Spannender Blick in die Überwachungszukunft

Rezension Tom Hillenbrand „Drohnenland“

Wer den Zugriff auf die Daten hat, der hat die absolute Macht. Und um diese Macht zu erhalten, schrecken Menschen auch vor massenhaftem Mord nicht zurück. Das ist der Kern des futuristischen Thrillers „Drohnenland“ von Tom Hillenbrand, der 2014 veröffentlicht, mit dem Friedrich-Glauser-Preis als bester Kriminalroman ausgezeichnet wurde und inzwischen in der 12. Auflage erschienen ist.

In Hillenbrands Geschichte wird das Europa der Zukunft von den unterschiedlichsten Drohnen überwacht, die alles sehen, alles hören und alles aufzeichnen. Diese Aufzeichnungen kann man sich nicht nur anschauen, man sich auch direkt in sie hineinspiegeln lassen, erfährt die Situation quasi als unsichtbarer Geist direkt und hautnah mit. So jedenfalls löst Kriminalhauptkommissar Arthur van der Westerhuizen vorzugsweise seine Fälle in Brüssel. Keiner entkommt dieser allumfassenden Überwachung, ein Computer weiß jederzeit, wo wer ist und was er gerade tut, mehr noch, er kann sogar voraussagen, was der jeweilige Mensch in Zukunft tun wird, mit einer gewissen Schwankungstoleranz. Um diesen Zustand totaler Kontrolle abzusichern, haben sich Kommission, Polizei und Geheimdienst in einer neuen, in Kürze zur Abstimmung stehenden Verfassung umfangreiche Rechte festschreiben und durch den allwissenden Polizeicomputer Terry auch gleich die eventuellen Neinsager unter den Abgeordneten bestimmen lassen. Sie sind ein unkalkulierbares Risiko für die machtbesessenen Chefs der drei Institutionen und so stirbt ein potentieller Neinsager nach dem anderen unbemerkt eines mehr oder minder natürlichen Todes, bis Kommissar Westerhuizen und seine Datenanalystin Ava Bittman den Verschwörern auf die Spur kommen, selbstverständlich nicht ohne selbst in höchste Lebensgefahr zu geraten.

Tom Hillenbrand erzählt aus der „Ich-Perspektive“ des Kommissars in der Gegenwart, was anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Von der ersten bis zur letzten Seite begleitet der Leser den ungewöhnlichen Polizisten durch die spannende Geschichte, die durch diese Erzählweise aber naturgemäß sehr dialoglastig ist. Das stört nicht weiter, außer vielleicht, dass Westerhuizens Mitarbeiterin Ava nahezu jeden ihrer Sätze mit einem liebevollen „Aart“ enden lässt, wie sie den Kommissar nennt. Trotzdem ist das Buch uneingeschränkt beste Krimiunterhaltung, die einen Blick in eine Zukunft gewährt, die hoffentlich niemals kommen wird. /sis

Bibliographische Angaben:
Tom Hillenbrand: „Drohnenland“
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014, 423 Seiten, 12. Auflage 2019, ISBN978-3-462-04662-5

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