natürlich streng geheimen Passwörter warten und schon konnten sie den Tathergang lückenlos rekonstruieren. Entsprechend kurz und heftig waren die Vernehmungen der „Jungen Bewegung“, in denen es mehr um typisch braunes Geschwätz und “Ausländer-raus”-Parolen als um Maries Tod ging. Mord und Polizeiarbeiten wurden – wie nicht anders zu erwarten – dafür heftig kritisiert und an den öffentlichen Pranger gestellt. Eine Lehrstunde, wie Radikale ihre Bühne bauen und nutzen. Dazu gab es zwei völlig bedeutungslose Nebengeschichten: Ein junger Mann, der seinen Vater hasst, wegen einer Farbbeutelattacke ins Visier der Polizei gerät und dafür mit dem Leben bezahlt und Charlotte, die ungeniert mit Anais Ehemann Nick (Daniel Donskoy) flirtet. Spannung gab es keine. Dass der Hintergrund des Geschehens eher im komplizierten Beziehungsgeflecht des Opfers als in einer politisch motivierten Tat zu suchen war, war nur allzu leicht durchschaubar. Obwohl dem wahren Täter von Anfang bis zur Auflösung nicht das geringste anzumerken war, was wiederum schlicht unglaubwürdig wirkte.

Wer sich gerne belehren lässt und vielleicht auch ein bisschen Nachhilfe in Sachen Rechtsradikalismus und Feminismus benötigte, war mit diesem Tatort aus der Feder von Daniela Baumgärtl und Florian Oeller sicher gut bedient. Für Krimifreunde bedeutete „National feminin“ doch eher gepflegte Langeweile, allenfalls unterbrochen von der Empörung über Charlotte Lindholms – augenscheinlich – plumpen Versuch, sich an den Ehemann ihrer Partnerin Anais Schmitz heranzumachen. Ein absolutes “No-go”, wie es neudeutsch so kurz und treffend heißt! /sis

Ciaballa (Jonas Minthe), Anais (Florence Kasumba) und Charlotte (Maria Furtwängler) entdecken einen verdächtigen Fahrradfahrer. (Foto: NDR/Frizzi Kurkhaus)

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