Eltern können einfach der Horror sein

Kritik zum Tatort Franken „Wo ist Mike?“
ARD/BR Tatort “Wo ist Mike”: Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) sind bestürzt über die aktuellen Entwicklungen des Falls. (Foto: BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Marc Reimann)

Ein bis aufs Blut verfeindetes Elternpaar bekommen nicht mit, dass ihr gerade erst fünfjähriger Sohn im angrenzenden Wald verschwindet. Die Mutter des 17-jährigen Titus (Simon Frühwirth) mit Wahnvorstellungen will die Wahrheit nicht erkennen und erdrückt ihren Sohn mit ihrer Liebe. Die Eltern zweier Schüler hinterfragen nicht deren Lügen, mit denen sie einen Lehrer Rolf Glawoggers (Sylvester Groth) der sexuellen Belästigung beschuldigen. Ausgerechnet den Lehrer, in sich Kommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) gerade erst verliebt hat. Während Paula Ringelhahn nur zu gerne an die Unschuld ihrer neuen Lieben glauben möchte, sieht ihr Kollege Felix Voss (Fabian Hinrichs) einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden des Fünfjährigen Mike, dessen Vater (Andreas Pietschmann) in der Nähe von Glawoggers Haus eine düstere Villa bewohnt. Wenn Glawogger schon wegen sexuellen Missbrauchs in Verdacht steht, hat er sich vielleicht auch Mike geholt! Tatsächlich findet Ringelhahn den toten Mike in Glawoggers Keller in einem Schrank.

Es dauert lange bis Ringelhahn und Voss die Zusammenhänge zwischen Titus, Mike und Glawogger erkennen – und der Zuschauer hat ebenfalls Schwierigkeiten dem Geschehen zu folgen. Denn Regisseur Andreas Kleinert packt große Teile der Geschichte des neuen Tatorts aus Franken mit dem Titel “Wo ist Mike” in Wahnvorstellungen und Visionen, die sowohl Titus als auch die Kommissare immer wieder ereilen und nicht unbedingt zum aktuellen Ablauf der Geschichte passen. So bringt Glawogger sich spektakulär um. Erst später wird klar, dass Ringelhahn sich das nur so vorgestellt hat. Voss dagegen begegnet immer wieder der kleinen Mike, der ihn traurig anschaut. Voss kann Mikes Angst spüren und das bringt ihn schließlich auf die richtige Fährte. Denn auch Titus, der mit seiner imaginären Freundin Mike im Wald gefunden und bei Glawogger im Schrank „in Sicherheit gebracht hat“, hat Angst – wovor wird nicht so richtig klar. Sein Vater ist tot, seine Mutter (Bettina Hoppe) liebt ihn abgöttisch. Halt findet er bei Glawogger, bis der ihm aus Angst vor dem Gerede der Nachbarn wegen der Anzeige der Schüler die Freundschaft kündigt. Es wird klar, wie sehr Kinder unter ihren streitenden Eltern und überbordender Liebe leiden, wie schnell üble Gerüchte ein Menschenleben vernichten und sämtliche Beziehungen zerstören können. Drehbuchautor Thomas Wendrich verpackt diese Geschichte in schon horrorartige Szenen. Fast schon zu viel Horror für Sonntagabend-Unterhaltung! /sis

ARD/BR Tatort “Die Nacht gehört dir): Die Kriminalhauptkommissare Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) am Bett der toten Barbara Sprenger. (Foto: BR/Hager Moss Film/Hendrik Heiden)

Im vergangenen Tatort aus Franken mit dem Titel “Die Nacht gehört dir” war es Kommissar Voss, der eine Affäre hatte.

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