Giuseppe Verdi: Ein Jetset-Leben

Giuseppe Verdi: Ein Jetset-Leben
Giuseppe Verdi (1813 – 1901)

Wie die meisten großen Künstler war Giuseppe Verdi am Ende seines Lebens wirklich reich. Er besaß Ländereien, betrieb Ackerbau und Viehzucht im großen Stil, lebte im Frühjahr und Sommer in seiner Villa Sant’Agata in der Nähe von Busseto und verbrachte die Winter in Genua und Mailand. Ein Jetset-Leben würde man heute sagen. Aber dafür musste Verdi hart arbeiten. Am Ende seines Lebens hatte er neben geistlicher Musik, Kammermusik und Kantaten 32 Opern komponiert, darunter die weltberühmten Opern “Nabucco”, “Rigoletto” und “Aida”. Für Verdi stand stets die Bühnenwirksamkeit seiner Werke im Mittelpunkt. Er hatte eine Vorliebe für Shakespeare und kämpfte mit der von Kritikern erdachten Konkurrenz zu Richard Wagner.

Giuseppe Verdi lernte früh, welche Bedeutung Geld hat und strebte deshalb von Anfang an nach finanzieller Unabhängigkeit. Dabei begann seine Karriere alles andere als erfolgversprechend. Verdi wurde am 10. Oktober 1813 in Le Roncole in der Provinz Parma, damals zum französischen Kaiserreich gehörend, geboren. Der Vater, Carlo Verdi, war Gastwirt und Lebensmittelhändler, die Mutter, Luigia Uttino, stand in der Gaststube, wenn der Vater zum Einkauf von Waren unterwegs war. Zwei Jahre später kam seine Schwester Giuseppa zur Welt. Als Verdi vier Jahre alt war, lernte er beim Dorflehrer lesen und schreiben und bekam später seinen ersten Orgelunterricht, denn es war die Musik, die den eher schüchternen kleinen Jungen begeisterte. Damit war klar, Verdi sollte später Organist werden. Verdis Vater kaufte dem damals erst Siebenjährigen ein gebrauchtes Spinett, das Giuseppe bis an sein Lebensende in Ehren hielt. Obwohl Verdi also in relativem Wohlstand aufwuchs, dachte er später an seine Kindheit stets in Verbindung mit Armut zurück, doch war es eher die Abhängigkeit von anderen, die Verdi geprägt haben musste. Mit zehn Jahren wechselte er aufs Gymnasium nach Busseto, mit zwölf erhielt er beim Kapellmeister und Komponist Ferdinando Provesi Harmonielehre und Kompositionsunterricht. Von da an komponierte Verdi selbst und konnte mit dem Orchester der Philharmonischen Gesellschaft von Busseto seine Kompositionen auch gleich ausprobieren und aufführen. Proben und Konzerte fanden im Haus des Präsidenten der Gesellschaft statt, dem Kaufmann Antonio Barezzi, der Verdi 1831 bei sich aufnahm. Die beiden verband eine tiefe Freundschaft, die 38 Jahre hielt.

Provesi aber drängte Verdi zum Studium am Mailänder Konservatorium, doch Verdi bestand die Aufnahmeprüfung nicht, eine Niederlage, die er nie verwunden hat. Noch im Alter von 84 Jahren empörte er sich über das Konservatorium, sprach von einem „Anschlag auf seine Existenz“. Dennoch blieb Verdi in Mailand, nahm Unterricht bei einem Lehrer des Konservatoriums und lebte bei einem Bekannten Barezzis, der sich allerdings in Briefen fortgesetzt über Verdi beklagte. Verdi zog deshalb in ein anderes Zimmer in der Nähe der Scala, in der er als Zwanzigjähriger auch gleich einen ersten Erfolg feierte. Bei einer Probe von Haydns „Schöpfung“ vertrat er den erkrankten Cembalisten mit so viel Hingabe, dass man ihm gleich die Aufführung des Oratoriums übertrug. Obwohl Mailand mit seinen Konzerten und Maskenfesten den jungen Verdi sehr beeindruckte, kehrte er 1833 nach Busseto zurück, um dort die frei gewordene Stelle des Organisten und Kapellmeisters anzutreten, die aber der Bischof unter der Hand bereits anderweitig vergeben hatte. Verdi blieb in Busseto, arbeitete wieder mit den Philharmonikern zusammen und bekam 1836 schließlich die Stelle des städtischen Musikdirektors. Im selben Jahr heiratete er Barezzis Tochter Margherita, 1837 kam Tochter Virginia und ein Jahr später Sohn Icilio Romano zur Welt. Virginia starb 1838. Zu der Zeit unternahm Verdi allerlei Versuche, seine erste Oper zur Aufführung zu bringen. Da er in Busseto damit nicht weiterkam, zog er mit seiner Familie nach Mailand. Die Premiere 1839 war nicht gerade ein Triumpf, brachte ihm aber einen Auftrag für drei weitere Opern ein. Doch dann starb auch noch sein Sohn und 1840 seine Frau Margherita. Völlig verzweifelt kehrte Verdi nach Busseto zurück und vergrub sich lange Zeit im Hause seines Schwiegervaters. Mailand aber entließ ihn nicht aus dem Vertrag und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die angefangene Oper zu Ende zu komponieren. Die Premiere wurde ein Fiasko.

Durch Zufall fiel Verdi das Textbuch zu „Nabucco“ in die Hände. In den Versen fand er die polititschen Erfahrungen und Träume seines eigenen Volkes wieder, die ihn zu seiner weltberühmten Musik inspirierten. Mit der Premiere 1842 avancierte Verdi zum Star der Mailänder Oper. Schon 1844 konnte er ein Anwesen in Villanova sull’Arda, drei Kilometer nordwestlich von Busseto, mit Wiesen und Weingärten erwerben und ein Jahr später kaufte er sich den Palazzo Cavalli in Busseto. Denn endlich konnte Verdi seine Verträge selbst aushandeln und auch die Höhe seiner Honorare selbst bestimmen. Bis 1850 schrieb er zwölf weitere Opern. Die Arbeitsbelastung empfand er als enorm, zudem litt er unter Magenbeschwerden, Bronchitis und Rheuma. Dazu kam die Zensur des Staates über die Theater, vieles war verboten und mancher Schriftsteller, wie beispielsweise Victor Hugo, per se verdächtig. 1849 besuchte die Sängerin Giuseppe Strepponi Verdi in seiner Villa in Busseto, damals ein Skandal. 1851 zogen die beiden in das zur Villa Sant’Agata aufwendig umgebaute Gutshaus in Villanova sull’Arda. Verdi eignete sich Kenntnisse in Acker- und Weinbau an und kannte sich bald auch in der Rinder- und Pferdezucht bestens aus. Er entwickelte eine Leidenschaft für das Landleben, die ihn bis ans Lebensende begleitete. 1859 schließlich heiratete er Giuseppa Strepponi. 1860 musste er nach vier Jahren des Müßiggangs einen Auftrag aus St. Petersburg annehmen, er brauchte Geld, die Zukäufe von Land und der Umbau des Hauses hatten Unsummen verschlungen. 1864 war die Villa Sant’Agata aber zu einem Paradies geworden, großbürgerlich eingerichtet, mit Skulpturen und Bildern, die Verdi und seine Frau von ihren Reisen mitgebracht hatten, auch seltene Pflanzen waren dabei.

Frühjahr und Spätsommer verbrachte das Paar in Sant’Agata, wo Verdi rund 200 Land- und Bauarbeiter beschäftigte. Sie luden sich Gäste ein, die Verdi gelegentlich sogar selbst bekochte, sie spielten gerne Karten oder Billard. Im Hochsommer ging es zur Kur nach Tabiano, einmal im Jahr nach Mailand und recht häufig nach Paris. Nach einem Schwächeanfall 1886 konzentrierte sich Verdi ganz auf die Landwirtschaft, baute eine Meierei, um den Bewohnern der Umgebung Arbeit zu verschaffen und ließ sogar ein Krankenhaus erbauen. Doch ohne zu komponieren konnte Verdi auf Dauer nicht leben. So entstand “Otello”. Am Tag der Uraufführung 1887 waren schon zur Mittagszeit alle Straßen in Mailand verstopft und die Viva-Verdi-Rufe wollten kein Ende nehmen.

Im Mai 1889 begann er mit den Arbeiten zu seiner letzten Oper “Falstaff”. Nur war Verdi inzwischen von dem Gedanken besessen, die Arbeit nicht mehr beenden zu können. Tatsächlich erlitt er 1897 einen Schlaganfall und im November des gleichen Jahres starb seine zweite Ehefrau Giuseppa. Verdi schrieb sein Testament, in dem er viele soziale Einrichtungen bedachte. Am 21. Januar 1901 folgte der zweite Schlaganfall, am 27. Januar starb Verdi. Am 26. Februar 1901 wurden beide Särge in die Kapelle der Casa di Riposo, einem Altenheim für Sänger und Musiker, das Verdi gestiftet hatte, überführt. Über 300.000 Menschen reihten sich in den Trauerzug ein, um Abschied zu nehmen von dem Komponisten, der über 50 Jahre lang die Openwelt dominierte und noch heute begeisterte Anhänger hat. /sis

Bühnenbild zu “Rigoletto” (Foto: Bregenzer Festspiele)

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