Sie konnten zusammen nicht kommen

Rezension Charlotte Link „Das andere Kind“

Charlotte Linke gilt als eine der besten deutschen Autoren – und das zu Recht. Ihr Stil ist flüssig, sie verzichtet auf ausschweifende Beschreibungen, konzentriert sich auf das Wesentliche ihre äußerst geschickt konstruierten Geschichten. Das mündet in einem wahren Leserausch. „Das andere Kind“ aus ihrer Feder mag man nicht aus der Hand legen. Es handelt sich dabei eigentlich nur in zweiter Linie um einen Kriminalroman, im Vordergrund steht die ungewöhnliche Lebensgeschichte von Fiona Barnes und Chad Beckett, die sich im Zuge der Landverschickung Londoner Kinder nach Yorkshire Ende 1940 in der rauen Küstenstadt Scarborough noch als Kinder kennen und lieben lernen und ein Leben lang nicht mehr von einander lassen können. Und dass, obwohl den beiden kein klassisches Happyend beschert ist, jeder einen anderen Partner heiratet und eigene Kinder bekommt. Was sie verbindet ist eine grausame Schuld, ein Vergehen an einem Kind, eben dem „anderen Kind“, wie der kleine Brian von Fiona und Chad genannt wird. Brian gerät mehr zufällig in das Geschehen, wird aber zum zentralen Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, die mit dem Mord an einer Studentin ihren Ausgang nimmt und in Fionas Ermordung gipfelt. Für die ehrgeizige Kommissarin Valerie Almond sieht es so aus, als ob die beiden Morde von ein- und demselben Täter begangen wurden. Nach und nach aber taucht sie, zusammen mit Dr. Leslie Cramer, Fionas Enkelin, immer tiefer in die Geschichte von Fiona und Chad ein, die ihre dunklen Schatten bis in die Gegenwart wirft, denn Fionas Mörder kennt plötzlich kein Halten mehr.

Das 672 Seiten umfassende Buch erzählt nicht nur die eigentliche Geschichte um den Mord der beiden Frauen, sondern wirft auch einen bemerkenswerten Blick auf die Geschichte des Zweiten Weltkrieges in London, den vom Überlebenskampf geprägten Alltag der Menschen und die Nachwirkungen, die das grausame Geschehen auf ihr Leben hatte. /sis

Bibliographische Angaben:
Charlotte Link: Das andere Kind
Verlag Blanvalet, Erstveröffentlichung 2009, Ausgabe 2019, 672 Seiten
ISBN 978-3-7341-0793-1

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