Drei Kommissare im Abseits

Drei Kommissare im Abseits
Kritik zum Tatort „In der Familie“ Teil 2
ARD/BR Tatort “In der Familie” Teil 2: Durch den Mord am Bauamtsleiter kommen die Kriminalhauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, links) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) wieder auf die Spur von Luca Modica und Pippo Mauro. (Foto: BR/WDR/X Filme Creative Pool GmbH/Hagen Keller)
Peter Faber (Jörg Hartmann, links) stört die Observation von Leitmayr (Udo Wachtveitl, rechts) und Batic und macht so den Mafia-Boss Domenico Palladio (Paolo Sassanelli, Mitte) auf die Überwachung aufmerksam. (Foto: BR/WDR/X Filme Creative Pool GmbH/Hagen Keller)

Man hatte sich mehr erwartet von der Jubiläumsdoppelfolge des Tatorts mit dem Titel „In der Familie“. Auch im zweiten Teil standen die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und ihre Ermittlungen abseits des Geschehens wie schon im ersten Teil in Dortmund. Und der groß angekündigte Besuch der Dortmunder Kollegen in München entpuppte sich als Solokurzauftritt von Peter Faber (Jörg Hartmann), der genauso gut hätte unterbleiben können.

Wieder standen die Mafia und ihre Menschenverachtung im Vordergrund. Ging es im ersten Teil um Schutzgelderpressung, bekamen die Zuschauer im zweiten Teil Einblicke in die Methoden der Geldwäsche in Zusammenhang mit öffentlichen Bauaufträgen. Diesmal spielte aber Tochter Sofia Modica (Emma Preisendanz) die Hauptrolle, die verzweifelt versucht Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen und damit den Mafia-Boss Domenico Palladio (Paolo Sassanelli) gegen sich aufbringt. Wieso Sofia mit ihrem Vater Luca Modica (Beniamino Brogi) und Pippo Mauro (Emiliano De Martino) nach dem Mord an Sofias Mutter ausgerechnet nach München geflohen sind, wo Pippo von den Münchener Kommissaren im ersten Teil wegen Mordes an einem Drogendealer gesucht wurde – deswegen war er ja in Dortmund untergetaucht -, weiß vermutlich nur Drehbuchautor Bernd Lange. Aber auch in München haben die beiden Pseudo-Mafia-Gangster kein Glück, sie bringen in Domenicos Auftrag den abtrünnigen Bauamtsleiter aus Versehen um, statt ihn nur zu erschrecken. Damit aber rücken sie wieder ins Blickfeld der Münchener Kommissare und auch Kollege Peter Faber taucht völlig unvermittelt in München auf. Sofias Anruf bei ihrer Mutter wurde abgehört. Da sie dafür das Handy von Domenicos Sohn Marc (Valentin Mirow) benutzt hat, erscheint Faber just an dem Ort, an dem Batic und Leitmayr gerade Domenico wegen des Mordes an dem Bauamtsleiter observieren.

Als Sofia erfährt, dass ihre Mutter nicht mehr lebt, erschießt sie erst Pippo und bringt dann Marc in ihre Gewalt, um so von Domenico zu erfahren, wer ihre Mutter getötet hat. Obwohl die geballte Polizeigewalt samt Faber zur Stelle ist, gelingt Sofia die Flucht. Und Batic und Leitmayr lassen sie bewusst laufen, um ihr so „eine Chance“ zu geben. Faber will das nicht glauben und auch dem Zuschauer fällt es schwer, diese Aktion nachzuvollziehen. Wie lange eine echte Mafia-Tochter, die sich als Verräterin entpuppt hat, wohl überlebt? Zwar wird schließlich auch Luca Modica geschnappt, der sich noch einmal als Würger versuchte, ob Batic und Leitmayr am Ende aber genug Beweise gegen Domenico und seine Handlanger im städtischen Bauamt vorlegen konnten, um ihm das Handwerk zu legen, blieb genauso offen wie Sofias Zukunft. Wohin geht eine 17-Jährige auf der Flucht vor der Mafia allein auf sich gestellt?

Die Story war durchaus für einen spannenden Krimi geeignet. Aber wie schon der erste Teil so war auch Teil 2 eine brutale Mafiageschichte, in der die Polizei einfach keine Rolle spielt. Und so spielten denn auch die Teams aus Dortmund und München in den beiden Fällen überhaupt keine Rolle. Der Zuschauer war aber ohnehin mehr mit den nicht enden wollenden Untertiteln beschäftigt, war die überwiegend vorherrschende Dialogsprache doch italienisch. /sis

Sofia Modica (Emma Preisendanz) übt sich als Mafia-Tochter. Dennoch sucht sie verzweifelt Kontakt zu ihrer Mutter, während Pippo Mauro (Emiliano De Martino) sie nicht aus den Augen lässt. (Foto: BR/WDR/X Filme Creative Pool GmbH/Hagen Keller)

Hoffen auf Teil 2 der Jubiläumsfolge

Hoffen auf Teil 2 der Jubiläumsfolge
Kritik zum Tatort Jubiläums-Tatort „In der Familie“ Teil 1
ARD/WDR Tatort “In der Familie” Teil 1: Das Dortmunder und das Münchner Team ermitteln gemeinsam in einem Fall um Drogenhandel und Geldwäsche der kalabrischen Mafia. V.l. Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), Jan Pawlak (Rick Okon), Nora Dalay (Aylin Tezel), Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Boenisch (Anna Schudt), Ivo Batic (Miroslav Nemec). (Foto: WDR/Frank Dicks)
Nora Dalay (Aylin Tezel) geht ein hohes persönliches Risiko ein und steht unter Druck bei den Ermittlungen mit Peter Faber (Jörg Hartmann), Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, v.l.n.r.). (Foto: WDR/Frank Dicks)

Die Mafia und ihre ausufernden Drogengeschäfte waren Thema des ersten Teils der Tatort-Jubiläumsfolge „In der Familie“ mit den Ermittlern aus Dortmund und München. Der Italiener Luca Modica (Beniamino Brogi) betreibt mit seiner Frau Juliane (Antje Traue) und Tochter Sofia (Emma Preisendanz) eine kleine Pizzeria in Dortmund. Wegen seiner Verbindungen zur Mafia wird er von Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) observiert, denn Modicas Pizzeria ist Umschlagplatz für Kokain aus Italien. Derweilen wird in München ein Drogendealer ermordet. Der Mörder Pippo Mauro (Emiliano De Martino) flieht und bekommt auf Geheiß der Mafia Unterschlupf bei Familie Modica. Als Jan Pawlak (Rick Okon) Auskunft über Pippo haben will, erscheinen die Münchener Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in Dortmund, um Pippo zu verhaften. Damit ist Faber aber ganz und gar nicht einverstanden. Er will an die Hintermänner der Drogengeschäfte. Mit Martina Bönischs (Anna Schudt) Hilfe gelingt es, die Münchener Kollegen in die Beobachtungen zu involvieren. Während Nora Dalay (Aylin Tezel) die Bekanntschaft zu Juliane Modica sucht, fliegt Pawlak auf. Faber weiß das, ist aber nicht bereit, Juliane, die dank Dalays Bemühungen bereit ist, ihren Mann und die Organisation an die Polizei auszuliefern, zu stoppen. Es kommt, wie es kommen muss: Luca bringt seine Frau um. Ihm und Pippo gelingt die Flucht. Nora Dalay wirft das Handtuch, Faber ist uneinsichtig wie eh und je und die Kommissare aus München machen sich ohne ihren Mörder auf den Heimweg.

Trotz des explosiven Themas ist es dem Jubiläumstatort nicht gelungen, einen spannenden Krimi zu präsentieren. Stattdessen bekamen die Zuschauer ausgiebig den schwierigen Alltag einer Mafia-Familie zu sehen. Einen Alltag, der aus dem Ruder läuft, als der skrupellose Pippo auftaucht und Luca mit in seine äußerst brutalen Geschäfte zieht. Dabei kamen all die typischen Mafia-Klischees zum Tragen, die man so kennt: Schutzgelderpressung mit Baseball-Schläger, massenhaft gerollte Geldbündel, Waffen und der obligate Sportwagen in quietschgelb. Die Tochter schätzt den Luxus, der Vater eifert Pippo nach, die Mutter möchte lieber ein normales Leben, kann ihren Mann aber doch nicht verraten. Ihr Mann indes ist viel zu feige, um sich und seine Familie aus den Fängen der Mafia zu befreien und tötet lieber seine Frau, als seine “Mafia-Familie” zu enttäuschen. Und dann ist da noch Faber, der diesmal wieder den völlig weltfremden Egomanen mimt, der nicht davor zurückschreckt, andere in Lebensgefahr zu bringen. Auch bei den Beobachtungen gab er nicht gerade einen professionellen Ermittler ab. Er passte zusammen mit Batic und Leitmayr Nora Dalay direkt vor einem Fitnessstudio ab, in dem sie sich mit Juliane Modica getroffen hatte. Natürlich wurden die vier bei diesem “geheimen” Treffen auf offener Straße beobachtet und die Italiener gewarnt! Eine glaubwürdigere Wendung war Drehbuchautor Bernd Lange leider nicht eingefallen. Und auch die beiden Münchener Kommissare waren in diesem Tatort nur Staffage, genauso wie Jan Pawlak und Martina Bönisch, die Faber einfach machen ließ. Bleibt zu hoffen, dass Teil 2 besser wird! /sis

Nora Dalay (Aylin Tezel), Jan Pawlak (Rick Okon), Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, v.l.n.r.) beobachten die Befragung von Juliane Modica. (WDR/Frank Dicks)
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