Packendes Sozialdrama mit Schock-Ende

Packendes Sozialdrama mit Schock-Ende
Kritik zum Polizeiruf 110 aus Rostock „Sabine“
ARD/NDR Polizeiruf 110 “Sabine”: Karaoke zu Ehren Veit Bukows (Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner) (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Minuten der Angst durchlebten die Polizeiruf Rostock-Fans am Ende der Folge „Sabine“: Bukow (Charly Hübner) wird niedergeschossen, König (Anneke Kim Sarnau) zieht ihn aus der Gefahrenzone, der Notarzt eilt herbei, Bukow liegt leblos am Boden. König ist verzweifelt, beugt sich über Bukow, rennt wieder weg. Der Leiter der Mordkommission Henning Röder (Uwe Preuss) wird telefonisch verständigt, auch seine Reaktion ist nicht eindeutig. Es dauert gefühlt ewig, bis König und Bukow schließlich gemeinsam am Strand stehen und Abschied nehmen von Bukows kürzlich verstorbenem Vater.

Der Fall gibt dem Team Rätsel auf (v.l.n.r. Charly Hübner, Anneke Kim Sarnau, Andreas Guenther, Josef Heynert) (Foto: NDR/Thorsten Jander)

Mit dem Tod von Veit Bukow (Klaus Manchen) beginnt die neue Folge. Der Abschied von seinem Vater steht für Alexander genannt „Sascha“ Bukow auch klar im Vordergrund. Halt sucht und findet er bei Kollegin Katrin König. Schon zum Ende der letzten Folge mit dem Titel „Der Tag wird kommen“, kam es zu einem ersten Kuss zwischen Bukow und König, in „Sabine“ nimmt das Verhältnis Fahrt auf. Dabei war es gerade die prickelnde Spannung zwischen den beiden, die dem Rostocker Ermittlerduo dieses gewisse Etwas verliehen hatte. Ob die Zweisamkeit das auf Dauer aufrecht erhalten kann, bleibt abzuwarten. Zum Auftakt jedenfalls verstanden es Drehbuchautor Florian Oeller und Regisseur Stefan Schaller sehr gut, die Spannung zwischen Bukow und König zu erhalten, durch kleine Gesten, liebevolle Blicke, einen sehnsüchtigen Tanz und ein gemeinsam gesungenes Liebeslied. Respekt für so viel Gefühl!

Während sich Bukow und König bei der privaten Trauerfeier für seinen Vater näherkommen, erlebt die Hauptakteurin Sabine Brenner (großartige Luise Heyer) ihren absoluten Tiefpunkt. Sie kramt die gut versteckte Makarow hervor. Ihre Arbeit als Aufstockerin in der Werft vor dem Aus, von der Bank gibt es kein Geld mehr, der Strom bereits abgestellt, sitzt sie auf ihrer Couch und hält sich die Pistole an den Kopf. Sie schafft es nicht abzudrücken, auch weil einer der Nachbarn in den menschenfeindlichen Wohnmaschinen lautstark schreit, während er seine Frau verprügelt. Sabine steht auf, geht mit versteinertem Gesicht nach draußen, trifft auf den Nachbarn und schießt ihn nieder. Die Erleichterung ist ihr anzusehen. Und so beginnt sie, sich von den „Arschlöchern“ in ihrem Leben zu befreien. Bukow und König haben Mühe, sie aufzuspüren. Am Ende pflastern vier Leichen ihren Weg, bevor sie in der Bankfiliale gestoppt wird. Mit Brennspiritus übergossen steht sie Bukow und König gegenüber – mit der Waffe in der einen und einem bereits brennenden Feuerzeug in der anderen Hand. Erst schießt sie Bukow nieder, dann tötet sie sich selbst. Feuer lodert auf. König zerrt Bukow ins Freie.

Mehr Sozialdrama denn Krimi verstand der Polizeiruf es doch, den Zuschauer zu fesseln. Nicht die Taten standen im Vordergrund, sondern die Personen. Die verzweifelte Sabine, der aussichtslose Kampf der Gewerkschafter und der Werft-Belegschaft gegen die gierige Geschäftsführung, der die Rendite nicht hoch genug ist. Die Nachbarin des ersten Mordopfers, die trotz der Prügel, die sie tagtäglich von ihrem Mann bezog, ihn dennoch liebt. Röder, der mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen hat. Bukow, dem der Abschied von seinem Vater weit schwerer fällt als er wohl selbst erwartet hätte und die völlig verunsicherte Katrin König, die sich zu Bukow hingezogen fühlt und dennoch lieber das Weite gesucht hätte. Man darf gespannt sein, wie sich das Verhältnis der beiden weiterentwickelt und welche Rolle Bukows Halbschwester Melly Böwe (Lina Beckmann) künftig in Bukows Leben spielen wird. Bei so viel spannenden Nebengeschichten, subtilem Gefühl und den stimmungsvollen Aufnahmen am Strand waren die durchaus vorhandenen Längen gut auszuhalten. /sis

Sabine Brenner (Luise Heyer) ist am Ende: Als Bukow und König sie stellen, kommt es zur Katastrophe. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Schon im letzten Polizeiruf mit dem Titel “Der Tag wird kommen” kommen sich Bukow und König näher.

ARD/NDR Polizeiruf “Der Tag wird kommen”: Sascha Bukows (Charly Hübner) Vater ist tot. Katrin König (Anneke Kim Sarnau) tröstet ihn. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Was wird aus König und Bukow?

Was wird aus König und Bukow?
Kritik zum Polizeiruf 110 „Söhne Rostocks“
ARD/NDR Polizeiruf 110 “Söhne Rostocks”: Anton Pöschel (Andreas Guenther), Alexander Bukow (Charly Hübner), Volker Thiesler (Josef Heynert), Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Henning Röder (Uwe Preuss) erörtern die bisherigen Ermittlungsergebnisse. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Alexander genannt „Sascha“ Bukow (Charly Hübner) und seine Kollegin vom LKA Katrin König (Anneke Kim Sarnau) jagen im neuesten Polizeiruf aus Rostock einen aufstrebenden Jungunternehmer, der sich nach dem Mord an seinem Freund Frank Fischer auf der Flucht befindet. Was dahintersteckt, bleibt bis zum Schluss geheim und schickt das Ermittlerduo quer durchs schöne Rostock, nicht etwa weil sie in Michael Norden (Tilman Strauß) den Mörder vermuten, sehr wohl aber weil er bei den schon bald zwei Morden seine Finger im Spiel zu haben scheint. Letztlich geht es um Betrug unter Freunden, der mit viel Aggressivität gerächt wird.

Eine interessante Story aus der Feder von Drehbuchautor Markus Busch, geschickt umgesetzt von Christian von Castelberg, der Regie führte. Der Titel ist Programm und so stellt der Film Söhne Rostocks vor, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten – auch wenn sie ebenso gut aus jeder anderen Stadt Deutschlands hätten kommen können. Da ist Jungunternehmer Michael Norden, der sich von seiner Familie losgesagt hat, dessen Sohn Jon Hövermann (Oskar Belton), den er erst überhaupt nicht gebrauchen kann, sich am Ende aber doch – etwas zu schnell – zu ihm bekennt. Und da ist Bukow, der wahre Sohn Rostocks, der entgegen seiner sonst so ruppigen Art diesmal recht gefühlvoll agiert – und natürlich seine kleine aber feine Liebelei mit Kollegin König weiterspinnt. Gut, dass es die Macher bei dezenten Anspielungen belassen und die beiden nicht in eine wirklich Affäre schreiben. Das würde dem Polizeiruf aus Rostock viel von seiner prickelnden Spannung rauben. Leider scheint Bukow und König aber ihre unrühmliche Vergangenheit einzuholen und man darf gespannt sein, wie diese Geschichte dann weitergeht. Stellt sich König ihrer Schuld, ist das definitiv das Aus für die beiden beliebten Ermittler, was man nicht wirklich wollen kann! Man darf also gespannt sein. /sis

Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) machen auf der Suche nach Michael Norden einen grausigen Fund (Stefan Becker) (Foto: NDR/Christine Schroeder).

Endlich wieder ein gelungener Krimiabend

Endlich wieder ein gelungener Krimiabend
Kritik zum Polizeiruf 110 aus Rostock „Dunkler Zwilling“
ARD/NDR Polizeiruf 110 “Dunkler Zwilling”: Die Kommissare König (Anneke Kim Sarnau) und Bukow (Charly Hübner) suchen einen Serienmörder. Sie gehen jeder Spur nach. (Foto: NDR/Christine Schroeder)
Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) schauen sich einen Tatort an. (Foto: NDR/Christine Schroeder)

Das war endlich wieder einmal ein gelungener Krimiabend in der ARD. Die Polizeiruf 110-Folge mit dem Titel „Dunkler Zwilling“ war tatsächlich ein klassischer Krimi mit viel Spannung und Dynamik, so wie man sich das als echter Krimifreund wünscht. Die Rostocker Kommissare Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) zogen die Zuschauer aber nicht nur mit ihrem außergewöhnlichen Fall einer Mordserie in ihren Bann, sondern auch mit der unausgesprochenen Anziehungskraft, die zwischen den beiden herrscht. Bleibt zu hoffen, dass die Macher des Rostocker Polizeirufs diese Kraft nicht durch eine billige Romanze zerstören. Denn es ist gerade die offensichtliche Zuneigung, die das Duo so interessant macht. Ständig steht die Frage im Raum, was denn wohl als nächstes passiert, wenn die beiden sich begegnen. Drehbuchautor und Regisseur Damir Lukacevic hat in der Folge „Dunkler Zwilling“ geschickt mit dieser Anziehungskraft gespielt, etwa wenn er Bukow klar zum Ausdruck bringen lässt, dass er König nicht mehr trauen kann, er ihr aber dennoch bei jeder Gelegenheit seine starke Schulter zum Anlehnen bietet oder ihre Nähe sucht. Zu dunkel ist aber die gemeinsame Vergangenheit.

Recht dunkel war auch die Vergangenheit eines der beiden Verdächtigen. Sechs Morde soll der Unternehmer Kern (Simon Schwarz) begangenen haben, sechs grausige Morde verbunden mit kranken Ritualen. Geschickt führte er Bukow und König an der Nase herum, die sich auf Kerns Tochter Marla (Emilia Nöth) konzentrierten und ihr eine Mitschuld einräumten, sollte sie tatsächlich ihren Vater decken. Neben der spannenden Geschichte um die Morde und deren Aufklärung war es genau der Aspekt der Mitschuld, den dieser Polizeiruf geschickt in den Mittelpunkt rückte. Was heißt es wirklich für eine Familie, wenn der Vater sich als Monster entpuppt, wie trifft es das persönliche Umfeld und den Alltag? Das alles wurde in diesem Polizeiruf thematisiert und großartig in Szene gesetzt.  

Und doch gibt es auch kleinere Kritikpunkte. So war das Motiv für den Serienmörder etwas dürftig. Auch wurde nicht hinreichend geklärt, was es mit den grausigen Ritualen auf sich hatte. Und auch Katrin Königs anfängliche Wortfindungsstörungen erfuhren am Ende leider keine plausible Aufklärung. Das sind aber vergleichsweise unbedeutende Mängel angesichts der außergewöhnlichen Geschichte, die den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute in Atem hielt und der durchweg großartigen Leistung der Schauspieler, allen voran Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner. /sis

Zwischen Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) knistert es gewaltig. (Foto: NDR/Christine Schroeder)
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